„Ich könnte ab jetzt tanzen und immerfort nur tanzen“
Seit ein paar Jahren gibt es ein Austauschprogramm zwischen dem Kreisjugendamt im nordrhein-westfälischen Tecklenburg und Japan, Italien, Polen, Russland sowie anderen Europäischen Ländern. Zwischen dem 16. und 27. August habe ich an einer solchen deutsch-italienisch-japanischen Jugendbegegnung teilgenommen.
Seit ein paar Jahren gibt es ein Austauschprogramm zwischen dem Kreisjugendamt im nordrhein-westfälischen Tecklenburg und Japan, Italien, Polen, Russland sowie anderen Europäischen Ländern. Zwischen dem 16. und 27. August habe ich an einer solchen deutsch-italienisch-japanischen Jugendbegegnung teilgenommen.
16.08. Ankunft der japanischen Gäste Heute fahren wir mit der deutschen Gruppe zum Amsterdamer Flughafen, um die japanischen Gäste abzuholen. Auf dem Weg sind wir aufgeregt und sehr gespannt, was für eine Gruppe aus Japan zu uns kommt. Erst mal warten wir auf das Flugzeug und fragen schließlich nach einer halben Stunde nach. Wie sich schließlich herausstellt haben die Japaner auf uns bereits gute drei Stunden gewartet, weil das Kreisjugendamt die falsche Ankunftszeit bekommen hat.Wir haben die Geschichte aber schnell vergessen. „Kon-nitschiwa“ - voller Freude heißen wir die zehn japanische Gäste „Herzlich Willkommen“. Schon auf dem Rückweg im Bus lernen wir die japanischen Namen: Akiko, Joshiko, Yukie, Maki, Emi, Tomoko, Noriko, Sayako und Hiroyuki. Nach drei Stunden kommen wir in Ladbergen an und auf uns wartet ein gutes, warmes Abendessen. „Ojassuminassai“ – Gute Nacht! Müde nach der Reise gehen die Japaner sofort schlafen. Am nächsten Tag wollen wir alle zusammen den Kreis Steinfurt und Münster besichtigen.
17.08. Ein Tag in der Natur Wie jeden der folgenden Tage hängen wir morgens nach dem Frühstück ein großes Plakat im Speisesaal auf, um die geplanten Aktivitäten bekannt zu geben. Es ist ein sehr schöner Sonntag. Nach dem Frühstück um 9 Uhr machen wir uns auf den Weg zum Kreis Steinfurt. Den Japanern gefällt es sehr gut, besonders die Natur. Wir fahren zum Teutoburger Wald im Tecklenburger Land. Der Naturpark hat eine ungewöhnliche geologische Vielfalt. Gesteinsschichten nahezu aller Epochen der Erdgeschichten - von der Steinkohlenzeit vor 300 Millionen Jahren bis zur jüngsten Vergangenheit - finden sich an der Oberfläche. Der Wechsel der verschiedenen Landschaftsformen verleiht dem Naturpark seinen besonderen Charakter – es sieht einfach wunderschön aus. So erleben wir Natur und Landschaft an dem sonnigen Sonntagmorgen. Danach besuchen wir den Sonntagsmarkt in Greven, auf dem man schöne, typisch deutsche Handwerkarbeiten kaufen kann. Der Markt ist voller Leute und an vielen Ecken essen die Leute Bratwurst und trinken Bier. So können auch die Japaner deutsche Spezialitäten probieren. Um den Tag wirklich „international“ zu nennen, bestellen wir Döner-Kebap. Dabei lachen wir viel, weil nicht jeder von uns schon einmal ein so großes türkisches Brötchen gegessen hat.
Als nächstes steht Münster auf dem Programm. Dort besuchen wir die Hauptsehenswürdigkeiten: den Dom, die Dominikaner Kirche und vieles mehr. Wir spazieren durch die Stadt und fahren mit einem Tretboot auf einem Kanal. In Nordkirche besuchen wir ein Schloss mit einer wunderschönen Ausstellung. Wir sind ganz überrascht, da dort Bilder japanischer Künstler hängen. Bei dem Spaziergang rund ums Schloss gehen wir durch einen Park – alles ist sehr ruhig, wie geschaffen für die Sonntagserholung. Zum ersten Mal sehe ich dort einen schwarzen Schwan.
Noch voller schöner Eindrücke erwartet uns schon die nächste Überraschung. Wir essen diesmal beim Chinesen. Da steht ein Buffet - und es ist soooo lecker und soooo viel. Die Japaner rufen abends kurz ihre Familien an, um „Mosschi-moschi“ (Hallo) zu sagen und von der Reise zu berichten.
18.08. Barfuss unterwegs Am Montag machen wir Steckbriefe mit Photos, um mehr voneinander zu erfahren. Danach hängen wir alle Steckbriefe im Flur des CAJ Werkhauses in Westeladbergen auf.
Nachmittags lernen wir sehr viel über Kalk und was Kalk mit dem Straßen- und Betonbau zu tun hat. Wir sind nämlich nach Lienen gefahren, um die Kalkindustrie zu besichtigen. Uns führt Maschinenbaumeister Reinhard Blom durch die Fabrik. Er erzählt alles auf Deutsch. Ich übersetze es auf Englisch und die Japanerin Joshiko schließlich ins Japanische. Beim Kalkabbau ist es von den Schacht- und Drehrohröfen sehr staubig und sehr heiß. Sie wandeln bei Temperaturen von 900-1200 Grad Celsius den Naturkalkstein in Branntkalk um.
In Lienen gibt es einen Barfuß-Park. Dort läuft man entweder im Wasser auf sehr kleinen Steinen oder auf Baumrinde barfuss. Das ist ein großer Spaß für uns und von Zeit zu Zeit kann man „oj, oj“ hören, wenn jemand auf etwas Hartes tritt.
Abends grillen wir auf dem Bauernhof bei der Familie Harde Würstchen. Außerdem sehen wir Schweine. So gefällt es den Japaner immer besser in Deutschland, weil sie so viel Natur erleben können.
19.08. Auf den Weg ins Heuhotel Spaß und Erholung im Grünen steht vormittags im Wildfreigehege am „Nöttler“ Berg in Saerbeck auf dem Programm. In diesem großzügigen Waldgebiet von etwa 25 Hektar Land spazieren wir durch Hoch- und Niederwald. Wir können heimische Tiere wie Rotwild, Wildschweine, Haushühner oder Ziegen streicheln und von ihnen Fotos machen. Die fremdartigen Tiere wie Bisons, vietnamesische Zwerghängebauchschweine und malaysische Kampfhähne beobachten wir hinter den Zäunen. Es ist sehr ruhig und von allen Seiten sind nur Tiere, Wald und Wind zu hören.
Am Nachmittag machen wir eine wunderschöne Fahrradtour ins Münsterland. Zwischendurch legen wir ein paar Pausen ein und machen japanische und deutsche Spiele. Unser Ziel ist das Heuhotel in Hopsten/Schale. Dort heißt uns der Heuhotelbesitzer herzlich willkommen und wir besichtigen seinen Bauernhofladen. Abends essen wir Fleisch und Bratwurst vom Grill und lernen japanisch. Einige japanische Worte sind für uns Zungenbrecher. Die Japaner sprechen Deutsch dafür sehr schön aus.
Spät am Abend machen wir am Heuhotel Lagerfeuer. Wir erzählen Witze und über unsere Länder. Yukie zeigt uns, wie man eine entspannte Massage machen kann. Wir schlafen in Schlafsäcken im Heu, was für viele ein großes Erlebnis ist. In der Nacht ist es kalt und es gibt viele Mücken. Trotzdem haben wir sehr viel Spaß.
20.08. Die Italiener kommen an Am Mittwoch kommen die Italiener zu uns. Nach dem gemeinsamen Mittagessen in CAJ Werkstatt in Westladbergen fahren wir nach Tecklenburg, um einen Rundgang durch die Stadt zu machen. Unsere Führerin erzählt uns spannende Geschichte vom Tecklenburger Land und führt uns bis zu der Alten Sägemühle. Dort grillen wir und lernen uns besser kennen.
21.08.Schritte im japanischen Takt Am Donnerstag machen wir eine ganztätige Kanutour auf der Ems in Rheine und abends gibt es mit allen Gästen einen „Multi-Kulti Abend“. Da stellen sich Italiener und Japaner offiziell mit nationalen Tänzen vor. Es ist nicht unbedingt einfach, einen japanischen Tanz zu lernen. Aber es lohnt sich und wir sind glücklich.
Leider ist eine Teilnehmerin aus Japan, Joshiko, krank geworden und muss ins Krankenhaus. Drei Japanerinnen und ich begleiten sie ins Krankenhaus. Leider muss Joshiko im Krankenhaus übernachten. Sie weint, als wir das Krankenhaus verlassen.
22.08.Essen auf asiatisch und italienisch Am Freitag organisieren wir einen internationalen Tag. Wir teilen uns in verschiedene Gruppen auf. Manche kochen zum Beispiel - ein asiatisches Essen aus Japan und „Pasta la Italiana“. Auf den Tisch stehen schöne Dekoration mit vielen Origami-Figuren und Nationalfahnen.
22.08. bis 24.08. Ein geruhsames Wochenende Das Wochenende verbringt die japanische Gruppe bei den Gastfamilien und die Italiener fahren nach Osnabrück zum „Residenz“ Hotel.
25.08. Auf nach Bremen Um mehr von deutschen Städten zu erfahren, fahren wir nach Bremen. Die Stadtführung dauert ungefähr zwei Stunden. Wir sehen zahlreiche Gebäude, Straßen und Plätze und sehr, sehr viel Kunst. Als wir rund um das prächtige Rathaus gehen, lauschen wir der Geschichte der „Bremer Stadt-Musikanten“. Unsere Gäste machen die Augen zu, denken an einen Wunsch und halten sich an der Bronzeplastik der Stadt-Musikanten fest, damit ihre Wünsche in Erfüllung gehen. Am meisten gefallen uns die engen Gassen, romantischen Cafes und schmalen Giebelhäuser.
Ich gehe noch mit ein paar Japanern zu einem japanischen Restaurant in Bremen. Wir sitzen an so einem niedrigen Tisch mit Kissen und die Japaner zeigen mir, wie man Tee und Kaffee bei ihnen zeremoniell trinkt.
26.08.Tanzen, Steinarbeiten und Malen Die Japaner ziehen sich schön an: Weiße Hemden, schwarze Röcke oder Hosen. Wir gehen zum Rathaus in Westerkappeln, wo uns der Bürgermeister empfängt. Wir werden aber tatsächlich nur von dem Vertreter des Bürgermeisters empfangen. Er begrüßt uns und erzählt die Geschichte von Westerkappeln. Wir freuen uns auf als nächstes auf die Workshops zu den Themen Tanz, Foto, Musik und Steinarbeiten. Auf dem Hof Beckmann sind zurzeit Afrikaner, die Skulpturen aus Stein machen. Hinter dem Hof gibt es einen großen Park, in dem es eine sehr schöne Ausstellung ihrer Arbeiten gibt. Für mich ist es zunächst einmal unvorstellbar, etwas in Stein zu machen. Aber schließlich zeigt mir eine Frau, wie es geht. Diejenigen, die am meisten Geduld haben, machen sehr interessante kleine Skulpturen. Ich erfahre auch die ganze Geschichte der afrikanischen Skulpturen. Beim dritten Workshop tanzen wir. Das gefällt allen Teilnehmern seht gut. Einige sagen: „Ich könnte ab jetzt tanzen und nur tanzen.“
Am Abend gibt es ein großes Fest, zu dem alle Teilnehmer die Ergebnisse der Workshops vorstellen. Wir singen, lachen und machen jede Menge Fotos. Das ist einerseits alles sehr schön, aber andererseits sind wir ein wenig traurig, weil das der „Saajohnara Abend“ ist. Wir nehmen von den lieben japanischen Gästen Abschied. Sie führen uns noch einmal zwei japanische Tänze vor und die Frauen tragen ihre schönen Kimonos.
27.08. Tränen zum Abschied Mit Tränen in den Augen sagen wir den Japanern auf dem Flughafen in Amsterdam „Auf Wiedersehen“. Es ist schwer, sie zu verabschieden.
Zusammen mit den Italienern fahren wir in die wunderschöne Stadt Amsterdam. Was etwas ungewöhnlich für uns ist, sind die sehr vielen Fahrräder überall in der Stadt. Die Straßen von Amsterdam sind voller Leute aus der ganzen Welt. Die Stadt ist einerseits sehr bunt und schön mit verschiedenen Arten von Häusern - als ob sie aus verschiedenen Epochen stammen, aber andererseits sehr chaotisch mit vielen Touristen und Lärm auf den Straßen.
Am Ende haben wir sehr schöne Erinnerungen von diesen zwei unvergesslichen Wochen mit den Japaner und Italiener.