Καλά Χριστούγεννα – Kalá Christoúgenna
Ich weiß, es ist noch nicht Weihnachten und doch kommt es mir schon jetzt nicht mehr allzu lange hin vor, da die Zeit in Griechenland wie im Flug vergeht.
Die alljährlichen Weihnachtsvorbereitungen laufen auf Hochtouren, Kaufhäuser werden geschmückt, ebenso Kindergärten und Schulen, Weihnachts- und Wintermärkte werden eröffnet und zumindest einige unter uns haben schon den Großteil ihrer Geschenke gekauft - so oder ähnlich verläuft es zumindest in Deutschland.
Denn besonders aus Köln und Umgebung ist es man es zu dieser Jahreszeit gewöhnt, dass die Straßen immer voller werden und die bereits zahlreichen Touristen es schaffen sich abermals zu verdoppeln. Auf den 11.11. folgt gewöhnlich nicht viel später der Trubel an den Buden und auf den Eisflächen der Weihnachtsmärkte. Die Anzeichen eben jener Jahreszeit und des Weihnachtsfestes sind immer früher zu beobachten. Bereits vor meiner Abreise nach Serres konnten Spekulatius, Lebkuchen und Co. in verschiedensten Supermärkten gekauft werden.
In Griechenland verhält sich das ganze etwas anders.
Die ersten Anzeichen für weihnachtliche Atmosphäre schienen für uns die Lichterketten und Wimpel welche über den Straßen angebracht worden waren zu sein. Diese waren jedoch lediglich als Dekoration für den Gyros angebracht worden, wie sich später herausstellte. Die grell orangenen Girlanden gingen, die Lichter blieben und als ich vor ca. zwei Wochen einen längeren abendlichen Spaziergang unternahm, sah ich beim verlassen des Gebietes, welches ich als Stadtzentrum von Serres ansehe, zwei leuchtende Palmen neben einem überdimensionalen, aufblasbaren Weihnachtsmann stehen, der aussah als sei er einer Coca-Cola Werbung entsprungen. Noch immer bereue ich es kein Foto dieses durchaus skurrilen Anblickes gemacht zu haben. Dieses absurde Bild war für längere Zeit das einzige was in Serres annähern nach Weihnachtfestivität aussieht.
Letzte Woche dann die Überraschung: schon länger ging das Gerücht um im "Central Park" von Serres solle über die Winterzeit eine Eisfläche zum Schlittschuhlaufen errichtet werden und als unser wöchentliches Fußballtunier an jenem Mittwoch durch einige Holzplatten, die über die Hälfte unseres gewöhnlichen Feldes verteilt lagen, eingeschränkt wurde war die Freude darüber, dass dieses tatsächlich wahr sein könnte, groß - zumindest bei uns Freiwilligen (unsere Freunde aus dem Camp waren eher weniger angetan von dieser Einschränkung). Freitag darauf war die Überraschung abermals groß, als wir zum erneuten Mal für ein Match aufbrachen und anstelle der Platten 4 Häuser auf dem Fußballfeld vorfanden, über welche man nicht so einfach hinwegsehen bzw. -spielen konnte. Der Traum von der Eisfläche ist erstmal gestorben. Dafür kann ich nun mit relativ hoher Sicherheit sagen, dass es zumindest irgendeine Art Weihnachtsmarkt in Griechenland geben wird.
Der Gedanke dieses Jahr nicht die Möglichkeit auf einen solchen zu gehen, hatte mich tatsächlich trauriger gestimmt, als ich es vermutet hätte. Zwar besuche ich, wenn in der Heimat, nicht alle der zahlreichen Märkte die in unserer Region aufgebaut werden und doch ist es für mich selbstverständlich zumindest zu einem von ihnen zu gehen. Ähnlich verhält es sich mit anderen vorweihnachtlichen Aktivitäten: zu Hause in Köln schmücken wir zu den Feiertagen hin zwar unseren Weihnachtsbaum, hängen Sterne auf und baken Plätzchen, doch verwende ich auch dort nicht viel mehr Zeit mit möglichen Vorbereitungen, wie man es in seiner Kindheit wohlgetan hat.
Früher wurde Window-Colour gemalt, Geschichten gelesen, gesungen, Gedichte gelernt und aufgesagt etc. Je älter man wird desto weniger Zeit und Interesse scheint man für solche Dinge zu haben - nicht, dass ich sie in den vergangenen Jahren aktiv vermisst hätte.
Nun die Möglichkeit zu haben durch unser Projekt und den kulturellen Austausch den Flüchtlingen mit denen wir zusammenarbeiten eine Idee davon zu geben, was Weihnachten ausmachen kann, ohne zwingend christlich oder in irgendeiner Weise religiös zu sein, hat mich sehr gefreut. Deshalb ist das erste richtige eigene Projekt hier nun die Planung der Vorweihnachtszeit gewesen.
Verschiedenste Aktivitäten werden wir zusammen ausführen und so versuchen eine Art des Austausches und des Verständnisses für einander zu schaffen. Zu diesen gehören unter anderem das Basteln von Adventskalendern (einen als Weihnachtsbaum und einen als Winterdorf), das Erstellen von Weihnachtsdeko (wie Kränzen, Girlanden etc.), das Schmücken von Tannenbäumen, das Backen von Plätzchen und ein Movie-Evening ganz im Zeichen Weihnachtens.
Mehr noch haben wir Freiwillige uns dazu entschlossen, gemeinsam zu wichteln. Das Preislimit liegt hierbei bei gerade mal 3€, da es darum gehen soll, sich kreativ mit dem Geschenk für den anderen auseinanderzusetzen. Ebenso werden wir gemeinsam Glühwein machen und die ersten Abschiede feiern, da beispielsweise Maris und Dòra Kilian und Christo, sowie einige ihrer griechischen Freunde, nach den Feiertagen und vor ihrer Heimreise im Januar nicht mehr sehen werden.
So wird die Zeit hier in Serres doch um einiges weihnachtlicher werden, als ich sie mir vorgestellt hatte. Schließlich bin ich mit dem Wissen hierhergekommen, dass nicht Weihnachten, sondern Ostern in orthodoxen Ländern das wichtigste Fest des Jahres ist und als eben solches zelebriert wird. Hierauf freue ich mich auch schon besonders, da ein paar der derzeitigen Freiwillige letztes Jahr an Ostern ein paar ihrer besten Erfahrungen hier sammeln konnten. Eine von ihnen konnte die Feiertage abseits der Stadt im Haus der Eltern einer griechischen Freundin verbringen, während andere zusammen mit Anna Osteressen zubereiteten und abends zum nahgelegenen Kloster mitgenommen wurden um dort das Fest der Lichter mitzuerleben.
Ich bin sehr gespannt darauf wie die nächsten Wochen werden, da dies nicht nur die ersten eigenen Veranstaltungen sind, sondern auch weil ich neugierig bin wer mich beim wichteln gezogen hat. Mehr noch bin ich gespannt wie oft mein Heimatflug noch umgebucht und neu terminiert werden wird ...
Update 05.12.2017
Ende letzter Woche wurde kurz nach der Veröffnetlichung dieses Eintrags ein ca. 10 Meter hoher, künstlicher Wiehnachtsbaum in der Fußgängerzone von Serres errichtet und heute Morgen auf dem Weg zum Radio wurden weitere Lichterketten und Girlanden angebracht. Darüberhinaus habe ich bei unserem überraschenden Einkauf im Kaufhaus Jumbo (vergleichbar mit unserem Müller) das perfekte Wichtelgeschenk für die von mir gezogene Person erstehen können.