Nur der Anfang - die letzten Tage
Bei Jule_in_Lettland ist einiges los: Sie war auf einem On-arrival-Seminar, hat einen Ausflug nach Stockholm gemacht und steckt tief in den Vorbereitungen ihrer "Halloween- und Bad-Taste-Party".
Ok, da bin ich endlich auch mal wieder!
(nach zahlreichen Beschwerden eurerseits:
"Ich guck fast täglich auf deinen Blog und?Niiiix,
dein letzter Eintrag war am 10.10...blablabla;)).
Seid doch froh, wenn jemand nicht viel von sich hören lässt, dann geht es ihm gut.
Es tut mir leid, aber ich hatte erstens mein on-arrival Seminar, ich war zweitens in Stockholm und drittens stecke ich gerade in den Vorbereitungen für meine Halloween -und Bad -Taste -Party am Samstag, zu der sich erschreckend viele Leute angemeldet haben und für die ich meine Wohnung nach zweiwöchiger Abwesenheit erstmal wieder auf Vordermann bringen muss.
So generell geht es mir wirklich gut, es gibt immer was zu tun, vom Wischen übers Einkaufen zum Mailbeantworten, Lettischlernen*hüstel*( naja, ich nehme es mir vor...)und und und.
Leider hat mich eine kleinere Erkältung niedergehauen, sodass ich Dienstag und Mittwoch in meiner *tollen*Wohnung verbringen durfte.
Aber nach den ereignisreichen letzten Wochen kann ich das verschmerzen.
Und ich habe die Zeit genutzt sie wieder etwas zu verschönern, so langsam fühl ich mich sogar fast wohl und traue mich sogar manchmal barfuß zu laufen... mutig,mutig!
Auch mit der Einsamkeit geht es, ich skype ja viel,
nur sich von Gesicht zu Gesicht zu unterhalten ist halt doch etwas anderes.
Nach einem Tag, fast ohne eine reelle Form der Kommunikation überkommt mich dann schon manchmal eine kleine, allgemeine Lustlosigkeit und Depression, wenn ich zu Hause bin.
Dann fehlt es mir, mit jemanden zu kochen oder einfach nur sinnlos rum zu quatschen...Immer alles allein zu machen, ist ermüdend und anstrengend, niemand ist da, der einen wenigstens ein wenig unter die Arme greift.
Gestern hatte ich ganz überraschend Besuch von Vita, die ich schon für mich abgeschrieben hatte.
Sie hat mich Nachts angerufen, da sie Probleme mit ihren Eltern hatte und wahrscheinlich auch noch hat.
Das war ein merkwürdiges und zugegeben auch schönes Gefühl, von jemanden gebraucht zu werden, weit entfernt von der Heimat, in Lettland!!!!!!
Wir hatten einen schönen Abend, ich hab ihr Bilder gezeigt von Stockholm, wir haben Tee getrunken , sie hat mir ihr Herz ausgeschüttet und ich habe meinen Senf dazu gegeben.
Ich hatte nicht mehr mit ihr gerechnet, da sie immer sagte: "ich ruf dich an"! Und es dann doch nicht gemacht hatte. Aber naja, über sowas musss man hinwegsehen und man darf auch die Leute hier nicht mit seinen Freunden zu Hause vergleichen, sonst kommt man nie weiter in einem fremden Land, wenn man immer alles vergleicht, abwägt, abschätzt, so wie ich es am Anfang immer gemacht habe und mich auch immer noch dabei ertappe.
Ich bin heute etwas verspätet zum Jugendzentrum gekommen.
Und siehe da:TADA, mein kalter, einsamer Arbeitsplatz im Nebenzimmer hat sich in einen großen Schreibtisch im warmen Büro von drei weiteren Angestellten verwandelt, mit Musik, telefonierenden und hin und her hetzenden Menschen den ganzen Tag:HERRLICH.
Hier fühlt man sich auch wichtig, ohne es wirklich richtig zu sein. Hier bleibe ich...
Auch sehr lustig war der letzte Montag:
Ich war krank, es waren ungefähr minus fünf Grad und ich war noch total übermuedet nach meiner Ankunft am Sonntag aus Stockholm, da wir die letzte Nacht von Samstag auf Sonntag durchgemacht haben.
Aber trotzdem habe ich es mir nicht nehmen lassen (um ehrlich zu sein, wusste ich einfach nicht um welche Art Wettbewerb es ging) , mit den Mitglieder des 13ten Montags zu einem Outdoor-Wettbewerb zu fahren, bei dem man an Gedenken der lettischen, selbterkämpften Freiheit durch den Wald rennen durfte, wie beim ersten Weltkrieg und verschiedene Aufgaben erfüllen musste.
Ich kam am Montag um neun in der Früh an und dachte ich schau nicht recht:
Überall Soldaten und ein aufgebautes Feldlager.
Angefangen hat unser Tag mit einer Portion Maschieren-Üben, ich wusste nicht so ganz, was ich von der ganzen Aktion halten sollte, denn ich würde mich selbst eher als Pazifist und nicht als disziplingeilen Militarist beschreiben, aber um der Völkerfreundschaft willen habe ich artig gehorcht und immer Kehrtwenden gemacht, wenn es die anderen etwa achtzig Jugendlichen auch gemacht haben.
Dann ging es für mich ans Lernen, wie man Feuer macht.
Ich habe es wirklich geschafft, ein kleines Häufchen Holz anzufackeln, nur weil ich zwei Steine wie blöde aneinander gerieben habe...Das war irgendie ein sehr befriedigendes Gefühl, PAH, ich brauch sowas wie Elektrizität nicht, ich zieh nun in den Wald mit meinen zwei Steinen.
Leider ging es mir wirklich nicht sehr gut, aber der ganze Tag war trotzdem schoen mit den Leuten aus meinem Klub, jeder hat mich gefragt, wie es mir geht und mich ganz mitleidig angestarrt.
Das Witzigste war natürlich, dass die Letten bekannterweise während des Ersten Weltkrieges auch gegen die Deutschen gekämpft haben und als Krönung am Ende des Spieles ging es dann darum die verfeindeten Soldaten sprich die Deutschen zu jagen.
*Cool, catching Germans, I like that game* konnte ich mir nicht verkneifen,
Als dann die Deutschgen erfolgreich von allen jugendlichen Wettbewerbsteilnehmern erwischt wurden(mich haben sie verschont) hat mich der Organisator als ersten internationalen Wettbewerbsteilnehmer gelobt... Schon alles etwas strange...
Aber gestern ist Vita aufgefallen, (und ich muss ihr zustimmen) dass Letten und Deutsche vor nicht mal neunzig Jahren gegeneinander gekämpft haben und jetzt versuche ich mir hier in Lettland für kurze Zeit irgendwie ein Leben aufzubauen, schon cool, irgendwie...
Also Bericht über Ausreiseseminar, Stockholm und mein geniales Wochenende in Riga vor drei Wochen folgt bestimmt auch irgenwann noch, jetzt muss ich erstmal meine abwechselnden Panik- und Glücksattacken in angesicht meiner Party übermorgen ausleben...
Sorry für die wenigen Fotos, aber die meisten sind zu groß und können nicht hochgeladen werden.
Heij da(schwedisch, Stockholm hat geprägt),
Eure Jule
Und dankedankedanke für alle euren netten Mails, Briefe, Karten und Telefonate.
Ohne dem Gefühl, dass es viele Leute gibt, die an mich denken und vor denen ich mich nicht noch behaupten muss, wäre es um einiges schwieriger hier!
Aber eigentlich ist es gar nicht schwer-wirklich nicht, manchmal habe ich nur das Gefühl schon so extrem in einen Alltag gefangen zu sein, den ich mir garnicht ausgesucht habe.
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