Kiew
Der Titel sagt alles... 4 Tage Urlaub in Kiew und sooo viel erlebt!
Endlich ist die Zeit der größeren Reisen gekommen! Vielleicht erinnert ihr euch an den Februar, als ich mein Mid-Term-Meeting hatte. Damals war ich (gemeinsam mit fast zwanzig anderen Freiwilligen) ziemlich enttäuscht, weil uns zuerst angekündigt wurde, das Training fände in der Nähe von Kiew statt, aber schlussendlich sind wir doch nur in ein Dorf in Moldawien gefahren. Dementsprechend stand noch die Reise nach Kiew aus. Die Gelegenheit bot sich dann, als Bianca tatsächlich ihr Training bei Kiew haben sollte. So machten wir uns also gemeinsam auf, um die Stadt zu erkunden, und danach hatte Bianca das Training und ich fuhr gleich wieder nach Hause.
Los ging die Reise am Mittwochabend in der vorletzten Woche. Kurz vor neun Uhr abends bestiegen wir den Zug nach Moskau und machten es uns zu zweit in unserem Viererabteil bequem. Wie auch die letzten Male habe ich im Zug gut geschlafen, die Grenzkontrollen verliefen ohne Probleme und den Vormittag verbrachten wir gemütlich mit Lesen. Um halb zwei am nächsten Nachmittag war es dann schließlich soweit: Wir waren in Kiew angekommen. Eigentlich wollte ich gleich meine Fahrkarte für die Rückfahrt kaufen, wo wir eh schon mal am Bahnhof waren, aber die Schlangen waren dann so lang, dass ich doch wieder davon abkam. Stattdessen verließen wir den Bahnhof um uns auf die Suche nach der Metro zu machen. Die erwies sich allerdings auch als schwierig, denn erst einmal gab es gar keinen Hinweis auf ihre Existenz...
Auf einem Schild war dann ein kleiner Pfeil, doch nachdem wir ihm einige Meter gefolgt waren, war immer noch nichts von der Metro zu sehen und erst recht keine weitere Beschilderung. Also liefen wir etwas den Platz vor dem Gebäude ab, weiterhin ohne Erfolg. Also gut, zurück in den Bahnhof und weitere Schilder suchen. Erst mit diesem Entschluss stellten wir fest, dass wir den Bahnhof auf der Rückseite verlassen hatten... Einmal über die Gleise gegangen, an der Vorderseite wieder nach draußen und der diesmal vorhandenen Beschilderung folgen. Schnell waren wir am Ziel. Oder zumindest fast, denn als nächstes landeten wir im Regionalbahnhof. Super! Na ja, dieses Mal war es nur die falsche Tür und schnell waren wir tatsächlich in der Metrostation angekommen. Tickets gekauft, zum Glück die richtige Richtung und Haltestelle erwischt (Linie gab es ja nur eine...) und dann waren wir mitten im Zentrum von Kiew, direkt auf der Hauptstraße.
Die Wegbeschreibung des Hostels war sehr nützlich, auch wenn wir es auch hier schafften, einmal den falschen Weg einzuschlagen (bzw. einfach weiterzugehen, weil wir die Markthalle, an der wir hätten abbiegen sollen, nicht als solche erkannten). Trotzdem sind wir irgendwie am "Downtown Hostel" angekommen, und sogar noch pünktlich zur angekündigten Zeit :)
Im Hostel wurden wir gleich begrüßt, herumgeführt, erledigten die Formalitäten und bekamen Stadtpläne. Gut ausgerüstet konnten wir uns also wieder auf den Weg machen, um mit der Stadterkundung zu beginnen. Die Hauptstraße beeindruckte mit ihren alten, aber richtig schön instand gehaltenen Häusern. An ihrem Ende gelangten wir zu einem Park, sahen den Bogen der Freundschaft der Nationen und ein kleines Volksfest anlässlich des 9. Mai. Etwas abseits des Trubels suchten wir uns ein Plätzchen für unser abendliches Picknick. Ein Stückchen unterhalb war gleich der Fluss Dnepr, an dem wir etwas entlang spazierten, bevor wir auf der Andreas-Steige, einer kleinen, kurvigen, gemütlichen und steilen Straße, die als Souvenirmarkt dient, wieder in die Stadt hinaufstiegen. Wir sahen noch einige berühmte Gebäude in der Innenstadt, bevor wir schließlich am Platz der Unabhängigkeit ankamen, auf dem wieder der 9. Mai, der Tag des Sieges (des Sieges über die Deutschen im 2. Weltkrieg) gefeiert wurde. Wir hörten noch einen Teil des Open-air-Konzertes, bevor der Tag mit einem Feuerwerk abgeschlossen wurde. Zurück im Hostel plauderten wir noch etwas mit den Zimmergenossen (von denen wir ziemlich viele hatten, wurden doch in dem 8-Bett-Zimmer aufgrund von Überbuchung gleich 10 Leute einquartiert, sodass man sich auch kaum mehr drehen konnte) und wollten dann endgültig nur noch schlafen.
Den Freitag begannen wir mit einem Frühstück direkt auf der Hauptstraße, die nämlich auch sehr schöne schattige Bänke bietet. Danach ging es mit der Metro zu einem der Busbahnhöfe, um dort das Rückfahrtticket für Bianca zu erwerben. Unser Glück mit der Metro setzte sich allerdings fort: Dieses Mal brauchten wir eine andere Linie, die von einer anderen Haltestelle abfuhr. Wir erwischten jedoch die falsche Haltestelle (eine von der dritten Linie...), was wir natürlich auch erst bemerkten, als wir bereits bezahlt hatten, aber unsere Zielhaltestelle nirgends angeschrieben stand. Also wieder raus und die richtige Haltestelle suchen. Das war ebenso unerfreulich wie am Vortag. Erst einmal mussten wir nur die richtige Kreuzung finden, was nach erneutem Konsultieren der Karte auch gelang. An der richtigen Stelle angekommen, gab es aber mal wieder keine Metroschilder. Nachdem es eine Unterführung mit Einkaufszentrum gab, machten wir uns auf den Weg nach unten, wo wir aber auch nichts fanden. Erstmal zumindest, denn irgendwann stießen wir in der hinteren Ecke des Einkaufszentrums auf den gut versteckten Eingang für die Metro. Letzten Endes sind wir aber gut am Busbahnhof angekommen und hatten auch keine größeren Probleme, das Ticket zu bekommen, auch wenn die Bestellung auf Russisch eher abenteuerlich war. Ein anderer Reisender half dann aber mit ein wenig Englisch aus und in kürzester Zeit hielt Bianca ihre Fahrkarte in der Hand. Auf gings zurück ins Zentrum, wo wir an einer kostenlosen Stadtführung teilnahmen und somit die wichtigsten Gebäude und einige sehr schöne (moderne) Statuen und Denkmäler zu sehen und erklärt bekamen. So haben zum Beispiel viele Statuen ihr eigene "Tradition", wie dass man ihr den Schuh poliert oder verschiedene Punkte gleichzeitig berühren soll, und dann Glück, Reichtum, Geschäftserfolg etc. gesichert seien. Im Anschluss gingen wir mit einer Amerikanerin, die gerade aus Indien zurückkam, und unserem Stadtführer, einem Kiewer Schüler, in eine Kantine zum Mittagessen. Danach kehrten wir zum Bahnhof zurück, um auch für mich ein Ticket für die Rückfahrt zu bekommen. Das war jedoch etwas schwieriger. Zuerst musste ich die richtige Kasse finden, was im dritten Anlauf (natürlich jeweils mit Schlange stehen, zum Glück nicht allzu viel) gelang. Dort erklärte ich dann mein Anliegen, nämlich über Nacht nach Chisinau zu fahren. Um das zu Verstehen, brauchte es dann noch eine andere Mitarbeiterin, die etwas mehr Englisch sprach. Die Verbindung, die ich im Internet im Voraus schon gefunden (aber dummerweise nicht mit allen Daten aufgeschrieben) hatte, fanden sie aber trotzdem nicht. Die Alternativen waren alle nicht besonders gut, sodass ich im nächsten Internetcafe noch mal die genauen Daten der Verbindung herausschrieb und damit an den Schalter zurückkehrte. Die Angestellte hatte allerdings genug von mir, so dass ich drei Mal von einem Schalter zum Nächsten geschickt wurde, nur um dann doch wieder zurückkehren zu müssen. Dann hatte sie sich jedoch einigermaßen versöhnt, sah sich meine Wunschverbindung an, schaute sie im Computer nach, nur um festzustellen, dass es sie tatsächlich nicht mehr gibt. Na toll. Schließlich kaufte ich dann ein Ticket für die Fahrt von halb Zwei in der Nacht bis sieben Uhr abends desselben Tags. Wieder kehrten wir in die Innenstadt zurück, um an diesem Abend noch eine andere Ecke davon zu sehen, mit einem Haus, um das sich Legenden ranken, einer gehobenen Wohngegend und der lutherischen Kirche. Zurück im Hostel freuten wir uns vor allem auf eine Dusche, aber auch eine weitere Unterhaltung mit den Zimmergenossen.
Ganz im Zeichen des Shoppings stand dann der Samstag. Gefrühstückt wurde wieder auf einer schattigen Bank auf einem der großen Boulevards der Stadt. Dann fuhren wir mit der Metro (dieses Mal ohne jegliche Probleme) etwas aus dem Zentrum heraus, denn unser Ziel war ein Büchermarkt. Das könnt ihr euch jetzt wirklich wie einen Markt vorstellen, also im Grunde offen, aber mit festen Ständen und teilweise Überdachung, und alles voller Bücher. Der Großteil davon natürlich Ukrainisch und Russisch, aber es gab auch einige Stände mit etwas Englischer Literatur sowie Französische, Spanische oder Deutsche Anfängerliteratur. Daneben gab es auch noch Spielsachen (bei dem Anblick der schönen Holzspielsachen fiel mir erst wieder auf, dass hier fast alles aus Plastik ist), Puzzels, Sticker, Heftchen, Schmuck und so weiter. Bianca deckte sich mit Lesestoff für die Rückfahrt ein, und noch bevor wir das Ende des riesigen Marktes erreicht hatten, hatte ich eigentlich genug, weil die Auswahl so groß und der Tag wie die vorherigen sehr schön aber auch warm war.
Zurück im Zentrum ging es weiter im Zeichen des Buches, denn Bianca war im Internet auf ein Büchercafe gestoßen, wo es auch Englische Bücher geben sollte. Wir fanden zwar die angegebene Adresse, aber dort war weit und breit kein Büchercafe zu sehen. Eine hilfsbereite Frau sprach uns an, nach welcher Adresse wir suchten, und konnte uns bestätigen, dass wir hier richtig waren, aber das Cafe nicht hier sei. Also googelten wir auf ihrem Handy das Cafe und mit vereinten Kräften fanden wir heraus, dass es umgezogen war, und sie konnte uns den Weg zur neuen Adresse erklären. Auch diese fanden wir und hier war das Cafe dann auch tatsächlich anzutreffen. Leider war die versprochene Auswahl an Englischen Büchern nicht vorhanden und das Konzept hatte sich von mehr Second-Hand zu neuen Büchern gewandelt. Trotzdem blieben wir zu einem guten Kaffee und Cola und ruhten ein bisschen aus.
Die nächsten Ziele waren der nicht besonders eindrucksvolle botanische Garten und die nahe gelegene Universität. Diese war dafür umso interessanter, denn es handelt sich um ein altes Gebäude, das aber komplett in strahlendem rot angestrichen ist. Der gegenüberliegende Park lud wieder zum Verweilen im Schatten ein. Außerdem fanden wir dort eine schöne kleine Touristinformation, wo es uns gelang, Postkarten zu kaufen. Denn obwohl Kiev wirklich keinen Mangel an Touristen und auch nicht an Souvenirs für dieselben hat, war es doch beinahe unmöglich, Postkarten zu finden.
Als auch das geglückt war, ging es wieder richtig ans Shoppen, diesmal in einem unterirdischen Einkaufszentrum gleich unter der Hauptstraße. Dieses war ewig lang gestreckt, sodass wir geraume Zeit damit verbrachten, vor allem Schmuck, Notizbüchlein und lustige Kleinigkeiten anzuschauen. So viele tolle Sachen! Auch hier hätte es einen Buchladen geben sollen, der aber auch durch Nachfragen nicht aufzufinden war. Zum Abendessen gingen wir wieder in eine Kantine, um für wenig Geld weitere ukrainische Spezialitäten zu probieren. Als Abschluss des Tages saßen wir noch ein bisschen auf der Hauptstraße, die für den Verkehr gesperrt war, lauschten Straßenmusikern, beobachteten die Unmengen von Passanten und scheiterten daran, schöne Nachtfotos zu machen. Zurück im Hostel waren wir dann erst einmal allein, aber schnell trafen noch einige Mitbewohner ein und wir gaben unsere Schlüssel an zwei Spanier weiter, die keinen Schlüssel bekommen hatten, aber noch weggehen und freundlicherweise nicht früh um fünf das ganze Hostel durch Klingeln aufwecken wollten.
Am Sonntag war die Freizeit für Bianca schnell vorbei, denn sie musste um elf Uhr am Bahnhof sein, um ihre Gruppe für das Mid-Term-Meeting zu treffen. Also räumten wir im Hostel alles zusammen, hinterließen einen Zettel, dass unser Schlüssel bei den Spaniern zu suchen sei, weil von der 24h-Rezeption mal wieder keine Spur war und fuhren zum Bahnhof. Dort nutzten wir noch schnell das Internetcafe und suchten dann Biancas Gruppe. Als wir sie schließlich (am Hintereingang...) gefunden hatten, verabschiedeten wir uns und ich zog alleine weiter.
Erst einmal setzte ich mich etwas hin und holte das Frühstück nach. Dann machte ich mich auf zu einer letzten Sehenswürdigkeit der Reise, dem Kloster Lawra. Da ich ja an diesem Tag mein komplettes Reisegepäck auf dem Rücken hatte, das Wetter wie gewohnt wunderbar und heiß und es von der Metro noch ein Stück Fußweg war, brauchte ich, dort angekommen, als erstes wieder eine Pause im Schatten. Wie gewohnt für Kirchenbesuche zog ich mein Kopftuch an und machte mich auf Entdeckungstour durch das Kloster. Die Anlage ist ziemlich groß und am Hang gelegen, und außerdem vollkommen unübersichtlich, wenn man sich nicht vorher informiert hat. Außerdem war sie komplett von Touristen überflutet, sodass es mir nicht besonders klosterhaft vorkam. So suchte ich auch schnell wieder das Weite oder vielmehr das Nahe, denn direkt angeschlossen war eine Art Freilichtmuseum, das gegen Eintritt weitere Teile der alten Klosteranlagen zugänglich machte. So kam ich doch noch in den Genuss schöner Kirchen, etwas Chorkonzerts und zweier Museen. Ich muss sagen, es ist zu Recht Weltkulturerbe. Auf einer schattigen Bank in einer ruhigeren Ecke des Geländes machte ich noch mal eine Verschnauf- und Esspause, bevor ich wieder ins Zentrum der Stadt zurückkehrte. Schließlich war es bereits Nachmittag und ich wollte noch einmal in die lutherische Kirche hineinschauen.
Gesagt, getan. Als ich ankam, erwischte ich gerade noch die letzten paar Minuten eines Jugendgottesdienstes, der jedoch auf Ukrainisch war, sodass ich sowieso nichts verstanden hätte. Trotzdem wurde ich sofort sehr freundlich aufgenommen und zum Tee nach dem Gottesdienst eingeladen. Dies nahm ich auch an, und einige der jüngeren Besucher konnten Englisch und eine sogar Deutsch, sodass ich mich etwas mit ihnen unterhalten konnte und erzählen, was mich nach Kiew führt. Auch hatte ich erwähnt, dass mein Zug zurück nach Chisinau erst um halb zwei nachts fahren würde, und so boten sie mir an, meinen Rucksack doch bis zum Abend in der Kirche unterzustellen, um unbeschwert noch etwas durch die Stadt zu laufen. Ich zögerte zwar, doch schließlich ließ ich den Rucksack dort und ging mit einigen der Besucher zum Spazieren in den botanischen Garten. Da noch eine Ukrainierin nur in Kiew und in der Kirche zu Gast war, wurden wir dann quasi zur Privatstadtführung in einem wundervollen uralten Auto durch die Stadt chauffiert. Diese nahm Zwischenstopps natürlich bei den Sehenswürdigkeiten der Innenstadt, aber auch in schönen Parks, bei McDonalds (der in der Ukraine weit besser vertreten ist als in Moldawien, nur als Anmerkung) und nahm ihr Ende in einem Bowlingcentre, und auch hier konnten wir Gäste uns der Einladung nicht erwehren. So wurde es ein schöner Abend mit interessanten Leuten.
An dessen Ende ging es noch zum Proviant kaufen, eine kleine schöne Nachtaussicht auf die Stadt, wieder zur Kirche, um den Rucksack aufzusammeln und mich im Gästebuch zu verewigen, und zu guter Letzt wurde ich noch bis zum Bahnhof gefahren. Dort musste ich dann auch nur noch etwa eine Stunde warten, was ich nutzte, um noch einen Brief zu schreiben, und dann machte ich mich auf zum Zug. Zu meiner freudigen Überraschung war (und blieb) ich alleine in einem Viererabteil. Um zwei Uhr nachts legte ich mich natürlich schnellstmöglich schlafen, und auch nach der Grenzkontrolle am Vormittag legte ich mich wieder hin, denn ich hatte noch etwas Schlaf nachzuholen. Die restliche Zeit verging wie im Flug (oder Zug?) mit Lesen und Sticken, und "schon" um halb acht Uhr abends war ich wieder zu Hause in Chisinau.