Gedenken in Oświęcim/Auschwitz
Orangina nimmt mit anderen Freiwilligen an einer Gedenkveranstaltung zur Befreiung von Oświęcim und Auschwitz-Birkenau teil. Dabei trifft sie einige alte Bekannte wieder...
Die letzten Tage waren ziemlich stressig, aber da nun auch schon wieder Freitag (Wochenende!) ist, werde ich doch noch einen neuen Beitrag schreiben!
Am Mittwoch morgen habe ich mit den anderen Freiwilligen des Jüdischen Zentrums und Tomek (meinem Chef) an einer Gedenkveranstaltung zur Befreiung der Stadt Oświęcim und des KZ Auschwitz-Birkenau teilgenommen. Die Reden, die gehalten wurden, waren zum größten Teil auf Polnisch, aber Julia (die nahezu perfekt polnisch spricht) hat mir netterweise übersetzt! Zum Schluss haben verschiedene Delegationen (zum Beispiel Partnerstädte, Schulen und auch wir vom Jüdischen Zentrum) einen Kranz am Denkmal für den Unbekannten Soldaten niedergelegt.
Nach einer Pause zum Aufwärmen ging es dann nachmittags weiter. Alle Freiwilligen aus Oświęcim und Mitarbeiter der Organisationen sind nach Birkenau gefahren um an der Hauptveranstaltung teilzunehmen. Tomek und Ola hatten Karten für das beheizte Zelt, wir Freiwilligen haben die Zeremonie und die Reden draußen auf einem Bildschirm verfolgt.
Ein komischer Anblick bot sich einem dabei schon - auf dem Gelände des ehemaligen Lagers waren plötzlich weiße Zelte mit Teeausschank, Feuerstellen und Dixi-Klos aufgebaut, zudem überall Übertragungswagen der Journalisten, Zäune zum Absperren, Kameras...
Reden gehalten wurden unter anderem von Lech Kaczyński (die dann auch als einzige auf Englisch übersetzt wurde), Benjamin Netanjahu (teils Englisch, teils Hebräisch) und (die wohl bewegendste) von Marian Turski, Holocaust-Überlebender, Historiker und Journalist.
Nach der Zeremonie im Zelt sind dann die Besucher von dort zum Mahnmal gelaufen, wo noch Gebete von Vetretern des Judentums und Christentums gesprochen wurden. Beendet wurde die Veranstaltung mit dem Aufstellen von Kerzen vor dem Mahnmal.
Ich persönlich, und auch andere Freiwillige, mit denen ich nachher gesprochen habe, habe mich allerdings doch eher komisch gefühlt. Durch die Trennung der Veranstaltung in Zelt und den Teil draußen (abgesperrt durch Zäune) hatte man als Besucher nicht wirklich das Gefühl ein Teil des Gedenkens zu sein.
Überraschenderweise habe ich jedoch noch Anne und Jona, zwei Freiwillige von meinem On-Arrival-Training in Warschau getroffen, die gerade an Studienfahrten nach Auschwitz teilnehmen. Und als ich mir in einem der Zelte einen Tee geholt habe, traf ich auch noch Sophie, die ich auf meinem Ausreiseseminar in Deutschland kennen gelernt hatte und die ebenfalls Teilnehmerin der Studienfahrt war. Sie ist Freiwillige in den Masuren, ich hatte also beim besten Willen nicht damit gerechnet sie ausgerechnet hier wiederzutreffen!
Auch am nachfolgenden Tag kamen dann noch deutsche Gruppen ins Jüdische Zentrum, die anlässlich des Jubiläums angereist waren und sich auch über die jüdische Geschichte Oświęcims vor dem Holocaust informieren wollten. Unter anderem dann eben auch die Gruppe von Sophie, sodass ich noch einmal Zeit hatte mich mit ihr zu unterhalten - ein schönes Wiedersehen, jetzt schaffen wir es hoffentlich besser in Kontakt zu bleiben!
Auch die anderen Mitglieder der Gruppe sind zur Zeit, oder waren einmal, Freiwillige in Polen. Es macht bei den Führungen durchs Zentrum, die Synagoge und den Friedhof deutlich mehr Spaß interessierte Gruppen zu führen als zum Beispiel Schulklassen (die ja nicht immer "freiwillig" teilnehmen). Bis jetzt hatte ich jedoch ausschließlich tolle Gruppen und es ist super zu sehen wie manche entweder schon ein Interesse für das Judentum mitbringen oder aber im Laufe der Führung entwickeln.
Gestern nachmittag kam dann auch noch eine weitere Gruppe ins Zentrum - ehemalige Holocaust-Überlebende, die an der Gedenkveranstaltung teilgenommen hatten und zum Beispiel aus Litauen und der Ukraine kamen. Julia hat sie dann auf Polnisch durch das Zentrum geführt. Die deutsche Betreuerin dieser Gruppe fragte mich bei der Ankunft lächelnd: "Bist du auch eine Freiwillige?" Als ich dies bejahte, erzählte sie mir, dass sie vor zwei Jahren im Zentrum für Dialog als Seniorfreiwillige gearbeitet hatte!
Ich bin jedesmal wieder überrascht wie sehr es auch ehemalige Freiwillige immer wieder nach Oświęcim zieht. Zur Zeit ist auch Matthias (ehemaliger Freiwilliger des MDSM) wieder in Oświęcim um an einem Projekt zu arbeiten. Und auch ich bin mir jetzt schon sicher, dass ich wieder zurückkommen werde!
Womit wir auch schon wieder beim Thema Abschied wären...
Am Mittwoch hat Thomas für alle Freiwilligen gekocht und gestern hatten wir dann nochmal ein gemütliches Zusammensitzen im Zentrum, mit allen Mitarbeitern. Heute ist nun sein letzter Arbeitstag (er arbeitet noch eifrig an einer Übersetzung unserer Ausstellung ins Französische) und am Sonntag fliegt er zurück nach Frankreich... Ich will noch gar nicht an meinen eigenen Abschied denken, im Moment gefällt es mir hier einfach zu gut!
Tomek hat bei unserem letzten Meeting angekündigt, dass ein jüdischer Fotograf aus Amerika im Februar nach Oświęcim kommen wird um hier für einige Wochen zu arbeiten.
Ich bin gespannt was die nächste Zeit noch so mit sich bringt!
Ansonsten wird hier immerhin das Wetter wärmer, auch wenn wir schon wieder 20 cm neuen Schnee haben - ich find es immer noch toll!
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