Ostern im Zug
Da bin ich mal wieder.
Da bin ich mal wieder.
Allenstein
Am Donnerstag bin ich über acht Stunden von Stettin nach Allenstein gefahren, um dort Anja zu besuchen. Abends bin ich angekommen, nach einer tollen Zugfahrt mit sich prügelnden Jugendlichen und Schaffnern, die sich auf dem Klo heimlich eine rauchen und es mir erzählen. Anja holte mich ab und abends ging’s zu einem kleinen Stadtrundgang, bei dem wir erst mal von einer Gruppe multilingualer Punker angesprochen wurden. Sie wollten Geld haben, um sich Bier zu kaufen. Aber wir waren geizig. Dann hat Anja erst mal spontan eine Messe gestört, als sie mir eine Kirche von innen zeigen wollte. Ihr könnt euch denken, dass wir nur am Lachen waren!
Am Freitag sind wir dann zur Wolfsschanze gefahren, die sich mitten im Nichts befindet. Wir stiegen mitten in einem Wald aus und bekamen dann (eigentlich ungewollt) eine Führung. Unser "Führer" ;-), ich finde diesen Ausdruck jetzt total passend, zwang uns in Ruinen rumzuklettern, an denen Schilder mit der Aufschrift "Achtung. Nicht betreten! Lebensgefahr" stehen. Und nicht nur das. Während des Kletterns, erzählte er uns immer sehr beruhigende Stories von Leuten die sich "genau hier" mal das Steißbein gebrochen, ein Auge ausgestochen oder einen Meter in die Tiefe gestürzt sind. Das war ja wieder mal was für mich!
Unverletzt überlebten wir und flohen zurück ins sichere Allenstein. Aber schon am nächsten Tag hieß es wieder: "Ich wohne in der PKP!", denn wir fuhren sieben einhalb Stunden nach Breslau. Kurz vor Breslau gab es noch einen Giftgasanschlag, vermutlich von den Feldern, auf unser Abteil. Ja, lecker!
Breslau
Die Stadt begrüßte uns mit Gegröle von Fußballfans und Spezialeinheiten der Polizei und die ersten Leute, die wir sahen, waren Briten. Da keine Freiwilligen zu der Zeit in der Stadt waren, mussten wir in ein Hostel gehen. Im Internet hatten wir uns zuvor eins rausgesucht für 55 Zloty die Nacht, dass mit "24 Stunden heiß Wasser" protzte. Okay, das Ding war übel! Im Zimmer stand die Luft, das Fenster konnte man nicht aufmachen, alles war total eingestaubt, ich hatte Haare auf meinem Bettlaken, Anjas Bett krachte zusammen als sie sich draufsetzte, kein Klopapier und so weiter. In der Nacht sind wir zweimal mit Herzinfarkt aufgewacht, weil irgendwelche Typen meinten, um die Wette schreien zu müssen. Unser Glück war, dass das Hostel uns nur für eine Nacht beherbergen konnte.
Am Sonntagmorgen machten wir uns also ohne Frühstück auf, ein neues Hostel zu finden. Wir fanden eins, zu dem wir mit einem sehr seltsamen Fahrstuhl, in der jeder normale Deutsche vermutlich gestorben wäre, von einem stark schnaubenden Sicherheitstypen hingebracht wurden. Wir kauften uns Betten in einem 6-Bettzimmer, mit der Gefahr, dass andere dasselbe taten. Für nur fünf Zloty mehr hatten wir viel mehr Service! Alles war sauber, die Fenster konnte man öffnen, sauberes Bad (auch mit heiß Wasser rund um die Uhr). Frühstück, Nutzung der Küche rund um die Uhr... Alles neu und topmodern. Das krasse Gegenteil von dem Hostel davor. Und kein anderer kam mehr.
Wir sahen uns die Stadt an, die auch echt schön und sehenswert ist (besonders der Marktplatz, wie immer in Polen), aber leider hatte alles zu, weil ja Ostern war. Wir gingen in eine Messe, mehr oder weniger, weil wir nicht wussten, was wir tun sollten, und diese war sogar stellenweise auf Deutsch. Man konnte fast vergessen, dass man in Polen war!
Am Montag hieß es dann zum Bahnhof gehen. Mal wieder. Aber diesmal war es eher sich durchschlagen, denn in Polen ist es Ostermontag Tradition, dass die Männer die Frauen mit Wasser begießen und mit Ästen schlagen, was dann natürlich auch von Hooligans ausgenutzt wird. Und schon vom Fenster aus hatte Anja einen Haufen Typen gesehen, die alle mit einem Eimer Wasser bewaffnet waren. Wir also unsere Regenjacken angezogen, unsere Rucksäcke aufgesattelt und über viele Umwege (weil wir männliche Wesen gesehen haben) zum Hauptbahnhof gegangen. Dort war ein riesiges Aufgebot von Sicherheitsleuten, Soldaten, etc.
Dann bin ich noch mal über fünf Stunden nach Stettin gefahren. Jetzt bin ich schon im Zug mehr zuhause, als in unserer Wohnung!