Meine Woche im Zeitraffer
Unser teurer Ausflug nach Genf; über die Erkenntnis, dass es in Frankreich doch relativ billig ist; experimentelle Sporterlebnisse; Sonnenbaden am Lac d'Annecy
Achtung: Plotholes... Aufgrund der schon etwas verstrichenen Zeit scheint es mir unmöglich alles genaustens wieder zu geben.
Samstag, 31.10.2015
Schon länger wollen M. Und ich nach Genf fahren. Warum also nicht heute? Wir haben den Camion und das Wetter ist auch einigermaßen. Darum stehen wir – obwohl heute mal keine Ferienbetreuung ansteht – auch heute früh auf und steuern um neun Uhr Genf an. Schließlich können wir die Parksituation nicht so ganz einschätzen.
Wir passieren die Grenze ohne Probleme (An dieser Stelle sollte hervorgehoben werden, was für einen merkwürdigen Eindruck wir vermutlich auf Außenstehende machen. Zwei noch beinahe Jugendliche in einem ramponierten Bus. Ich rechne eigentlich fest damit, dass wir angehalten werden, weshalb ich mich vorsichtshalber auf die Suche nach den (leider nicht vorhandenen...) Fahrzeugpapieren mache.), stehen in Genf selbst dann aber vor dem nächsten Problem: dem Parken. Viele der Parkhäuser sind bereits voll. Als wir dann eins finden, in dem noch Plätze frei sind, hält M. ruckartig an. Irritiert blicke ich ihn an. Und dann fällt mir ein, was seine Beweggründe sind: Der Camion ist zu hoch. Die ganzen Parkhäuser sind nur für Fahrzeuge mit einer Höhe von 1,9 m konzipiert. Mit dem Camion sind wir aber locker 2,1 m groß. Schade, Banane.
Darum geht die Parkplatzsuche weiter. Nach endlosem Kreisen in der Innenstadt finden wir uns schließlich auf einem Parkplatz sehr außerhalb wieder. Das Parkticket kostet „nur“ 4 Euro, ist aber leider auch nur für 90 Minuten gültig. Das bedeutet für uns, dass wir unseren kleinen Städtetrip immer mal wieder unterbrechen, aus der Stadt raus laufen, das Ticket erneuern und wieder in die Innenstadt laufen müssen. Das Ganze ist etwas lästig. Aber so bekomme ich meinen täglichen Auslauf. Nach dem ersten Mal Ticketerneuern sind wird davon aber bereits so genervt, dass wir beschließen wieder nach Frankreich zu fahren. Denn dort ist es zum Einen billiger und zum Anderen nehmen die Geschäfte unsere Währung an.
Hier sollte vielleicht auch noch einmal kurz erwähnt werden, wie es in Genf selbst so war... Teuer, das auf jeden Fall. Man kann nur mit einer gut gefüllten Geldbörse in den Boutiquen shoppen gehen. Alles ist teuer. Es beginnt bei Erdbeeren, die 8 Euro kosten und nach oben sind hier sowieso keine Grenzen gesetzt. Man merkt direkt, dass die meisten Leute Geld haben und es ihnen in den Fingern juckt dieses auch auszugeben. Da die meisten Geschäfte nicht so ganz unsere Preisklasse sind, orientieren wir uns dann doch eher in Richtung der bekannten Discounter. Dort verliebe ich mich sofort in einen Schal. Als ich an der Kasse frage, ob ich auch in Euro zahlen kann, wird mir versichert, dass das kein Problem sei. Ich würde aber Franken als Rückgeld erhalten. So kommt es, dass ich nun rund 25 Franken besitze. Ich werde sie für einen nächsten Ausflug nach Genf hüten wie ein Schatz.
Nachdem ich zu einer stolzen Schalbesitzerin geworden bin und M. Im Applestore erfahren musste, dass in Genf die MacBooks nur mit der französischen Tastatur verkauft werden, schlendern wir noch kurz über den Markt und machen uns dann auf in Richtung Auto.
Auf dem Rückweg verfahren wir uns etwas und machen einen Abstecher nach Yvoire. Dort gehen wir etwas spazieren.
Abends warte ich gespannt darauf, dass Kinder bei uns klingeln und nach Süßigkeiten fragen. Zur Erinnerung: Es ist Halloween! Zu meiner großen Enttäuschung klopft aber keiner. Den ganzen Abend sitze ich in der Küche und freue mich darauf den Kindern unsere Bonbons geben zu können, die wir bei unserem Einzug gefunden haben. Vergeblich...
Montag, 02.11.2015
Ich stehe früh auf. Schließlich habe ich einer Freundin versprochen, dass wir skypen. Morgens. Für sie heißt das vor der Uni. Viele meiner Freunde sind momentan am Studieren. Das macht es nicht unbedingt leicht einen geeigneten Zeitpunkt zu finden, um einmal "richtig" zu kommunizieren. Gefühlt sind alle entweder am Lernen, Vor-/Nachbereiten oder am Feiern. Hach, das Studentenleben muss schön sein... Umso schöner ist es aus besagtem Zeitproblem aber, dass wir zwei es in diesen frühen Morgenstunden schaffen. Nach einem kleinen Pläuschen muss sie sich dann aber leider doch auf den Weg zur Uni machen.
Erheblich später machen sich M. Und ich dann auf den Weg zur Arbeit.
Unsere Réunion, die eigentlich immer dienstags stattfindet, wird heute vorgezogen. Unsere Kollegin M. - die wir im Übrigen das letzte Mal vor unserem EFD-Seminar gesehen haben – ist noch auf unbestimmte Zeit krank geschrieben, was unsere Kollegen mal wieder erhebliche Probleme bringt. Es muss schleunigst Ersatz gefunden werden.
Außerdem erfahren M. Und ich heute, dass die TAP Gruppe, für die wir zusammen zuständig sein werden, die etwas Kleineren sind. Erleichterung macht sich breit. Denn autoritätstechnisch sollte das um einiges einfacher sein, als mit den Großen, die uns vor den Ferien etwas Probleme bereitet haben. Andererseits kann man das Projekt, das M. Und ich in mühevoller Kleinarbeit vorbereitet haben, so nicht mit den 4- bis 5-Jährigen durchführen. Heißt für uns, dass wir alles noch einmal umplanen müssen.
Das TAP selbst verläuft wirklich ganz gut. Wir spielen ein paar Kennlernspiele.
Wieder zu Hause erwartet mich ein Päckchen von meinen Großeltern. Das Auspacken zaubert mir ein Lächeln aufs Gesicht (also ein noch größeres als alleine schon die Tatsache hervorgerufen hat, dass ich ein Päckchen bekommen habe...). Denn als ich das Päckchen genüsslich auspacke, kommen dicke Socken, Shampoo und sogar Nagellack zum Vorschein. Da haben zwei liebe Menschen scheinbar sehr genau zwischen den Zeilen gelesen, wie es mir hier geht und geschlussfolgert, was ich unbedingt brauche. Zur Erklärung: Socken (es ist schließlich sehr kalt hier), Nagellack (kostet hier ein Vermögen. Ich bin noch nicht dahinter gekommen wieso das so ist.) und Shampoo (ebenfalls unglaublich teuer. Zumindest wenn man es nicht zu Lidl schafft.). Mein ganz persönliches Highlight befindet sich ganz unten im Päckchen. Es handelt sich um zwei grüne Pflanzen. Etwas in die Kakteenrichtung. Erstaunlich, dass sie es bis zu mir geschafft haben. Nun habe ich etwas Grünes in meinem Zimmer. Nachdem ich zwei Plastikflaschen in Blumentöpfe umfunktioniert habe, ist das Feng- Shui in meinem Zimmer noch mehr im Flow als vorher. Wunderbar!
Dienstag, 03.11.2015
Langsam wird hier alles etwas organisierter. Denn heute Abend machen wir in der Tat eine Teambesprechung mit den Animateuren, die Mittwochs arbeiten. Wir teilen uns in die Gruppen (in die Kleinen und die Großen) ein und planen dann mit unseren Kollegen das Programm bis Weihnachten. Zusammen mit T. Bin ich für die Großen (6 bis 11 Jahre) zuständig. Insgesamt soll das Programm ganz im Zeichen von Nachhaltigkeit, Klimawandel und Zeichnen stehen. Und unserem Chef L. Schweben auch schon einige Dinge vor, die wir mit den Kindern umsetzten sollen. Beispielsweise sollen wir die Wassersparschilder der Toiletten neu gestalten.
T. und ich haben viele Ideen. So wollen wir mit den Kindern selber Papier schöpfen, im Garten arbeiten und Abfälle recyceln.
Da die Besprechung doch ziemlich lange dauert, schaffe ich es leider nicht mehr zum Badminton.
Mittwoch, 04.11.2015
Ich sammle alleine die erste Fuhre Kinder mit dem Bus ein. Der Busfahrer ist sehr nett, wie ich feststellen muss aber nicht aus der Gegend (er kann mir nicht beantworten, um welchen Berg es sich bei dem Hügel vor uns handelt). Dafür kennt er aber den Boden- und den Chiemsee, welche dann erst einmal unser Gespräch beherrschen.
Mit den Kindern verläuft alles soweit ganz gut. Für heute haben wir uns überlegt, dass wir aus mit Zeitungspapier beklebten Ballons Wassertropfen gestalten und aus gesammelten Blättern Namensschilder machen wollen. Die Wassertropfen werden ehrlich gesagt nicht so schön. Die Kinder haben keine Lust zu malen und wollen lieber raus. Verständlich, denn das Wetter ist unglaublich schön und wer weiß wie lange das noch so bleibt.
Eigentlich war ich am überlegen, ob ich heute Abend nicht mal das Volleyballtraing ausprobieren sollte. Aber ich bin zum einen viel zu müde, zum anderen ist es schon zu spät. Darum widme ich mich der Organisation meines Straßbourg-Trips. Bei der Réunion hat sich nämlich herausgestellt, dass ich an dem Wochenende, an dem ein paar andere Freiwillige nach Straßbourg fahren wollen, doch nicht arbeiten muss. Aus diesem Grund nutze ich die Chance und beginne mit den anderen unseren Aufenthalt zu planen. Wir sind insgesamt zu viert. Ich freue mich jetzt schon die andern bald wieder zu sehen.
Als ich mit M. Zusammen sitze und zu Abend esse, schweift unser Gespräch auf Dialekte ab. Ich soll Hessisch reden, scheitere aber heillos daran. Darum fängt M. Dann damit an mir einen Schwäbisch-Crashkurs zu geben. Und als ich dann spülend in der Küche stehe, fühle ich mich schon wie eine waschechte Schwäbin. Naja, beinahe. Wenn ich rede muss ich mich schon sehr darauf konzentrieren, dass ich aus dem „ch“ ein „sch“ mache, wodurch der Fluss des Satzes etwas gehemmt wird... (Als M.s Eltern ihr Wochenende bei uns verbringen, muss ich mich sehr zurück halten, nicht auch rum zu schwaben.)
Donnerstag, 05.11.2015
Ich wache relativ früh auf und wage mich bei einer Schüssel Haferschleim und einer Tasse grünem Tee erneut an mein Leseprojekt. Seit knapp drei Wochen liegen bei mir Bücher aus der Bücherei herum, aber ich komme einfach nicht dazu sie zu lesen. Leider. Denn unter den ausgeliehenen Exemplaren ist unter anderem ein Buch über Rugby, zwei Bastelzeitschriften und Gregs Tagebuch. Insbesondere Letzteres will ich unbedingt noch in der Ausleihfrist fertig gelesen haben. Nach einigen Seiten fällt mir ein, dass ich den Vormittag eigentlich nach Thonon will. Zum einen um die Fahrkarte nach Straßbourg am Bahnhof zu kaufen (übers Internet hat das nicht so ganz geklappt... Vielleicht habe ich mich aber auch nicht leidenschaftlich genug damit auseinandergesetzt.) und mir eine französische SIM Karte zu besorgen, zum anderen um schon einmal vorab die Orte aufzusuchen, an denen sich meine nächsten sportlichen Aktivitäten abspielen werden.
In Thonon stelle ich fest: Donnerstag Morgen sollte man nicht nach Thonon fahren. Die Straßen sind verstopft. Der Verkehr fließt nur sehr zäh. Ich verstehe nicht was los ist. Warum ist unter der Woche vormittags in der Stadt Highlife? Mysteriös.
Mein erstes Ziel ist das Stadion der Black Panthers. Die Black Panthers sind eigentlich ein Rugby Club. Allerdings gibt es auch ein Angebot zu Flagfootball. Und genau jenes Angebot würde ich gerne einmal ausprobieren. Bereits in Deutschland habe ich ein einziges Mal Flagfootball gespielt. Im Sportunterricht in der 8. Klasse. Das Ganze ist nun schon etwas her, aber meine Begeisterung für den doch etwas eigenwilligen Sport ist geblieben. Damit ich heute Abend gut zum Training finde, checke ich die Gegend (insbesondere die Parkmöglichkeiten, denn Parken mit dem Camion ist nicht immer leicht) ab. Parken ist aber wirklich kein Problem.
Der nächste Punkt auf meiner Liste ist das Kaufen der Bahnfahrkarten. Also folge ich der Beschilderung in Richtung Bahnhof. Mit der Orientierung klappt es nämlich noch nicht so ganz. Mein Orientierungssinn lässt sich bei bestem Willen nicht als verlässlich bezeichnen. Ich fahre eher nach Gefühl. Am Bahnhof angekommen stelle ich fest, dass nicht nur die Idee an sich nach Thonon zu fahren suboptimal war, sondern sich die Lage am Bahnhof sogar noch verschärft. Ich finde partout keinen Parkplatz. Gut, denke ich mir, dann parke ich eben auf dem riesigen Supermarktparkplatz. Dort angekommen stellt sich aber auch das als eine unüberlegte Aktion heraus. Wobei, unüberlegt war sie nicht. Woher hätte ich auch wissen sollen, dass der Parkplatz – der im Übrigen ein seehr großes Fassungsvermögen besitzt – aus allen Nähten platz? Als ich das realisiere, ist es aber schon zu spät. Ich stehe in der Schlange. Ein fataler Fehler. Hätte ich einen Smart wäre es auch kein lustiges Unterfangen, aber irgendwie machbar. Mit dem riesigen Camion habe ich aber die ganze Zeit Angst, dass ich ein Auto ramme. Langsam rolle ich Richtung Ausfahrt. Der Weg wird immer enger. Plötzlich macht es "Bumm". Ich schrecke zusammen, bin mir aber ziemlich sicher, dass ich kein Auto mitgenommen habe. Erleichtert erinnre ich mich an die Kindersitze auf der Rückbank und bin mir sicher, dass das Geräusch von einem heruntergefallenen Sitz kommt. Nach weiteren vergeblichen Versuchen zu Parken, mache ich mich schließlich wieder auf den Weg zur Wohnung. Auf der Straße, auf der ich eigentlich mindestens 80 km/h fahren sollte um nicht zu einem allgemeinen Verkehrshindernis zu werden, schaue ich – meine Fahrlehrerin wäre stolz auf mich – in den Rückspiegel. Mein Blick wandert auch zum rechten Außenspiegel. Und da erblicke ich etwas mit Schrecken: Die Verkleidung hat sich teils gelöst und flattert ziemlich ungehalten hin und her. Damit ich nicht noch Teile des Autos verliere, halte ich schließlich an und begutachte das Hinterteil des Camions. Langsam kommen in mir Zweifel auf: Habe ich auf dem Parkplatz wirklich niemanden gerammt? Nein, eigentlich bin ich mir ziemlich sicher, dass ich unschuldig bin. Aber das abstehende Teil bringt mich doch etwas aus dem Konzept. Ich hasse solche Situationen, in denen man sich sicher ist, dass man nichts gemacht hat, aber dann doch Zweifel aufkommen. Ein näheres Betrachten des "Schadens" lässt mich etwas aufatmen. Denn die Schrauben fehlen. Zumindest eine. Gut, eigentlich ist das kein Grund zum Aufatmen. Aber es bedeutet, dass ich eigentlich nicht daran Schuld sein kann. Nachdem ich die Verkleidung wieder einigermaßen befestigt habe, geht es dann wirklich nach Hause.
Nachmittags auf der Arbeit haben M. Und ich nicht so super viel zu tun. Darum kommen wir auf die Idee, dass wir uns mal um den Waldweg kümmern könnten. Gesagt, getan. Als ich anfange den Weg vom Laub zu befreien lacht mich M. Aus. Zugegeben: Es macht wirklich nicht so viel Sinn einen Waldweg laubfrei zu machen. Etwas anderes können wir im Wald aber gerade nicht ausrichten.
Als wir zurück zum Centre kommen, können wir den Nachbarshund gerade so davon abhalten Noisette, der (ja, ich war auch überrascht, als ich darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass es sich bei der vermeintlichen Häsin um ein Männchen handelt...) draußen in seinem Außengehe friedlich am Blätter knabbern war, auf zu fressen. Sichtlich geschockt verfrachteten wir unser Lieblingshäschen dann wieder nach drinnen. Frische Luft ist gut, Sicherheit ist besser.
In Socken laufe ich durchs Centre (meine Schuhe sind vom Wald doch etwas schmutzig geworden. Überhaupt bin ich hier vermehrt dazu übergegangen meine Wanderschuhe zu tragen. Das ist einfach praktischer, wenn man jeden Tag Lamaställe ausmistet oder etwas im Garten machen muss.) und bereite die TAP Stunde vor.
Das TAP klappt heute ganz gut. Da das Wetter schön ist, beschließen M. Und ich, dass wir mit den Kindern raus gehen. Nach einer Runde "Faules Ei" aka "Le facteur", machen wir mit den Kindern einen Parcour. Dafür können sie sich die ganze Stunde begeistern. Es ist etwas schwierig den Kindern Informationen zum Klimawandel nahe zubringen und sie dafür zu begeistern einem zu zuhören. Denn eigentlich wollen die Kinder nur spielen.
Wieder zu Hause kann ich endlich wieder Wäsche waschen. Seit Sonntag war die Maschine nämlich kaputt.
Abends fahre ich dann noch zum Stadion in Thonon. Nachdem ich den Camion geparkt habe, mache ich mich auf die Suche nach den Trainern. Erst kommen in mir Bedenken auf, dass ich vielleicht doch falsch bin. Ein kurzes beherztes Nachfragen ergibt aber, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Am Feld angekommen, werde ich herzlich von C. Empfangen und gebrieft. Sie gibt mir meinen Flag-Gürtel und stellt mich den anderen vor. Die Trainer wissen sogar sofort wer ich bin. Vor ca. Einem Monat hatte ich nämlich bereits dem Hauptorganisator eine Anfrage geschickt. Mir war aber nicht klar, dass die Trainer das die ganze Zeit im Hinterkopf hatten.
Nach einigen Runden um das Spielfeld wird mir langsam warm. Das Training ist draußen. Es sind ca. 10 Grad. Aber einige meiner Mitspieler stehen bereits in T-Shirt neben mir. Das traue ich mich dann doch nicht, da ich mal wieder (oder immer noch?) erkältet bin.
Den anderen nach zu urteilen ist das Training heute verhältnismäßig hart. Mir macht es aber Spaß. Wir machen ein Zirkeltraining und verschiedene Übungen zu Schnelligkeit und Werfen bzw. Fangen. In der Theorie weiß ich, wie ich am Besten den Football fangen muss. In der Praxis gekoppelt mit Sprinten ist das aber gar nicht so einfach. Glücklicherweise sind alle sehr geduldig mit mir und nehmen sich die Zeit mir alles zu erklären.
Am Ende des Trainings spielen wir noch. Im Prinzip handelt es sich bei Flagfootball um eine eigenwillige Mischung aus Football und Fähnchenfangen. Jeder Spieler hat einen Gürtel umgeschnallt mit zwei "Flags". Während des Spiels müssen die Gegner zum einen den Transport des Balls verhindern, zum anderen den Angreifern aber auch die Flags abreißen. So ganz habe ich die Regeln noch nicht verstanden, aber die Mischung aus Bewegung und Taktik macht mir Spaß. Als mich M., einer der Trainer, fragt, ob ich nächste Woche wieder komme, antworte ich freudestrahlend: "Ja!".
Wieder zu Hause kann ich aber nicht direkt schlafen. Vermutlich ist das aber auch gut so. Denn um kurz nach zwölf schaffe ich es endlich einmal mit einer Freundin, die gerade in Nicaragua ist, zu telefonieren.
Freitag, 06.11.2015
Ich stehe früh auf. Und das obwohl ich gestern ziemlich spät bzw. Vielmehr heute ziemlich früh ins Bett gegangen bin... Gestern hat mich T. Aber gefragt, ob er morgens (bedeutet um 9) den Camion bei uns abholen kann, weil er ihn braucht. Im Gegenzug würde er uns aber seinen alten Peugeot da lassen. Und um uns den Schlüssel von seinem Auto zu geben, muss einer von uns beiden wach sein. Da ich hier irgendwie zum sehr krassen Frühaufsteher mutiert bin, ist das für mich aber kein Problem.
Ich sitze also in der Küche und stöbre mal wieder etwas in Gregs Tagebuch herum, als mein Handy mir plötzlich anzeigt, dass ich eine SMS bekommen habe. Sie ist von T. Und kurz gesagt steht darin, dass er den Camion doch nicht braucht. Ich nutze die gewonnene Zeit um etwas Wäsche zu waschen und beschließe schließlich von dem schönen Wetter zu profitieren. Als ich aus der Haustür trete, erwarte ich eisige Kälte. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Tatsache, dass ich alle drei Hunde (an der Leine – das Flanieren auf der Straße ist dann doch etwas gefährlich. Und außerdem habe ich Angst, dass womöglich gerade Jagdsaison ist und einer meiner Lieben den fatalen Fehler begehen könnte, sich wie ein Reh zu bewegen...) dabei habe, trägt zudem dazu bei, dass mir warm wird. Denn der eine will in die eine Richtung, der andere in die andere Richtung. Und die Leinen sind nicht so super lang. Ein bisschen zusätzliches Armmuskeltraining schadet ja aber bekanntlich nicht.
Vom Training gestern tut mir doch so einiges weh, aber das Spazierengehen kuriert den Muskelkater wieder etwas aus.
Auf der Arbeit angekommen treffen wir auf ein neues Mitglied unseres Teams: M., der verwirrender Weise genauso heißt wie mein Mitfreiwilliger M.
Bis zur TAP Stunde mache ich dieses und jenes. Letztendlich beginne ich ein kleines neues Projekt. Über der Treppe nach unten hängen ziemlich lieblos (und vor allem mit Rechtschreibfehlern) die Werte des Centres. Ich versuche dazu eine neue Aufmachungsform zu finden und entwerfe ein Bild. Bunt soll es sein und freundlich. Die Skizze sieht sehr grau aus. Das liegt aber daran, dass alles mit Bleistift gezeichnet ist. Sobald ich geklärt habe, auf was ich das Bild am besten malen kann, kann ich mich kreativ austoben. Darauf freue ich mich schon.
Die TAP Stunde ist sehr lebhaft. Die Kinder haben das Wochenende vor Augen und vergessen jegliches ruhiges Verhalten. Vielleicht liegt es aber auch an der Bibliothek. Der Raum hat eine sehr unruhige Wirkung auf die Kinder. Vermutlich stimmt das Feng Shui nicht. Wenn ich so überlege fällt mir auf, dass die Tische sehr viele Ecken haben. Da sollte man mal was ändern.
Nach dem TAP überlässt uns T. Seinen Peugeot und befördert M. Damit in den siebten Himmel. Seit der ersten Fahrt in T.s Auto redet M. Von nichts Anderem mehr als davon, dass der Drehzahlmesser von einer Uhr ersetzt wurde. Aber eins muss man ihm lassen: Das Auto ist wirklich süß. Und vor allem von den Proportionen mal was ganz Anderes als der Camion. Richtig ungewohnt.
Auf dem Weg nach Hause machen wir einen Zwischenstopp in der Bücherei, damit ich Gregs Tagebuch verlängern und hoffentlich mal ganz durchlesen kann.
Abends kommen M.s Eltern bei uns an, die das Wochenende bei uns verbringen werden. Sie bringen wieder viel Energie und Unternehmungslust mit. Warum eigentlich nicht mal zum Mont Blanc fahren? Dieser Plan, den ich im Übrigen sehr gut finde, scheitert schließlich aber daran, dass die Bergbahn nur bis zum 3. November fährt. Darum entscheiden wir uns dazu nach Annecy zu fahren.
Samstag, 07.11.2015
Obwohl wir eigentlich früh aufstehen (wollen), kommen wir erst gegen halb eins in Annecy an. Gut, es dauert eben auch seine Zeit einen geeigneten Parkplatz zu finden. Es ist unglaublich voll in Annecy. Die Stadt an sich ist aber sehr schön. Ein wenig erinnert sie mich an eine Mischung aus meinem Heimatort und Straßbourg. Überall sind Fachwerkhäuser und Wasser. Das liegt daran, dass Annecy am Lac d'Annecy gelegen ist. Einem großen, malerischen See. Das Wetter ist perfekt und als wir nach einem reichhaltigen Mittagessen (die Suche nach einem geeigneten Restaurant hat dann doch etwas gedauert. Das ich Vegetarierin bin, hat sein Übriges dazu beigetragen. Ich hätte niemals gedacht, dass es in Frankreich als Vegetarierin schwierig werden könnte. Aber zu jeder Mahlzeit – Frühstück ausgenommen – gibt es etwas Fleischiges... Letztendlich landen wir in einem gut besuchten Lokal, das direkt am Fluss gelegen ist.) den Flusslauf verfolgen und schließlich an der Uferpromenade ankommen, sieht der See aus wie im Bilderbuch. Das Wasser ist glasklar. Die Sonne scheint. Es ist beinahe etwas zu warm für Anfang November. Manche Leute antworten auf den Beginn vom November mit kurzen Hosen und Tops. Gut, dafür wäre es mir dann doch etwas zu kalt. Wir flanieren etwas an der Promenade entlang und lassen uns von der Sonne bescheinen - solange das noch möglich ist. Ich lebe – sehr zu M.s Leid – meine Touristenseite aus indem ich viele Fotos mache. Schließlich möchte ich mich an diesen Tag ja noch lange erinnern können. Als wir auf dem Rückweg in die Altstadt an einem Platz vorbeikommen, auf dem man umsonst riesen Seifenblasen machen kann, schlägt mein Herz höher. Bei Seifenblasen versagt bei mir jegliche Vernunft. Beinahe bin ich dabei den Kindern, die gerade begeistert am Seifenblasen machen sind, die Utensilien zu entreißen, kann mich aber gerade noch beherrschen. Stattdessen beobachte ich fasziniert wie die Seifenblasen schimmernd in der Herbstluft herum schweben.
Nach diesem kleinen Ausflug in die infantilen Zeiten beschließen wir, dass wir die Stadt auch gerne von oben betrachten möchten. Und von wo aus geht das besser, als von der hoch gelegenen Burg? Wir kraxeln also hinauf Richtung königliches Heim. Auf dem Weg verliere ich mein Haargummi, das ich aber glücklicher Weise auf dem baldigen Rückweg wieder finde. Denn die Burgbesichtigung würde doch unserem Ermessen nach etwas zu viel kosten.
Während der folgenden Tour durch die Altstadt zieht es M.s Mutter und mich – sehr zum Leid der männlichen Riege – immer wieder in die kleinen, süßen Geschäfte. Schließlich taucht die Frage auf, was wir zum Abend essen wollen. Als uns bei der Erörterung dieser Frage ein Delikatessenladen über den Weg läuft, kommt dieser wie gerufen. Im Schaufenster sieht man bereits von außen viele Köstlichkeiten. Endlich wird hier auch mal das Klischee erfüllt, dass Franzosen ganz viele Muscheln und Schnecken essen. Aber auch Taboulé-technisch lassen sie sich nicht lumpen. Nach einem erfolgreichen Einkauf geht es schließlich Richtung Heimat.
Wir essen gemütlich zusammen und ich schaffe es sogar noch mit C. In Peru zu skypen bzw. eher zu facetimen. Normalerweise unterstütze ich Apple nicht, aber das Gespräch mit M.s Handy – das er mir glücklicher Weise ausgeliehen hat – hat eine super Qualität. Abgesehen von den drei Stromausfällen am anderen Ende der Welt... Wie M. Sagen würde: Ich freue mich einen Keks C. Endlich wieder zu „sehen“.
Fortsetzung folgt.