Griechenland- Krisenland?
Wie es ist, im Land der Krise zu leben.
Gab man vor einiger Zeit bei Google „Griechenland“ ein, wurden einem in erster Linie tausende Reiseangebote und Flüge präsentiert- eines der liebsten Urlaubsländer der Deutschen. Heute sind die ersten Treffer eine Schlagzeile der ZEIT ONLINE „Euroländer erhöhen Druck auf Griechenland“ und der NNZ „Klare Forderungen an Griechenland“ . So wären die Reaktionen meiner Familie und Freunde vor einigen Jahren wohl um einiges weniger besorgt gewesen auf meine Aussage, dass ich für ein halbes Jahr nach Griechenland gehe. Doch wie ist es nun in einem Land zu leben, das sich gerade in einer ohne Frage krisenhaften Situation befindet? Bevor ich herkam hörte ich die schauerlichsten Geschichten von bürgerkriegsähnlichen Straßenschlachten bis zu leeren Supermärkten. Zunächst einmal bis jetzt gab es weder Straßenschlachten noch musste man hungern. Doch an einigen Stellen wird doch deutlich das hier nicht alles ist wie immer. Das erste Mal erkannte ich den Ernst der Lage und das die Menschen hier unzufrieden sind als ich vor einem verschlossenen Metroeingang stand und las „απεργία“- Streik. Doch mal abgesehen davon, viel mir am Anfang eigentlich kaum auf das sich das Land in einer krisenhaften Situation befindet. Man kann normal einkaufen gehen, zum Arzt und essen gehen, shoppen oder den Zug nach Athen nehmen. Doch nach 2 Monaten hier hat man mit einigen Griechen gesprochen und doch bemerkt wie hart das Leben hier geworden ist und wie frustriert die Menschen sind. So erzählte meine Griechisch Lehrerin wie radikal die Löhne gekürzt wurden (eine Lehrerin mit 10 Jahren Berufserfahrung bekommt mittlerweile nur noch 900€ ohne Abzüge!) und das man wegen der hohen Steuerabzüge teilweise kaum davon leben kann. Ein Mann, mit dem ich trampte, musste in seine kleine Heimatstadt zurück ziehen, weil es in Athen keine Arbeit mehr für ihn gab. Alle sagen das Land ist kaputt und an den Mauern kann man überall dasselbe Graffiti lesen „νέα Ελλάδα“- neues Griechenland. Junge Menschen sehen ihre Perspektive meist eher im Ausland. Mein Mentor erzählte mir wie er vor einem Jahr zu seinem Namenstag noch 30 SMS von Freunden und Familie bekam. Dieses Jahr waren es 3. Weil die Menschen radikal sparen müssen. Man merkt also beim zweiten Hinsehen deutlich wie das Land hier einen Wandel vollzieht und es ist schockierend zu hören wie Familien, die vor 2 Jahren noch gut in ihrem Haus gelebt haben jetzt teilweise schauen müssen wo sie Geld für etwas zu essen herbekommen. So kann man vielleicht ein bisschen nachvollziehen das, wenn man sagt man kommt aus Deutschland, meistens ein eher nicht so freundliches Gesicht folgt, da es mit der Politik Merkels in Verbindung gebracht wird, die hier von vielen als Anti-Griechisch aufgefasst wird. Das am meisten schockierende was mir in diesem Zusammenhang jedoch passiert ist, war auf dem Syntagma Platz in Athen, wo mir eine Figur entgegenkam die schwer an den Glöckner von Notre Dame erinnerte allerdings eine Maske vom Gesicht Merkels trug. Ich versuche immer diese ganze Krise zu verstehen, aber kann natürlich nur auf deutsche Zeitungen zurückgreifen und bin auch der Meinung ich weiß zu wenig bzw. ist das alles so wahnsinnig komplex das man es als normaler Bürger kaum begreifen kann um eine wirklich fundierte Meinung abzugeben, aber eines scheinen die Griechen irgendwie nicht zu begreifen, was mich wirklich traurig macht. Deutschland hat Griechenland wahnsinnig viel Geld gegeben und außerdem ist ein einzelner Bürger nicht verantwortlich für die Handlungen seiner Regierung. Aber es zeigt wohl wie verzweifelt die Menschen hier sind, denn man sucht immer einen Sündenbock, wenn es einem nicht gut geht. Es ist eine Situation aus der Griechenland allein nicht mehr herauskommt und man kann nur hoffen das die Politiker schnell handeln und eine sinnvolle Lösung finden, denn ein Land so reich an Architektur, Kunst, Sprache und Literatur ist sollte nicht im Chaos versinken. Und eines positives hat es doch um nicht ganz so negativ zu schließen: streiken die Radiosender hört man nur Musik ohne Werbung und schlechte Nachrichten was wirklich recht angenehm ist ;-)
Quellen: „ Euroländer erhöhen Druck auf Griechenland“, http://www.zeit.de/news/2012-01/23/eu-eurolaender-erhoehen-druck-auf-griechenland-23213202 (abgerufen am 24. Januar 2012)
„Klare Forderungen an Griechenland“, http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft/aktuell/euro_eu_iwf_griechenland_konkurs_reformen_einsparungen_1.14492056.html (abgerufen am 24.Januar 2012)
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