Indonesian Job Creation.
Während hausi38 in Indonesien unter der Regenzeit leidet, denkt sie über die Methoden des Landes nach, für alle Einwohner Arbeit zu kreieren. Deutschland könnte sich daran ein Beispiel nehmen, findet sie!
Hallo alle zusammen,
wenn ihr mich jetzt sehen könntet. Ich sitze auf dem Fußboden, es regnet mal wieder draußen, aber es ist trotzdem so heiß, dass mir der Ventilator direkt ins Gesicht pustet und ich schon wieder das Bedürfnis habe, duschen zu gehen. Alle warten auf die Trockenzeit hier, damit es endlich nicht mehr ganz so feuchtheiß ist und man wieder atmen kann. Mir geht es aber gut, ich lebe total auf, verlasse früh um acht das Haus und komme meist nicht vor acht wieder. Das tut gut, aber dann bleiben Dinge wie mein Online-Tagebuch schnell auf der Strecke. :-)
Nachdem ich nach meinen 10-Tagestrip nach Malaysia wieder gut in Indonesien gelandet bin, fallen mir wieder die lustigen und weniger lustigen Eigenheiten in diesem Land auf. Heute will ich euch von der indonesischen Art Jobs zu erfinden erzählen. Was ich hier schreibe, ist wahr und ich wollte es manchmal selbst nicht glauben, hätte ich es nicht selbst besehen, aber vielleicht von Anfang an: In Deutschland sorgt die Arbeitslosenquote ja regelmäßig für Aufruhr. Würden wir so kreativ wie die Indonesier sein, hätten wir einen Überschuss an Jobs.
Hier ein paar Beispiele, die mir fast jeden Tag begegnen. Wenn ich in der Uni in die „Mensa“ gehe (deshalb in Anführungsstrichen, damit Leute zu Hause nicht denken, dass indonesische Mensa gleich deutsche Mensa ist – hier sind das 20 kleine Stände, die alle ihr Essen anpreisen), dann hole ich mir nicht einfach mein Essen. Ich bestelle zuerst bei einem der vielen Stände mein Essen. Eine Frau ist dafür verantwortlich, mir einen Zettel auszustellen, auf dem steht, was ich bestellt habe und wie viel ich zu bezahlen habe (Job 1), zwei weitere Frauen machen das Essen (Job 2 und 3), eine dritte ist für Getränke zuständig (Job 4), während ich mit meinem Zettel zu einer weiteren Frau stiefele, die mir mein Geld abknöpft, einen „Bezahlt“-Stempel auf den Zettel drückt (Job 5) und ich eben diesem Zettel wieder zurück zu dem Stand gehe um mein Essen in Empfang zu nehmen. Jetzt dürft ihr euch diese Reihenfolge für 19 weitere Stände vorstellen plus die Teller-Abräumer und dann wisst ihr, warum es in Indonesien immer eng ist und warum es besser ist, klein zu sein.
Vor ein paar Tagen war ich in einem größeren Supermarkt über zwei Etagen. Es gibt ein Rollband (ohne Treppen), auf dem man mit seinem Einkaufswagen in den zweiten Stock kommt. Am Ende dieses Rollbandes steht ein Kerl, dessen Job es ist, mir zu helfen, meinen Wagen vom Rollband zu kriegen. Das Hindernis, was ich dabei überwinden muss, ist ganze 3 Milimeter hoch.
Wenn man hier in einen Bus steigt, der etwas länger an einer Station hält, kommen im Laufe dieses Aufenthaltes ca. 15 Menschen in den Bus, die mir Essen und Trinken anbieten. Was ich allerdings nicht ganz verstehe: Wenn ich, nachdem ich beim ersten bereits ein Wasser und ne Tüte Kekse gekauft habe, das bei den anderen 14 auch tu´, kann ich bald einen zweiten Bus mieten, der meine Einkaufstüten nach hause befördert. Oder anders herum, wenn ich bei den ersten 14 Menschen „Nein“ sagte, warum sollte ich beim 15. plötzlich „ja“ sagen?
Oh und noch ein Beispiel fällt mir spontan ein. Ein T-Shirt-Kauf bedarf hier ganze zehn (!) Leute. Nummer 1-5: „Kann ich Ihnen was bringen? Welche Größe haben Sie? Das steht Ihnen aber gut!“ Nummer 6: Schreibt ebenfalls einen Zettel auf dem steht, welches T-Shirt mit welchem Preis. Nummer 7 und 8 sitzen drei Meter weiter und nehmen meinen Zettel und mein Geld in Empfang, ich bekomme wieder einen Stempel auf eben diesen Zettel und laufe damit ein Stockwerk höher zu Nummer 9, wohin Nummer 6 das T-Shirt mittlerweile gebracht hat. Nummer 9 packt mein T-Shirt in eine Tüte und wünscht mir einen guten Tag, und bevor ich endlich wieder aus dem Laden komme hält mir Nummer 10 die Tür auf.
Das hört sich alles etwas übertrieben an, das ist es aber auf keinen Fall! Indonesien hat viele Menschen (240 Millionen!) und all diese Menschen wollen einen Job, da muss man eben erfinderisch werden und jedem einen Job geben. Hier gibt es offiziell eine weit höhere Arbeitslosenquote als in Deutschland, fragt man aber Menschen auf der Straße, dann ist hier keiner arbeitslos, alle haben einen Job: Menschen, die an der Ampel die Scheiben waschen, sind Autowascher, Menschen, die auf der Straße Musik machen, sind Musiker, eine Frau in der Uni, die um Geld bettelt, nennt sich selbst Studentin, dann gibt es eben die T-Shirt-Einpacker, die Wagen-über-die-Schwelle-Zieher, die Kassierer und Zettel-Stempler usw.
Vielleicht sollte Deutschland nicht so viel in Statistiken investieren, sondern eher in ein paar kreative Köpfe, sie sich so was ausdenken.
Soviel von hier… bald mehr.
Julia