Lauke yra puikiausiai
„Weder Fisch noch Fleisch“ hat in Litauen eine ganz eigene Bedeutung, besonders für VergetarierInnen wie evil_eva. Und in der überwältigenden Natur hat sie endlich einen Sonnenbrand bekommen - juhu!
Diesmal kommt mein Eintrag wieder ein bisschen früher. Ich war die letzten Wochen nur etwas schreibfaul und habe deswegen natürlich auch ziemlich viel nicht erzählt.
Zum Beispiel war ich am Karfreitag das erste Mal in einem litauischen (katholischen) Gottesdienst. Muss zugeben, dass ich mich nicht daran erinnern kann, an Karfreitag schonmal in der Kirche gewesen zu sein, also kann ich den Gottesdienst nicht wirklich vergleichen. Er war aber auf jeden Fall ziemlich lang und sehr traditionsreich. Und Kreuzweg war am Karfreitag natürlich auch dabei, den wir mit allen Kids aus dem Zentrum abgeschritten sind. Für mich war es auch ziemlich interessant, eine neue Kirche zu sehen. In Deutschland kann man eine Kirche ja schon neu nennen, wenn sie aus dem 19. Jahrhundert ist. Die Kirche in Elektrenai feiert diesen Sommer ihr fünfzigjähriges Jubiläum. Für mich ist sie eine Mischung aus moderner Architektur und antikem Tempel und mit Abstand die jüngste Kirche, in der ich je gewesen bin. Mir persönlich gefallen die alten Kirchen allerdings besser.
Außerdem bin ich endgültig kein echter Vegetarier mehr, weil ich hier nicht nur Fisch esse, sondern auch selbst welchen geangelt habe: mit Agne, Gedrus, Aida und Darius zusammen waren wir in einem Restaurant in der Nähe von Trakai, in dem man sich sein Essen selbst angeln muss. Natürlich musste ich als „Gast“ auch mitangeln. War allerdings recht froh, dass ich den Fisch nicht selbst von der Angel nehmen und vor allem nicht selbst zubereiten musste. Geschmeckt hat er, obwohl ich eigentlich immer noch keinen Fisch mag, ganz gut. Mit vielen Gewürzen und Beilagen eben. Hier in Litauen geben einem die Leute wirklich immer Fisch, wenn sie hören, dass man kein Fleisch ist. Habe inzwischen zwar auch schon eine litauische Vegetarierin (!) getroffen, aber die meisten Litauer kennen das nur vom Hörensagen.
Mein Litauisch wird immer noch von Woche zu Woche besser und ich verstehe inzwischen, wenn sich Litauer unterhalten, fast immer den Sinn. Werde auch immer wieder gelobt, zum Beispiel heute von unserem Pfarrer, der öfter bei uns im Projekt ist: „Kaip tau sekasi?“ (Wie geht es dir?) - „Gerai, aciu. O jums?“ (Danke, gut. Und Ihnen?), woraufhin er mir total begeistert erklärt hat, wie toll doch mein Litauisch wäre. Hm, ja - also ich finde, dass man das nach drei Monaten schon voraussetzen kann. Ansonsten spreche ich mit meinen Kindern ziemlich flüssig Litauisch und muss immer seltener nach Wörtern fragen. Nach drei Wochen Pause hatte ich heute auch wieder Unterricht und das Gefühl, was Neues zu lernen.
Genaugenommen war ich auch am Montag bei Irenes Unterricht dabei, die von unserem Tutor unterrichtet wird. Da wir genau gleich lange in Litauen sind, haben wir ungefähr denselben Stand, obwohl sie etwas mehr Umgangssprache lernt und ich etwas mehr Grammatik. Trotzdem klappt die Kommunikation nicht immer perfekt. Wie das eine Mal letzte Woche, als ich unter der Dusche stand und mich gewundert habe, dass es nur kaltes Wasser gab. Auf Nachfrage habe ich dann erfahren, dass ganz Elektrenai zwei Tage lang kein Warmwasser hat, weil irgendwas an den Rohren geändert wird. Außer mir war das wohl allen Leuten klar.
Auch im Projekt bin ich zwar immer beschäftigt und irgendwie eingespannt, aber es fällt mir immer noch ziemlich schwer, Raum für meine eigenen Angebote zu finden. Theoretisch ist das Programm eben total voll, obwohl es praktisch ständig Freizeit gibt. Im Sommer wird sich das allerdings ändern: ab Juni sind Schulferien und dann soll es jeden Tag ein anderes Programm geben, das ich auch mitplanen werde. Ideen hab ich auf jeden Fall und bin mal sehr gespannt auf die Umsetzung. Ich habe hier ziemlich oft das Gefühl, dass Sachen groß geplant werden und dann doch irgendwie im Sande verlaufen.
Letzten Samstag war ich bei einer litauischen Freundin auf dem Land: total schön! Hier in Litauen fahren die Leute ja, wie gesagt, im Sommer sehr gerne aufs Land, obwohl sie lieber in der Stadt wohnen. Dafür gibt es einen ganz einfachen Grund: die litauische Natur ist unglaublich schön! Ewig viele Seen, Wälder und Wiesen und viel mehr unbewirtschaftete Flächen als in Deutschland, dass heißt es sind nicht überall Felder und Zivilisation, sondern richtige Natur. Jetzt im Frühling gibt es tausend verschiedene Grüntöne und nach dem langen Winter ist es besonders schön, Blätter und Blüten an den Bäumen zu sehen (auch wenn sich gerade die ersten Heuschnupfensymptome einschleichen). Übrigens sind die vielen Landstraßen in Litauen gar keine richtigen Straßen, sondern ungepflasterte Feldwege, was bei trockenem Wetter dazu führt, dass man beim Laufen ständig Sand und Steine in den Schuhen hat und mit dem Auto riesige Staubwolken aufwirbelt und ziemlich durchgeschüttelt wird. Mir wird es auf ewig ein Rätsel bleiben, wo manche Litauer die Motivation hernehmen, den halben Samstag damit zu verbringen, ihr Auto zu polieren, wenn sie hinterher auf solchen Straßen fahren müssen.
Diesen Samstag war ich zuerst bei Zidrone zuhause, von wo aus wir auch noch durch ihr Dorf spaziert sind: Fast nur alte Holzhäuser und alle nur erdenklichen Tiere. Später waren wir mit ihrem Bruder und zwei von seinen Freunden Golfspielen. Eigentlich nur Bälle schlagen, was mir aber nichts ausgemacht hat, weil ich das so wenigstens mal ausprobieren konnte. War ganz lustig, aber auch schwierig, weil es richtig windig war und die Bälle meistens in einem ziemlich großen Bogen weggeweht sind, statt geradeaus in Richtung Markierung zu fliegen. Trotzdem war das Wetter super! Um die fünfundzwanzig Grad, blauer Himmel und Sonnenschein. Hier in Litauen ist das richtiges Sommerwetter. Mit dem Vorteil, dass es jetzt noch nicht so viele Moskitos gibt.
Hinterher sind wir noch zu Zidrones Oma gefahren, die in einer winzigen Siedlung direkt am Wald wohnt. Da kommt man sich wirklich noch vor wie im vorletzten Jahrhundert! Für mich ist das total interessant und schön, ich kann mir allerdings nicht vorstellen, immer so abgeschieden zu leben.
Ich bin dann abends noch nach Vilnius gefahren, wo ich Irenes Wohnung hatte, weil die in Lettland war. Eigentlich wollte ich mich auch noch mit anderen Freiwilligen treffen, war dann aber dann nach dem langen Tag unterwegs doch zu müde und hab es genossen, mal in einem normalbreiten Bett zu schlafen (meins hier in Elektrenai ist wohl doch eher ein Kinderbett, auch wenn es die normale Länge hat).
Am Sonntag war ich mit Edita zusammen in der Stadt, wo das Fest der Europäischen Woche war (das seltsamerweise nur drei Tage gedauert hat). Es gab für jedes Land mindestens einen Stand und die Stimmung war super, vor allem weil in Vilnius auch der Sommer ausgebrochen ist. Alle waren im T-Shirt unterwegs und jetzt kann man auch fast überall auf der Straße sitzen, Bier trinken oder typisch litauisches Essen probieren. Abends ist Irene von ihrer Reise zurückgekommen und war saßen noch ziemlich lange zusammen, haben geredet und Rotwein getrunken, genau das Richtige für einen Sommerabend.
Dank Muttertag hatten wir hier in Litauen schon wieder ein langes Wochenende, so dass ich am Montag mit Irene zusammen beim Litauischunterricht war, der wegen des tollen Wetters im Park stattgefunden hat. Danach sind Irene, Nacho und ich losgelaufen, immer am Fluss entlang. In Vilnius ist man von der Innenstadt aus in einer halben Stunde in der freien Natur. Ich kann nicht oft genug sagen, wie toll die Natur hier ist! Vor allem weil wir ja eigentlich immer noch in der Stadt waren... Wir sind ziemlich lange durch den Wald gelaufen und haben dann irgendwo am Fluss gepicknickt, was dank einem riesigen Stück Wassermelone und spektakulären Essen-aus-dem-Fluss-Rettungsaktionen extrem lustig war. Nur zum Schwimmen war das Wasser noch zu kalt (und im Nachhinein vielleicht auch zu schmutzig). Dafür habe ich jetzt auch meinen ersten Sonnenbrand.
Gestern (Dienstag) war bei uns im Projekt Muttertagsfeier. Das Programm war wirklich gut und die Kids haben sich alle total Mühe gegeben. Leider waren aber nur ungefähr fünf Mütter (bei über zwanzig Kindern) da, so dass es auch ziemlich viel Enttäuschung und Tränen gab.