Hände hoch!
Die ersten Tage in Chisinau
Seit einigen Tagen schon ist unsere WG komplett. Sie besteht aus Alicia (UK), Ruth (UK), Floriane (FRK) und mir. Als ich zum ersten mal mit meinem Gepäck vor dem sowjetischen Plattenbau in einer der geruchsintensivsten Gegenden der Stadt stand, wollte ich es nicht wahr haben, dass das mein zu Hause werden soll. Aber die Wohnung an sich war gar nicht so schlimm und sogar größer, als ich erwartet hatte. Neben vier Wohnzimmern haben wir eine anderthalb Quadratmeter große Toilette, ein Bad ohne Spiegel, eine Küche mit Sowjetgasherd (bei dem nur eine "Herdplatte" funktioniert) und Холодильник. Zwei Supermärkte sind in der Nähe und den großen Markt, auf dem es wirklich alles gibt, erreicht man mit Linie 192. So schlecht ist es gar nicht, denn man hat seine Ruhe, aber was mich stört ist, dass die Mieter über mir den Platz vor meinem Fenster als Müllhalde nutzen, obwohl sie stattdessen den Müllschlucker benutzen könnten. Wie auch immer, bis zu meinem Arbeitsplatz brauche ich ca. 50 min. Ich arbeite im Office von ADVIT, der Organisation, die in Moldawien als Contact Point für alle Voluntäre fungiert. Ich bin froh, dass es in dem Gebäude einen Fahrstuhl gibt, deutsches Fabrikat sogar ^-^
Und bei ADVIT bekomme ich auch alle anderen Voluntäre zu Gesicht. Diese kommen aus UK, Frankreich, Finnland, Estland, Litauen, Spanien, Deutschland, Österreich, Belgien, den Niederlanden und der Slowakei. Geschätzte 90% der Freiwilligen sind weiblich, und ich glaube, diese Schätzung ist realistisch! Genauso bemerkenswert ist, dass wir Deutsche unter den vielen Europäern die jüngsten sind. Wir liegen in den Jahrgängen um 1994 - 1992, bei den anderen geht es schon bei 1986 los!
Wenige Tage nach unserer Ankunft mussten wir den Medical Test absolvieren, Voraussetzung zum Erhalt der Aufenthaltsgenehmigung, die man braucht, wenn man sich hier länger als 90 Tage aufhalten will. Da muss man zunächst ins Krankenhaus und lange lange warten, bis sie zuerst Blut vom Arm und dann vom Finger abnehmen. Danach muss man die Frage beantworten, ob man sich gesundheitlich wohl fühlt. Mich haben sie stattdessen gefragt, wie es Frau Merkel geht. очень хорошо war meine Antwort. Etwas anderes wollten sie auch bestimmt nicht hören. Dann kam der schlimmste Teil. Wir mussten uns oben ohne in ein mitteralterliches Röntgengerät stellen. Lucas (D) und ich überlegten, aus welchem Weltkrieg das Ding wohl noch stammte. Keine Ahnung was das wirklich war, aber ich glaube für die Gesundheit kann es nicht gut gewesen sein.
An einem der ersten Abende sind wir zusammen zum Film schauen gegangen. Der Film (Pina) hat zwar nicht so meinen Geschmack getroffen, aber es war immerhin interessant, Chisinau mal nachts zu erleben. Irgendwann haben uns auch mal zwei andere deutsche Freiwillige besucht. Wir haben vorgeglüht, wobei ich mir den Finger zerschnitten habe. Danach sind wir einen Trinken gegangen. Es gab da ne chice Bar. Der Wodka war gut ^-^
Gestern gabs eine PR-Aktion zum Thema "Youth in Action in Moldova". Mehr oder weniger erfolgreich. Die Fotoausstellung im Anschluss hat mir aber sehr zugesagt. Auf dem Weg dahin im Minibus hat Dorin, mein Mentor erwähnt, dass er etwas auf Deutsch sagen könne. Mit einem eher zwanghaften Lächeln sagte er dann: "Hände hoch!". Ich fragte, woher er ausgerechnet das wisse, und er antwortete: "From Worldwar II. My grandfather told me".
In diesem Moment habe ich mich geschämt. Für alles was passiert ist und für alles, was immernoch passiert -!
Auf der Ausstellung bin ich mit Leuten ins Gespräch gekommen. Es prägt einen, die Dinge von verschiedenen Menschen aus verschiedenen Perspektiven zu erfahren. Nur so kann man sich nämlich wirklich eine Meinung bilden.
Ich glaube, dass ich mich recht gut eingelebt habe und vielleicht werde ich mich bald auch wie zu Hause fühlen.
To be continued...