Hristos a inviat! Ostern auf orthodox.
„Hristos a inviat“ - Christus ist auferstanden. „De verat a inviat!“ - Er ist wahrhaft auferstanden. So wird man sich die nächsten Tage nach Ostern begrüßen.
Ostern ist in der Republik Moldau und dem russisch orthodoxen Glauben ein viel wichtigeres und größeres Fest als Weihnachten. Über Ostern sind mich meine Mutter und meine Schwester besuchen gekommen und wir wohnen bei meiner Gastschwester Ana Maria. So hatten wir das Glück die moldauischen Ostertraditionen kennenzulernen.
Als wir am Samstagabend von unserem Ausflug aus Tiraspol zurückkamen, hatte Ana Marias Mutter schon jede Menge Osterkuchen (Cosonac) gebacken, den wir verzieren durften - mit extra viel bunten Streuseln, damit man das Schwarz nicht sieht, da sie die Kuchen ein wenig vergessen hat, weil sie gleichzeitig noch das Osterlamm am vorbereiten war.
Die Ostermesse beginnt eigentlich um 22 Uhr, aber wir wollen erst um 1 Uhr losfahren, weil es kalt draußen ist (und weil 6 Stunden Messe ein wenig lang ist). Wir sitzen zusammen im Wohnzimmer und gucken einen Film. Es ist immer noch erst 23.30 Uhr. Gemütlich bereiten wir einen kleinen Korb mit Cosonac, gefärbten Eiern, Hauswein, Käse und Fleisch vor, den wir mit in die Messe nehmen werden, damit er vom Priester mit Weihwasser gesegnet werden kann.
Nach langem Warten ist es 1 Uhr morgens und wir machen uns auf den Weg zur Kirche. Weil ich sehen möchte, wie viel in der Kathedrale im Zentrum los ist, fahren wir noch einen kleinen Umweg und halten dort kurz an. Vor der Kirche tummeln sich schon einige Menschen mit ihren Körbchen, allerdings war es noch nicht ganz so voll, wie ich es erwartet hatte. Die großen Mengen kommen wohl immer erst kurz vor Schluss, weil die meisten nur gesegnet werden wollen und nicht die komplette Messe besuchen.
Wir bleiben nicht lange im Zentralpark und fahren weiter zu unserer Kirche. Es ist inzwischen 1.30 Uhr.
Jeder von uns bekommt eine Kerze aus Bienenwachs und wir fragen jemanden auf dem Kirchhof, der unsere Kerzen mit seiner Kerze anzündet. So geht das Osterfeuer, das gegen 20.00 Uhr in Chisinau eintraf von einer Kerze zur anderen über. Wir stellen uns mit unserem Körbchen auf den Kirchhof, der hell erleuchtet und vor allem voller Menschen ist. Hinter uns steht ein Kamerateam, das die Messe live überträgt.
Lange - ungefähr zwei Stunden - hört man aus der Kirche und über die Lautsprecher nur Gesang und Gebete in allen möglichen Sprachen. Dieses Jahr ist es zwar nicht ganz so kalt, aber es ist anstrengend und ermüdend um die Uhrzeit und bei ca. 10°C draußen zu stehen. Ab und zu laufen wir ein wenig über den Kirchplatz um uns warm zu halten. Der Kirchplatz füllt sich immer mehr und irgendwann ist er so voll, dass sich die Menschen vor den Toren am Straßenrand mit ihren Osterkörben aufreihen.
Gegen 4.00 Uhr beginnt der Priester mit der Predigt. Dann wissen wir, dass es nicht mehr lange dauert, bis er und die Messdiener durch die Reihen gehen werden und jeden Einzelnen mit Weihwasser segnen und ihnen frohe Ostern wünschen wird.
Neben der Kirche gibt es einen kleinen Raum, in dem sich die versammeln dürfen, die regelmäßig in die Kirche gehen. Hier kommt der Priester als Erstes hin und weiht die Anwesenden und die Osterkörbe, die alle auf einem großen Tisch stehen.
Wir dürfen auch in den Raum und warten auf den Priester, der jeden Moment kommen wird. Außerdem ist ein herrliches Buffet aufgetischt. Es gibt Cosonac, Gemüse, Käse, Weißbrot, Lamm, Hühnchen, Eier. Man kann gar nicht sagen, was am Besten aussieht.
Der Priester kommt freudestrahlend in den Raum gelaufen und stimmt gleich „Hristos a inviat!“ an. Ich kann den Text des Liedes zwar nicht komplett, aber ich singe trotzdem mit, so gut ich kann. Die Stimmung ist unbeschreiblich. Der Priester strahlt eine Fröhlich- und Glückseligkeit aus, die sich auf alle Anwesenden überträgt. Jeder wird persönlich gesegnet, er nimmt sich Zeit und wechselt ein paar Worte mit uns, holt aus einem Schrank ein paar Pozellaneier und überreicht jedem eines, gleichzeitig stimmt er immer wieder „Hristos a inviat!“ an und animiert alle noch lauter zu singen. Er schüttelt jedem die Hand und küsst alle auf die Wangen. Dann lädt er uns zum Essen und zum gemeinsamen Fastenbrechen ein. (Fasten heißt hier 40 Tage lang auf jegliche tierische Produkte zu verzichten. Ich habe mit Ana Maria 2 Wochen lang gefastet, um es auszuprobieren. Vielleicht werde ich nächstes Mal die komplette Fastenzeit auf tierisches verzichten).
Gegen halb fünf machen wir uns auf den Heimweg. Wir haben ca. 500m von der Kirche entfernt geparkt. Die Menschen stehen mit ihren Osterkörbchen und Kerzen noch viel weiter als unser Auto. Das Ende der Schlange kann ich immer noch nicht erkennen.
Als wir an der Menge vorbei nach Hause fahren bin ich von der Stimmung, der Messe und der Tradition beeindruckt und fasziniert. Wir vollkommen übermüdet und ausgekühlt nach Hause - aber in dem Moment bin ich vor allem glücklich.