Mittelalterliche Schönheit in Dunstwolken
Krakau hat seit Jahren eine Luftverschmutzung, die regelmäßig alle Grenzwerte übersteigt. Doch selten war die Lage so sichtbar dramatisch wie in diesen Tagen. Wie kommt es dazu? Tief Luftholen ;-), hier sind die Fakten:
Krakau ist nicht nur eine beliebte Reisedestination, sondern auch ein aufstrebendes Dienstleistungszentrum. Doch in der Umweltpolitik bewegt sich die Stadt wie ganz Polen in bedenklich kleinen Schritten voran.
Deshalb entspricht ein Jahr Leben in der ehemaligen Kulturhauptstadt einem Konsum von 2500 Zigaretten pro Jahr. Krakau ist innerhalb der EU die Stadt mit der dritthöchsten Luftverschmutzung!
Am Fuße der Hohen Tatra liegt die alte Königsstadt geschützt in einem Tal – leider auch geschützt von jedem frischen Lüftchen. Kein Wind bläst die Mischung aus Auto- und Fabrikabgasen weg. Alte Fotos aus der kommunistischen Zeit zeigen den Himmel über den Stahlwerken in Nowa Huta in fast schwarzer Färbung. Der Niedergang der Stahlindustrie ist also nicht nur mit Nachteilen verbunden. Ein weiteres Problem sind jedoch die veralteten Heizungsanlagen: Haushalte verbrennen hier nicht nur Kohle, sondern manchmal auch Müll – auch wenn letzteres natürlich schon längst verboten wurde. In diesen Tagen trifft eine ungünstige Witterungslage mit dem Beginn der Heizsaison zusammen. Die vergangenen Woche lag die Stadt im strahlenden Sonnenschein, jetzt ist die Altstadt unter einer nebligen Dunstwolke verschwunden.
Feinstaub setzt sich aus sehr vielen Schmutzpartikeln zusammen. Insbesondere besorgniserregend sind jedoch die lokalen Werte für PM 2.5. und PM 10. Partikel der Größe PM 2.5 entstehen vor allem durch Verkehr und dem Verbrennen von Holz oder Metallverbindungen. PM 10 entweicht insbesondere durch Fabrikschornsteine in die Luft. Krakaus jährliche Durchschnittswerte liegen weit über Empfehlungen jeglicher internationaler Organisationen.
Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO wird Luftverschmutzung mit Erkrankungen wie Asthma bis hin zu Lungenkrebs in Verbindung gebracht. Die EU hat gewisse Grenzwerte vorgeschrieben und Mitgliedsstaaten müssen für das Überschreiten Strafen zahlen. Der Smog in Krakau ist also sowohl ein gesundheitliches wie auch ein finanzielles Problem.
Seit 2012 setzt sich die NGO Krakowski Alarm Smogowy nicht nur für Aufklärungskampagnen ein, sondern betreibt auch zielgerichtete Lobbyarbeit. Auf ihrer Website zeigen Messstationen die aktuellen Werte in unterschiedlichen Stadtteilen, die einem im wahrsten Sinne des Wortes den Atem rauben. Doch im Oktober hat der neue Präsident endlich ein Gesetz unterschrieben, dass es den Städten erlaubt, eigene Maßnahmen zu ergreifen. Mit dieser rechtlichen Unterstützung fordert die Umweltgruppe graduelle Reformen, die insbesondere ärmeren Haushalten helfen, auf effektivere Heizmethoden umzusteigen. Die EU Regionalfonds wurden bereits für einen Ausbau des Nahverkehrs genutzt, doch der kaum regulierte Autoverkehr im Stadtzentrum ist insbesondere für die seltenen und gefährdeten Radfahrer ein Ärgernis.
Mit einem Augenzwinkern ist übrigens das Logo von Krakowski Alarm Smogowy gewählt. Der zündelnde Drache heißt im Polnischen Smok. Und laut einer Legende hat ein kleiner Schusterjunge Krakau einst von einem bösen Drachen befreit. Hoffen wir, dass das auch bald für den bösen Smog gilt.
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