Meine deutsch-chinesische Adventszeit
Von Weihnachtsmärkten und Märkten, die als Weihnachtsmärkte verkauft werden
Sonntag. Und schon ist die nächste Woche Dezemberwoche rum. Es geht auf den tiefen Winter zu, mittlerweile sind es immer um die -10 °C. Nächste Woche soll es schon bis -18°C werden. Ich dachte vor Shenyang: "Wenn es kalt ist, ist es halt kalt". Aber nein, man merkt wirklich jeden Grad, den es runter geht. An meinen optimistischen Tagen verlasse ich das Haus noch Mütze, aber spätestens gegen 16.00 Uhr, wenn es dunkel wird, bereue ich diese Entscheidung.
Als ich Ende August ankam, wurde mir gesagt, Shenyang habe eine sehr trockene Luft. Ich dachte: „Na gut, dann muss ich halt mehr trinken“. Es hat nun seit sicher drei Wochen nicht mehr geregnet (bzw. geschneit), die Luft ist kalt und furchtbar trocken. Diesen Schmerz, der entsteht, wenn einem so trockener kalter Wind ins Gesicht pustet, kannte ich bisher nicht. In vielen Räumen stehen mittlerweile Luftbefeuchter. Auch ich werde mir angewöhnen, nachts feuchte Tücher auf die Heizung zu legen.
Das einzig Schöne an der Kälte ist die Weihnachtsstimmung, die sie mit sich bringt. Ich hatte mir eigentlich etwas Sorgen gemacht, dass ich dieses Jahr kein richtiges Weihnachten erleben werde. Ich entdecke allerdings immer mehr Möglichkeiten, mir meine Adventszeit zu gestalten. Seit der Vorbereitung der großen Weihnachtsfeier im Konsulat, läuft im Büro regelmäßig Weihnachtsmusik. Ich habe das Glück eine deutsche Kollegin zu haben, die, genau wie ich, eine riesige Freude daran hat, „Rudolph the red-nosed reindeer“ und „We wish you a Merry Christmas“ vor sich hin zu singen.
Wir konnten außerdem unsere Kollegen dazu motivieren, sich an unserem diy-Adventskalendar zu beteiligen. Jeder kaufte ein paar Geschenke, wir bemalten klassische Butterbrottüten und banden sie an zwei hübsche Bänder. Jeden Tag darf nun jemand ein Tütchen öffnen und sich über (meistens) Süßigkeiten freuen.
Am 2.Dezember fand der deutsche Weihnachtsmarkt statt, der uns von allen Seiten empfohlen worden war. Ich freute mich tierisch darauf. Zur Überraschung wurden meine Freundin/Kollegin und ich von ca. 15 Studenten begleitet. Alle, die Glühwein probierten, waren betrunken. Es war ganz süß, muss ich sagen.
Der Weihnachtsmarkt war allerdings nicht ganz so deutsch wie erwartet. Das Publikum - ja, 80 % Deutsche. Aber die Location war doch etwas abgewandelt. Es war eine große Bar, inklusive Billardtisch, auf dem Kinder spielten, und Bühne für Nikolaus und Kinderchor. Auf der Terrasse waren drei Stände mit Glühwein/Kakao, Keksen und etwas Krimskams, der für einen guten Zweck verkauft wurde. Ein kleiner Hof, der eigentlich perfekt für ca. 10 weitere Ständen gewesen wäre, stand leider leer. Die klassische 'im-Kreis-stehen-Glühwein-trinken-und-frieren-Situation“ reichte dennoch aus, um mich in Weihnachtsstimmung zu versetzen.
Am nächsten Tag besuchte ich einen „Rhinobazar“ in einer Kunstgalerie. Ich habe zwar nichts gekauft, aber es war wirklich toll. Überall leckere Gerüche, hand-made Zeug, Leder, ausgefallene Lampen, leckeres Gebäck und mehr. An einer Station musste man eine Mathe-Aufgabe lösen, um eine kleine Kugel zu erhalten. Diese konnten man anschließend in ein Labyrinth fallen lassen. Je nachdem, ob die Kugel am Ende auf der linken oder rechten Seite landete, war die Antwort „ja“ oder „nein“. Ich versuchte mein Glück bei der Frage (frei übersetzt): „Sollte ich mein Leben umkrempeln?“ Die Kugel endete im "ja"-Feld.
Eine Woche später war ich dann auf einer chinesischen Weihnachtsmarkt-Version. Der Markt fand in einer Mall statt. Überall rannten Kinder herum, es wurden Flyer für internationale Schulen/Kindergärten verteilt. Es gab ein paar hübsche Stände für Gebäck oder Deko. Daneben ein Stand für plastische Chirurgie, inklusive dieses typischen Arztpraxis-Sessels. Ungewöhnliche Mischung, würde ich sagen.
Ich war da, um einen internationalen Kindergarten bei einer Aufführung zu unterstützen. Wir performanten „Santa Claus is coming to town“ und „We wish you a Merry Christmas“ - inklusive passender Armbewegungen natürlich! Es war echt ein Spaß. Anschließend wurde ich als 'foreign-face' noch mit Flyern ausgestattet und sollte Eltern anwerben. Juhu, ich bin ein Aushängeschild!
Danach ging es für mich zum nächsten Weihnachtsmarkt. Auch anders als erwartet, aber sehr schön. Nach 1,5 h Taxifahrt (mit falscher Adresse ausgestattet und verwirrtem Fahrer) kam ich endlich an der internationalen Yucai-Schule an. Im zweiten Stock erwarteten mich Kinderlachen, Lieder, deutsches Essen und glückliche Studenten. Meine Kollegin und ich hatten am vorherigen Tag 1,5 kg Mandeln per Hand geknackt, um an unserem Stand gebratene Mandeln verkaufen zu können. Obwohl wir nur zwei Tüten an den Mann bzw. die Frau bringen konnten, waren wir zufrieden. Die Studenten hatten die Möglichkeit ihr Deutsch zu üben, die deutsche Kultur zu erleben und wir haben jetzt mehr Mandeln, die wir an unsere Freunde verschenken können.
Was sind meine Pläne für die restliche Vorweihnachtszeit? Ich werde noch mehr Plätzchen backen, Schlittschuh, Snowboard und Ski fahren. Für die nächsten beiden Wochenenden habe ich außerdem zwei Veranstaltungen geplant: Ein Bastel- und ein Spielabend für die Studenten. Dazu werden natürlich auch frische Waffeln und Weihnachtssongs gehören. Außerdem gebe ich mein Bestes, um ein Mitsingkonzert zu organisieren.
Dieses Weihnachten wird anders, definitiv. Ohne Familie, ohne Kölner Weihnachtsmärkte, ohne mein eigenes Klavier. Aber ich denke, die Stadt bietet doch genug, um mir ein schönes Weihnachten zu zaubern und mein Heimweh in Schach zu halten. Auch hier am anderen Ende der Welt bin ich nicht alleine an Weihnachten. Das macht mich doch sehr glücklich.
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