La nueva becaria
Die erste Woche im Goethe-Institut mit Praktikantenmittagspause, viel Arbeit, Bier in der Bibliothek und Brezeln.
Montag wache ich um 6 Uhr morgens auf. Dabei kann ich noch über eine Stunde schlafen. Es fällt mir schwer, nochmal die Augen zuzumachen. Um 9 Uhr ist mein erster Arbeitstag im Goethe-Institut und ich habe Angst, den Bus zu verpassen und zu spät zu kommen. Kurz nach 7 stehe ich auf und springe unter die Dusche. Vermutlich habe ich noch nie so schnell geduscht, denn das warme Wasser ist kaputt und es ist eiskalt. Wenigstens werde ich dadurch wach. Um 8 Uhr gehe ich aus dem Haus und bekomme meinen Bus, den ich heute zum ersten Mal nehme. Prompt steige ich eine Haltestelle zu spät aus, aber die Zeit reicht. Noch einmal kurz pinkeln und dann klopfe ich an die Tür der Bibliothek. Meine Kollegin Maruxa kommt heraus und begrüßt mich. Sie bringt mich in das Büro der Chefin, die mich kurz begrüßt und mir eine Mappe gibt mit vielen Info-Blättern, die ich durchlesen soll. Aber erst einmal geht es zum Frühstück mit Kollegen aus anderen Abteilungen. Es wird Spanisch gesprochen, manchmal einzelne Worte auf Deutsch. Diese Mischung ist ein wenig verwirrend. Später melde ich mich mit meinem Account am Computer an und lese meine "Geschäfts-E-Mails". Im Vergleich zu meinem anderen Praktikum ist das schon eine Steigerung, dass ich eine eigene Mailadresse habe. Um halb 11 ist Dienstbesprechung, der erste Punkt der Tagesordnung lautet: Willkommen Helena! Die Besprechung ist auf Deutsch, findet normalerweise wohl auf Spanisch statt. Wir sind vier im Team: Anna Maria, die Leiterin, Maruxa, Moka und Johannes. Ich erfahre, dass eine Woche später nochmal ein Praktikant in die Bibliothek kommt. Wir gehen das Programm für Oktober durch, dort findet ein Krimifestival statt. Das bedeutet, dass kein Mitarbeiter Urlaub nehmen darf. Im Kopf grüble ich, wie ich trotzdem Nadine in Vigo besuchen kann. In der Tagesordnung sind viele Abkürzungen, die mir erklärt werden. Manchmal weiß keiner, was das eigentlich ausgeschrieben heißt. Nach der Besprechung gehen wir zum Verwaltungsleiter, der mich herzlich begrüßt und mir den Schlüssel für die Bibliothek und die Toilette gibt. Zudem muss ich eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben. Wieder in der Bibliothek kommt eine Praktikantin herein, die herumgeführt wird. Ich erfahre, dass sich um 14 Uhr die Praktikanten zum Mittagessen treffen und dass man unten im Restaurant Rabatt bekommt, sowie einen abgetrennten Bereich auf der Terasse und im Restaurant hat. Als es dann wirklich 14 Uhr ist und ich die anderen Praktikanten suche, bin ich erleichtert, dass sie sich auf den Weg in den Supermarkt machen und sich dort etwas zu essen kaufen. Logisch, im unbezahlten Praktikum kann man sich trotz Rabatt nicht jeden Tag ein zweigängiges Menü leisten. Wir sind insgesamt 6 Praktikanten, alles Deutsche, die meisten studieren irgendwas mit Kultur und Spanisch und viele kommen auch aus dem Süden. während ich eine Stunde Mittagspause mache, liegen meine Kolleginnen in der Bibliothek auf der Yogamatte. Zweimal die Woche kommt eine Yogalehrerin, die in der Mittagspause diesen Kurs anbietet. Ich verspreche, nächste Woche einmal reinzuschnuppern. Ich will mich nicht festlegen, schließlich kostet die Stunde jeweils 5 Euro. Nachmittags erklärt mir Moka, was man in der Bibliothek machen muss, bevor geöffnet wird: Computer an, Fernseher mit deutschen Sendern an, Licht an. Die Bibliothek ist im Vergleich zu anderen Bibliotheken klein. Aber sie hat genau die Literatur zum Deutschlernen, die die Schüler brauchen und Romane und Klassiker, auf deutsch und auf Spanisch. Dazu Zeitungen, Zeitschriften, CDs und DVDs mit Untertiteln. Das besondere Schmankerl sind meiner Meinung nach aber die beiden Balkone. Ich sehe mich im Geiste schon Zeitung lesend auf der Terasse sitzen...da ruft mich Johannes und will mir am Content-Management-System etwas zeigen. Moka erklärt mir schon ein wenig das Bibliothekssystem und dann darf ich etwas früher gehen, weil es der erste Tag ist. Sonst muss ich immer bis 18 Uhr bleiben.
Am zweiten Tag macht die Bibliothek um 10 Uhr auf und Moka erklärt mir beim Büchereinstellen die Aufstellung. Es kommen relativ viele Nutzer und ich schaue Moka über die Schulter und traue mich auch schon, selbst Bücher zurückzunehmen und auszuleihen. Irgendwann gibt sie mir den Auftrag, Zitate aus Faust auf spanisch herauszuschreiben und das Äquivalent in der deutschen Ausgabe zu suchen. Das ist für einen Workshop am Freitag, da es eine Veranstaltung zum europäischen Tag der Sprachen geben wird. Maruxa kommt und gibt mir die nächste Aufgabe. Ich soll eine Pressemitteilung zu Getafe Negro, dem Krimifestival schreiben und Informationsblätter für die deutschen Autoren zusammenstellen, die zu den Lesungen nach Madrid kommen. Beim Mittagessen falle ich auf: meine Gastmutter hat mir Essen in einer kleinen Tasche mitgegeben und die anderen beäugen neugierig, was ich da drin habe. Und ich habe viel zu tun. Eine erzählt, sie hatte heute 20 Minuten Arbeit und schreibt jetzt Bewerbungen für's nächste Praktikum. Die anderen sitzen im Praktikantenzimmer. Maria hat eine WhatsApp-Gruppe gegründet und fragt nach meiner Telefonnummer. Nachmittags sitze ich an meinen Aufgaben und freue mich, so viel beschäftigt zu sein. Ich hatte von einer so kleinen Bibliothek nicht erwartet, dass die Mitarbeiter so viel beschäftigt sind und so wenig Zeit haben.
Auch am dritten Tag bin ich mit meinen Aufgaben noch gut beschäftigt, es gibt auch Änderungen, die nachgetragen werden müssen und Maruxa hat meine Pressemitteilung Korrektur gelesen. Die Änderungen müssen geschrieben werden und dann geht es raus an die entsprechenden Leute. Heute sind wenig Leute in der Bibliothek, das heißt, ich komme gut voran und bin um 16 Uhr fertig. Anna Maria lässt mich nach Hause gehen.
Dass ich meine Arbeit erledigt habe, führt am nächsten Morgen dazu, dass ich zuerst einmal nichts zu tun habe. Die Bibliothek öffnet erst später und ich traue mich nicht recht, die Vielbeschäftigten nach einer Aufgabe zu fragen. Eigentlich auch nicht schlecht, denn ich bin müde und bin morgens schon etwas zu spät gekommen. Also hole ich mir die Zeitung und blättere ein bisschen unauffällig drin herum. Auf einmal kommt Anna Maria und fragt, ob ich ihre E-Mail bekommen hätte. Öhm, ich lege schnell die Zeitung weg. Von der Institutsleitung wird eine schnelle Recherche zur Rezeption von Cervantes in Deutschland als Vorbereitung für eine Pressekonferenz gewünscht, ich habe 45 Minuten Zeit. Eilig mache ich mich an die Arbeit. Praktikantenfrühstück muss heute ausfallen. Danach kommt schon Maruxa mit einigen neuen Informationen, die in die Übersichten eingetragen werden müssen. Moka beauftragt mich, Stoffbänder mit den Faust-Zitaten zu beschreiben. Nachmittags ist ein Briefing für den Tag der Sprachen am Freitag, bei dem alle Praktikanten mithelfen müssen. Wir freuen uns schon auf die angekündigten deutschen Speisen. Nach der Arbeit gehen wir Praktikanten, die Zeit haben, noch etwas trinken.
Da der Tag der offenen Tür lange dauern wird, darf ich später kommen, um 12. Es tut gut, auszuschlafen und etwas später zu frühstücken. Die Bibliothek ist schon offen, als ich komme. Maruxa hat wieder Neuigkeiten, die in den Ablauf und die Infoblätter eingefügt werden müssen. Dazu sind einige andere Dinge zu recherchieren. Die Mittagspause fällt kurz aus, da alle eingespannt sind und kaum zum Essen kommen. Nach dem Mittagessen wird es stressig: der Bücherflohmarkt muss aufgebaut werden, meine Stoffbänder mit den Zitaten sind noch nicht fertig und das Plakat für den Workshop muss an die Wand geschraubt werden. Dort sind jeweils die ersten Sätze aus Goethes Faust und Cervantes' Don Quijote mit Klett-Buchstaben aufgeschrieben. Diese Buchstaben sollen von den Teilnehmern verschönert und mit den Zitaten geschmückt werden. Kurz vor knapp fehlen noch Schilder und dann stehen schon die ersten Leute wartend vor der Tür, um ihr Schnäppchen auf dem Flohmarkt zu machen. Ich habe mir meine Favoriten schon gesichert. Unten im Hof stehen verschiedene Stände mit Essen aus anderen Ländern, ich schiele schon auf den Bienenstich und die Brezeln und Laugencroissants an unserem Stand, die wir natürlich umsonst bekommen. Doch zum Essen bleibt kaum Zeit. Es sind so viele Menschen in der Bibliothek, die Fragen haben und Bücher tauschen und Bücher kaufen wollen. Ich genieße diesen Wirbel und will gar nicht gehen, als mich eine Kollegin ablösen soll. Jemand bringt Bier und dann hole ich mir doch mal einen Kuchen und es lässt sich wunderbar aushalten hinter der Ausleihtheke. Auch der Workshop wird zum vollen Erfolg und es entsteht ein sehr kreatives Plakat. Um 21 Uhr, als wir schließen, müssen wir die letzten fast gewaltsam vom Bücherflohmarkt entfernen. Das ganze Chaos lassen wir stehen. Montag kommt schließlich Joscha, der neue Praktikant, der auch eine Aufgabe braucht... :)
Damit ist der Tag noch nicht vorbei, denn das Bibliotheksteam geht geschlossen noch was trinken. Der Illustrator vom Workshop hat noch Freunde mitgebracht und zusammen gehen wir los, an der Plaza de Santa Bárbara vorbei in die Lieblingsbar meiner Chefin. Ich wüsste nicht, ob ich nochmal hinfinden würde. Es werden viele Flaschen Bier bestellt und Nachos, Quesadillas und Zwiebelringe. Wir bleiben bis Johannes erfährt, dass die Flasche Bier 3,50 Euro kostet, dann will er sofort gehen. Er führt uns danach in eine Bar, die er erst am Mittwoch kennengelernt, aber schon zu seiner Lieblingsbar erklärt hat. Am Eingang hängen Schinkenbeine, das ist schon mal ein gutes Zeichen für eine originale Kneipe. Das Bier ist billig und es wird uns ständig etwas zu Essen dazugereicht- umsonst. Gebratene Pilze machen die Runde, dann Brötchen mit Salami und ein Teller Blutwurstscheiben. Bei den Broten mit Pisto-Gemüse greife ich wieder zu. Moka und ich verabschieden uns und laufen eilig zur Metro, in der Hoffnung, die letzte Bahn noch zu bekommen, die auch am Wochenende kurz nach 1.30 Uhr losfährt. Auf dem Heimweg bin ich euphorisch, ich habe ein gutes Gefühl für die nächsten Monate und bin immer noch davon begeistert, dass man mit meinen "alten" Kollegen so gut Bier trinken gehen kann.
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