Geld als Druckmittel in der Europäischen Union?
Eine Nachricht sorgte vor kurzem für Aufsehen: Angela Merkel schlägt vor, EU-Fördermittel an bestimmte Bedingungen zu knüpfen - Legitim oder Ungerecht?
Während der Beratungen um das Unionsbudget ab 2021 sorgte zu der Überraschung aller die deutsche Bundeskanzlerin für Aufsehen: Entgegen der Versprechen, dass es bald wieder ein stabiles, zahlungsstarkes Deutschland mit Regierung geben würde, brachte die deutsche Staatschefin eine kontroverse Idee auf: Gelder der Europäischen Union sollten an bestimmte Bestimmungen geknüpft sein, unter anderem die Aufnahme von Geflüchteten. Das sorgte allgemein, aber gerade unter den osteuropäischen Partnerstaaten für Aufruhe: Dieser Vorschlag sei wider jedem gesunden Menschenverstand, er sei unglaubwürdig und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bemühte sich zu versichern, dass er keine Spaltung der Union wünsche. Mir persönlich erschien der Vorschlag zunächst völlig legitim – Warum sollte man die europäischen Gelder nicht auch für europäische Zwecke einsetzten? Schließlich würde es ja auch nur zur Abmahnung von Ländern dienen, welche sich nicht an die gemeinsam, demokratisch beschlossenen Reglungen halten? Oder hört bei Geld die EU-Freundschaft auf? Hier ein persönlicher Kommentar meinerseits mit einem Einblick in einen europäischen Pressespiegel:
Auslöser für die hitzige Diskussion war zunächst die große Frage, wie das europäische Budget ohne den großen Einzahler Großbritannien zukünftig gestaltet werden sollte – Soll es große Einsparungen an einigen Stellen geben oder einfach strenger mit den vorhandenen Geldern umgegangen werden? In diesem Kontext entstand Merkels Vorschlag. Das Einhalten von Rechtsstaatlich soll künftig über die Höhe von Fördergeldern entscheiden – Aber kann man das so einfach umsetzten? Kann man nicht, argumentiert die finnische Zeitung Helsingin Sanomat: EU-Gelder werden nach Beobachtungen des nationalen Finanzhaushalts und Defiziten vergeben, aber wie könnte man rechtsstaatliche Defizite messen? Außerdem würde es nicht zu rechtsstaatlichen Prozessen und Demokratisierung in diesen Ländern beitragen, wenn sie auch noch finanziell abgestraft werden.
Aus Ungarn kommen noch viel kritischere Kommentare: Der Vorschlag sei gegen jeden gesunden Verstand schreibt der Politologe Tamás Lánczi. Das begründet er hauptsächlich darauf, dass das Geld, von dem Merkel spricht, aus dem Kohäsionsfond zur Unterstützung benachteiligter Regionen kommen soll – Was implizieren würde, dass dann genau diese Regionen mehr Geflüchtete aufnehmen sollen, damit sie mehr Gelder bekommen? Von diesem Vorschlag würde nur Deutschland profitieren, und warum sollte man dessen Interessen vor denen Ungarns stellen? Er beendet sein Plädoyer mit der zynischen Bemerkung, man sehe ja, wie gut Deutschland die Flüchtlingskrise bewältigt habe wenn es immer noch keine Bundesregierung gibt, sowieso wäre der ganze Vorschlag damit ja auch nicht demokratisch legitimiert.
In der tschechischen Republik wird die Debatte eher mit Besorgnis wahrgenommen: Sollte es soweit kommen ständen der Regierung in Prag schwere Zeiten bevor, meldet der Sender Český. Und in Italien sieht man in dieser Diskussion um das Budget 2021 erst den Anfang einem noch viel größeren Konflikts, nämlich den zwischen Nord und Süd. Mit dem Brexit wird es zur Notwendigkeit, dass einige nördliche Länder ihre Budgets aufstocken, wozu Deutschland bereit ist, die anderen jedoch eher weniger: Österreich, Dänemark, die Niederlande und Schweden stellen sich absolut dagegen.
Zunächst klingt das Thema so lapidar, als ginge es bloß um ein paar Fördergelder, tatsächlich beginnen hier aber Verhandlungen um Europas Zukunft: Wie wollen wir die Europäische Union gestalten, fordern wir mehr Solidarität und die Einhaltung unserer Prinzipien oder geht es weiterhin eher darum, nationale Entwicklung zu fördern und einen europäischen Standard zu schaffen? Weil dies so große Fragen sind, die vor allem unsere Generation betreffen, sollte es eine viel größere Debatte geben, viel mehr Jugendliche, die sich einmischen! Aber an dieser Stelle zeigt sich leider auch wieder dass die alten Generationen die Politik und die Union auf Jahre hinweg formen werden und wir dann mit den Folgen leben müssen - Wenn wir uns nicht jetzt für unsere Interessen einsetzten ;)
Weiterr Links: https://www.bergedorfer-zeitung.de/incoming/article213536461/Merkel-will-mehr-EU-Budget.html
http://blogs.lse.ac.uk/europpblog/2018/01/20/the-brexit-sized-hole-in-the-future-eu-budget/
http://www.eurotopics.net/de/195113/hoert-beim-geld-die-eu-freundschaft-auf?zitat=195084#zitat195084
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