Neues aus Litauen
Faktura - das ist das Problem, das es für DoroL in Litauen zu bewältigen ist. Aber wie es doch so oft ist: Mit der Zeit wird doch alles irgendwie einfacher.
Labas vakaras!
Hier bin ich schon wieder, mit neuen Geschichten und Erlebnissen. Mittlerweile ist die dritte Woche hier in vollem Gange und es ist Oktober. Und das heißt: TASCHENGELD! Gestern bin ich also mit Babette und Marianne ins Winzbüro von Egle getigert, um endlich reich zu werden. Hab dafür mittags frei bekommen, ich musste also nicht kochen. Jedenfalls bin ich jetzt unglaublich wohlhabend, allerdings muss ich dafür das meiste Geld für Essen ausgeben.
Das wäre ja nicht so traurig, wenn Essen nicht grade das Billigste hier in Litauen wäre und ich aber mein ganzes Essensgeld ausgeben muss, um im nächsten Monat was zu kriegen. Und frische Sachen vom Markt kann ich nicht kaufen, denn da gibt es ein Problem. Dieses Problem lässt sich in zwei Worte fassen: saskaita faktura. Bis jetzt wusste ich noch nicht, wie viel Abneigung man zwei an sich so harmlosen Worten entgegenbringen kann.
Wahrscheinlich ist an dieser Stelle ein kleiner Exkurs angebracht, ich kann mich nicht mehr erinnern, ob ich beim letzten Eintrag schon etwas darüber erzählt habe (und selbst wenn, dieses Thema kann man nicht oft genug behandeln ;-)). Jedenfalls, die Freiwilligen in unserer Organisation brauchen Saskaita Faktura, eine Art Quittung zusätzlich zum Kassenbon, für jeden Einkauf. Ich gehe also in einen Laden und kaufe ein. Essen. Nichts anderes. Sonst gibts keine Faktura. Sonst auch nicht unbedingt, aber nun ja. Gut, ich habe jetzt lecker Essen eingekauft, natürlich nur das Teuerste, damit ich mein Geld loswerde, bezahle an der Kasse und sage (leicht fragend und mit Hundeblick, ganz wichtig!) Saskaita Faktura, prašom.
Schlimmster Fall: Ich ernte einen absolut verständnislosen Blick, niemand versteht mich und ich muss ohne diese bescheuerte Faktura den Laden verlassen. Zweitschlimmster Fall: Ich werde von einem zum anderen geschickt, am Ende stellt sich heraus, dass man mir die Faktura nur per Mail zuschicken kann oder per Post, das geht ja grade noch. Bester Fall: Man versteht mich (beinahe) sofort und ich muss nur ca. zehn bis fünfzehn Minuten warten und halte dann endlich meine Faktura als echte Trophäe in den Händen... Also, wenn schon Bürokratie, dann doch bitte organisierte, ja.
Ich warte übrigens noch auf eine Faktura für Busfahrkarten, die hab ich an einem kleinen Büdchen gekauft und kann mir die Faktura angeblich am 5. Oktober abholen... Wir werden sehn.
Im Projekt ist alles soweit in Ordnung, heute haben wir Pilzsuppe (ich gebs zu, aus der Tüte, aber es musste nun mal schnell gehn), Nudeln, Würstchen und Salat gemacht, es war wirklich lecker! Danach war Sport angesagt, draußen! Und dann ist ausgerechnet heute der erste Regentag seit meiner Ankunft. Aber wir haben uns tapfer geschlagen.
Mittlerweile habe ich mir einen Miniwortschatz angeeignet, mit dem ich mich einigermaßen verständigen kann und möglicherweise fängt schon nächste Woche unser Sprachkurs an, das wäre wirklich hervorragend. Gestern hab ich mich auf der Heimfahrt im Bus mit einem alten Mann unterhalten, der Eier gekauft hatte und außerdem einen Sack Zement oder Backsteine dabei hatte, es war wirklich ein nettes Erlebnis. Ich hab ihm erklärt, dass ich aus Deutschland komme und nicht so viel verstehe. Er wollte mir sogar ein Bonbon geben, aber ich darf ja nix von fremden Männern nehmen und zum Glück hatte ich grad selbst eins im Mund, denn wie hätte ich DAS erklären sollen. :)
Das Wochenende war super, die ganze Zeit schönes Wetter und am Sonntag sind wir Freiwilligen mit dem Bus nach Trakai gefahren, ein kleines Städtchen 30 km von Vilnius entfernt. Es gibt da eine Wasserburg, mehrere Seen und die Karaeer, eine alte jüdische Sekte, die sehr hübsche kleine Holzhäuser bauen kann. Der Tag war wunderschön, wir haben die Burg besichtigt und uns dann an den See gesetzt und die Sonne genossen... herrlich. Dieses Wochenende wollen wir mit vier Leuten nach Tallinn fahren, ich bin schon sehr gespannt.
So, das wäre es erst einmal wieder von mir, ich muss heute Abend wieder hier ins Projekt zu einer Info-Veranstaltung für die Freiwilligen, die hier im Moment arbeiten, und vorher wollte ich noch mal schnell nach Hause fahren und ein bisschen was essen. Also, ata und bis zum nächsten Mal!