Frost in Lublin V
Aus dem Ausflug nach Breslau wird nichts - deswege geht es für Johannson nach über einem Jahr wieder nach Lublin. Er ist selbst überrascht, wie vertraut ihm noch immer alles ist.
Warschau
Ursprünglich war ein Ausflug nach Breslau geplant. Dann aber wurde die einzige Teilnehmerin krank, die noch nie da war (ausgerechnet die einzige Polin in der Gruppe). Weil wir anderen die Stadt alle schon kannten, haben wir umdisponiert. Felix kam mit seiner Schwester eine Nacht nach Warschau. Wir führten sie zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und tranken viel Kaffee auf dem Neuen Markt, während draußen Schnee zu rieseln begann.
Abends trafen wir Ana. Die ist portugiesische EVS Freiwillige und Felix über zehn Ecken bekannt. Denen zeigte ich meine Lieblingskneipe und sie uns die Wohnung der anderen Freiwilligen, in Praga auf der anderen Flussseite. Das entwickelt sich gerade zum Szeneviertel, was schade ist, weil es ein bisschen ist wie Lodz aber so vermutlich bald von Werbeagenturen unterwandert wird. Noch ist es aber eine willkommene Oase von Atmosphäre, wie wir in einem Klub erlebten, wo Film und dann Musik konsumiert wurde. Wir drei blieben jedoch nicht lange, da es am nächsten Tag nach Lublin ging. Dort war ich im vorletzten Dezember eine Woche bei Eva gewesen, einer ehemaligen Freiwilligen bei Motyka.
Vor der Abfahrt trafen wir noch einmal Ana, die nach fünf Monaten hier erstaunliches Wissen über Warschau hat. Sie zeigte uns die letzte überlebende Strasse des Ghettos. Auch zur nahen Synagoge gingen wir, aber die war am Samstag natürlich für Touristen geschlossen (ich war aber schon drin gewesen).
Lublin
Samstagnachmittag kamen wir in Lublin an. Unglaublich, dass ich seit über einem Jahr nicht mehr da war, es war noch so vertraut. Felix traf wiederum zufällig eine Freiwillige, diesmal eine Italienerin aus Lodz, aus deren Projekt ich bereits einen anderen kannte. Der glücklichen Zufälle kein Ende, die Italienerin trifft ihre Gastgeberin, die vermutete Polin stellt sich als ukrainische EVS Freiwillige in Lublin raus, und sie kommt zu guter letzt aus Lemberg, wo ich zu Ostern hin will.
Lublin ist wieder sehr kalt, aber diesmal bin ich kleidungstechnisch vorbereitet. Wir übernachteten im Gästehaus eines sehr netten alten Paars und trafen ohnehin sehr freundliche Menschen entlang des Weges. Meine Mitreisenden brauchten erstmal gutes Abendessen, sodass an diesem Tag nichts mehr besucht wurde. Was wir machten war ein EVS Kneipenabend mit der Italienerin, zwei Ukrainerinnen und einer Polin, die gerade von ihrem Dienst in Lemberg zurückgekommen ist. Nostalgie, Nostalgie.
Sonntagmorgen begann mit einem langen Frühstück, dann schritten wir endlich zum Besuch der Altstadt. Es ging vom Krakauer Tor die Hauptstrasse lang, zum anderen Tor hinaus zum Schloss, aber nicht in die berühmte Kapelle. Weiter gingen wir zur orthodoxen Kirche, wo wir mit sehr aufgeschlossenen Priestern in ein Gespräch gerieten über orthodoxe Gotteshäuser in Lemberg, Lodz und Stuttgart.
Da wir am Nachmittag bereits wieder fahren würden, gingen wir noch etwas essen in dem alten Eierkuchenrestaurant, welches ich regelmäßig mit meiner damaligen Gastgeberin Eva frequentiert hatte. Zum Abschluss machten wir noch eine auch für mich neue Tour der Gänge unter der Altstadt, gekrönt von einer grandiosen Installation zum Stadtbrand von 1719, in dem die Kreuzreliquie der Benediktiner wundertätig das Feuer löschte… nachdem die gesamte jüdische Vorstadt abgebrannt war. Daher besuchten wir auch noch kurz die immer noch wunderschöne Kathedrale, bevor wir uns wieder zum Bahnhof begaben.
Am 19. 4. bekommen wir im Parlament Verstärkung aus der Ukraine, Litauen und Ungarn. Alle zusammen fahren wir dann am 24. 4. zwecks Integration nach Kazimierz Dolny. Das ist ein pittoresker Ort auf halber Strecke nach Lublin. Die dortigen Ukrainer sind bereits eingeladen.