Ich packe meinen Koffer und nehme mit…
Was ich in 12 Monaten EVS gelernt habe und wie es sich anfühlt, bald nach Hause zu fahren
Mein EVS hat mich geformt und verändert, er hat mich stärker gemacht. Ich glaube zwar, dass ich auch vorher schon ziemlich selbstständig war und mir von niemandem etwas habe sagen lassen – sonst wär ich vermutlich gar nicht erst gefahren. Ich weiß noch, dass viele mich gefragt haben: „Bist du dir sicher?“ „Wieso eigentlich Ungarn?“ „Und was machst du da?“ „Ein ganzes Jahr? Schaffst du das denn so ganz allein?“, etc. Viele meiner Freunde waren skeptisch, mit Ungarn verbindet man eben den Ostblock, ärmlichere Verhältnisse, Rückständigkeit, eine momentan sehr GRENZwertige Haltung gegenüber Flüchtlingen, Stacheldraht, aber das ist für mich nicht Ungarn, nicht mehr! Ich habe dieses Land lieben gelernt, die Leute – zumindest die meisten waren immer nett und herzlich mir gegenüber – und ja auch die Sprache, obwohl ich mich seit anderthalb Jahren kläglichst damit abmühe.
Ich liebe den Balaton, die Felder und Landschaften, die Sonnenblumen und den vielen, wundervoll violetten Lavendel, die Hügel (wobei fast alle Ungarn von ihren „Bergen“ sprechen) voller Weinreben und vieles mehr.
Ich werde viele hier vermissen, vor allem meine Erst- und Achtklässler, die Kinder vom Jugendzentrum, meine Mitfreiwilligen, von denen die meisten mich schon verlassen haben, zu denen ich aber versuchen werde, den Kontakt zu halten, die älteren Leute, die sich sehr gefreut haben, wenn ich versucht habe, mich mit ihnen zu unterhalten, aber genauso freue ich mich auch auf zuhause, meine Freunde und Familie, das Essen von Oma und und und.
Ich habe herausgefunden, was mir in meinem Leben wirklich wichtig ist, was ich brauche und was nicht. Ich habe gelernt, meinen Haushalt zu führen, alleine zu reisen, eigene Entscheidungen zu treffen. Ich weiß jetzt, dass es gut für mich ist, unabhängig zu sein und mein Potenzial auszuschöpfen. Vor allem aber kann ich die Dinge nun mit einem neuen Antrieb angehen, mit einer erwachseneren Einstellung.
Ich glaube, dass wir oft vergessen, wie gut es uns eigentlich geht und ich werde versuchen, mir das in Zukunft immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Wir leben im Luxus und damit ist nicht immer Geld gemeint, sondern eventuell einfach nur eine fortschrittliche Gesellschaft ohne Kastensystem und weitestgehend ohne Gewalt und Korruption.
Ich nehme viele gute Erinnerungen mit nach Hause, materielle und welche, die nur in meinem Kopf existieren.
Ich habe meinen Blickwinkel verändert und gelernt, wie es ist, fremd zu sein. Für diese oft anstrengende Erfahrung bin ich sehr dankbar und ich hoffe, dass ich sie in der Zukunft sinnvoll einsetzen werde.
Ich möchte mich auch an dieser Stelle noch mal bei allen bedanken, die mir auf dieser Reise gefolgt sind und fleißig meine Texte gelesen haben! :) Macht’s gut!
Eure Sophie ;)