Ideen und ihre Umsetzung
Lockenjule sprudelt in Moldawien nur so vor Ideen. Nicht nur das - sie kann viele davon umsetzen, auch gegen einigen Widerstand und mit großem Erfolg. Und die Motivation hält weiter an!
Seit ich nach meinem Weihnachtsurlaub wieder hier bin, wachsen in mir ständig neue perspektivische Hirngespinste. Einige davon erreichen den Grad einer ernsthaften Idee, und die Qualität einiger gereicht dann tatsächlich zur Umsetzung.
Eine bei Kakao und Spongebob-Mensch-ärger-dich-nicht, also bei einem Tischspieleduell zwischen Rosi und mir entstandene Idee war ein gemeinsamer Fasching ihres und meines Kinderzentrums. Eine tolle Sache, für die Kinder ein großer Spaß, für uns bestimmt sehr lehrreich, warum also nicht. Lehrreich war es auf jeden Fall, auch erfolgreich und spaßig für die Kinder; auch wenn ich bis zum Beginn der Feier an der Umsetzung zweifelte. Denn als erstes machte ich mal wieder die Erfahrung, dass lang nicht alle Freiwilligen so engagiert und ehrgeizig dabei sind, ihre Ideen umzusetzen.
Der andere Freiwillige in meinem Projekt kam nicht zu seiner eigenen Kostümbastelstunde, wie mir die Kinder einen Tag später zornig berichteten, berechtigter Weise auf die von mir stundenlang gemalten Ankündigungsposter deutend. Nun ja, ich kam also auch zu seinen Arbeitszeiten und bastelte, zusammen mit einer neuen, äußerst handfertigen Freiwilligen Kostüme mit den Kindern… aus allem was wir so an Stoffreisten, Joghurtbechern und Buntpapier hatten. Leider war Rosi auch nicht wirklich hilfreich, schaffte kaum die Ankündigung des Faschings in ihrem Projekt. Auch die anderen Freiwilligen waren solang nicht besonders aktiv dabei, bis ich einen digitalen rundum In-den-Hintern-Tritt startete.
Ich will mich jetzt selbst nicht in den Himmel loben, allerdings hat mich dieses lahme, engagementfreie Verhalten ziemlich verwundert und natürlich auch genervt. Allerdings hat es mir auch gezeigt, dass nichts umgesetzt wird, wenn man es nicht allein macht. Oder aber die Menschen so gut kennt, dass man weiß, ob man ihnen eine klare Anweisung in maximal drei Worten an den Spiegel schreiben muss oder sich alles mit einem kurzen Telefonat von allein regelt. Und es hat mir gezeigt, wir sehr hier klare Hierarchien herrschen.
Die Chefin meines Projekts schien nämlich von Mal zu Mal weniger begeistert von dem Fest, das sie weder initiiert hatte noch recht wusste, was dort alles gemacht werden würde. Als ich dann auch noch mit meinen Mädchen einen Tag vorm Auftritt die Bühne des anderen Projekts ausprobieren wollte (und dies lange vorher angekündigt und erlaubt bekommen hatte), versuchte sie auch noch eine Ausrede nach der anderen zu finden, warum das ganze eine schlechte Idee war. Aber ich wollte unsere ganze Arbeit nicht von der konservativen Dickköpfigkeit einer überdimensionierten und unterbeschäftigten Lehrerin zu Nichte machen lassen, und belagerte sie solange, bis sie mit uns in das andere Projekt ging, wo die Feier stattfinden sollte. Sie schmollte dann zwar noch ein paar Tage, aber nach dem Fest war wieder halbwegs gute Stimmung.
Es hat ja auch alles geklappt; meine Tanzgruppen haben bravouröse Auftritte in fabulösen Kostümen hingelegt (nun erstmals auch vor stolzen Muttis, die ihren Liebsten vorher stundenlang die Haare gemacht haben), die von Rosi und mir erdachten Spiele klappten gut, die Kinder haben sich benommen. Letzteres war unsere größte Sorge, weil die Kinder in Rosis Projekt ziemlich Problemfälle sind, während ich eigentlich von Engeln umgeben bin… Aber mit mir kamen die Kinder echt gut klar, ich war einfach immer noch gemeiner als sie :). Und nachdem wir das allseits beliebte Topfschlagen gemacht hatten, waren eh alle Kinder auf unserer Seite. Zum Schluss waren alle zufrieden, die Muttis stolz, die Chefinnen beider Projekte besänftigt und ich beruhigt, zusammen mit den anderen Freiwilligen ein großes Vorhaben erfolgreich gemeistert zu haben.
Ein anderes, schon im November entstandenes Vorhaben erlebte nun auch endlich seine Umsetzung: Ich habe meine erste Standardtanzstunde gegeben. Nach langem Verzögern aufgrund nicht funktionierender CDs, kaputter Rekorder und weiß ich nicht was klappte es nun endlich. Eine erste Privatstunde für den großen Bruder einer meiner Tanzmäuse. Er schien ziemlich aufgeregt, hatte sich völlig übertrieben eingedieselt und schien sich nicht ganz wohl zu fühlen. Aber nach einiger Zeit hatten sich seine Beine an den Walzergrundschritt gewöhnt, er hörte auf sich beständig aus der Paartanzhaltung zu winden und es begann ihm sogar Spaß zu machen. Nun ja, mehr als Grundschritte werde ich ihm wohl nicht beibringen können, dazu müsste ich erstens die Männerschritte der Figuren können und zweitens in ganzen rumänischen Sätzen sprechen, aber so ein paar Grundkenntnisse sind doch immer schon viel wert.
Die meisten Ideen und Gedanken voller Weisheit entsprangen meinem Wuschelkopf aber in den drei Tagen des kürzlich stattgefundenen Mid-Term-Trainings (Seminar nach ungefähr der Hälfte der Zeit). Dieses selbst wird in einem gesonderten Text behandelt, aber daraus entspringende Perspektiven seien hier abschließend schon mal geäußert: Inspiriert von den wirklich spaßigen und nebenher auch noch sinnvollen Spielen der Seminarleiter werde ich eine kleine Spielesammlung erstellen, mit den besten Kinderspielideen aus ganz Europa. Juppheidi, wird das ein Spaß, wenn ich die im Sommer mit den Kindern im Ferienlager ausprobiere.
Dann wächst in meinem Hirn die Idee namens ‚Volunteer’s little helper‘, eine Art Büchlein für neu ankommende Freiwillige mit Notrufnummern, Buslinien und Taschepack-Tipps. Zudem will ich dem klitzekleinen Büro unserer von mir höchst geschätzten Organisation ein wenig international anhauchen, indem ich Flaggen aller Länder Europas rund um die Eingangstür malen werde. Und, last but not least, werde ich direkt jetzt ein Ei auspusten, denn morgen ist erster März und das bedeutet für mich: Bald ist Ostern!
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