El Octubre
Neue Bekanntschaften, kulinarische Höhepunkte und mehr...
Hallo meine Lieben,
also in Bezug auf die katalanische Zeitrechnung hätte ich hier noch ein paar klitzekleine Details hinzuzufügen, die mir bei meinen letzten Einträgen noch nicht bekannt waren:
Ein normaler Alltag startet hier ungefähr gegen 9 oder 10 Uhr, was auch der Zeit zum Frühstücken entspricht. Gegen 13 bzw. 14 Uhr gibt es dann frühestens Mittag und zwischen Mittag- und Abendessen um 22 Uhr, isst man gegen 19 oder 20 Uhr vielleicht noch ein paar „Emparedados“. Im Großen und Ganzen demnach alles 2h später als bei uns in Deutschland. Dementsprechend später beginnt hier auch das Feiern.
So trafen wir Freiwilligen uns einmal 22 Uhr bei den anderen in der Wohnung zum gemeinsamen „Vorglühen“, Quatschen und Musik hören. Gegen 24:30 Uhr starteten dann 3 von uns zur Party. Dort angekommen waren wir trotz gähnender Leere zunächst noch zuversichtlich, dass weitere Gäste bald kommen würden. Doch nach 1h warten, wurde uns dann doch klar, dass die Leute hier tatsächlich erst in den frühen Morgenstunden, also zwischen 3-6 Uhr feiern gehen.
Nach diesem Flop, bereiteten wir uns letzten Dienstag besser vor und machten uns, in Erwartung einer Halloween Party im angesagtesten Club der Stadt – dem „Stroika“, erst gegen 22:30 Uhr auf zu den Anderen. Glücklicherweise hatten Marie und Laura bei unserer verzweifelten Suche nach Schminke, doch noch eine kleine Palette mit 6 Farben gefunden, die wir nun in sorgfältiger Pinselführung auf die Gesichter verteilten. Mit schauriger Erscheinung empfingen wir dann auch noch einen weiteren Gast - Joan aus Portugal, den wir auf dem „On-arrival Seminar“ in Coma Ruga (vorletzte Woche) kennenlernten. Bei schwarzem Vodka und türkischem Alkohol, der uns von unserer erst vor kurzem angereisten „Mitfreiwilligen“ Özgyn präsentiert wurde, kamen wir so richtig in Stimmung. Gegen 24:30 Uhr holten uns dann Robert, den wir im Rahmen eines anderen Ereignisses kennengelernt hatten, und sein Freund mit 2 Autos ab. In dessen Wohnung warteten wir noch bis kurz vor 2 Uhr und liefen dann durch die kalte Nacht schnell zum nicht weit entfernten Stroika, um den kostenlosen Eintritt noch als Letzte nutzen zu können. Dröhnende Musik und viele Menschen empfingen uns. Wir hatten also dieses Mal die richtige Zeit getroffen. Voller Begeisterung stürzten wir uns ins Getümmel. Bis 5 Uhr tanzten wir uns die Füße wund. Dann verließ ich mit Robert das Stroika. Er brachte mich netterweise noch nach Hause.
Robert lernte ich übrigens im Rahmen eines Treffens mit den Mitgliedern des Deutschunterrichts einer Sprachschule hier in Manresa kennen. Den Kontakt zur Sprachschule hatte uns Alba vermittelt. Einmal im Monat treffen sich nämlich die zwei Lehrerinnen und einige ihrer Deutschschüler in einem Café oder Ähnlichem und unterhalten sich auf Deutsch. Im Oktober konnten Marie und ich das erste Mal bei einem solchen Treffen dabei sein. Eine der beiden Lehrerinnen (sie lebt schon seit 1995 in Katalonien) holte Marie und mich unweit unserer Wohnung ab. Im „Viena“ trafen wir auch schon auf die ersten Schüler, die übrigens alle mindestens 20 Jahre alt sind. Sie besuchen freiwillig diese Kurse und ihr Deutsch ist wirklich sehr gut. Nachdem wir uns mit Getränken und Essen versorgt hatten, nahmen wir an einer langen Tafel Platz und unterhielten uns bis 23:30 Uhr über Auslandsaufenthalte, Jobs, die aktuelle politische Lage in Katalonien und und und. Mit einigen, wie Robert, tauschten wir auch prompt Nummern aus und knüpften so neue Kontakte hier in Manresa. Eine 70 jährige „Schülerin“ (Carmen) bot uns spontan ihre Hilfe in Bezug auf Spanisch lernen oder wenn wir mal eine Auto brauchen sollten, an. Ihre Telefonnummer erhielten wir auch gleich. Also, wieder einmal ein total herzlicher, freundlicher und offener Empfang von ja eigentlich völlig fremden Menschen. Einfach toll!
Doch diese Gelegenheit, hier neue Leute kennenzulernen, sollte nicht die einzige bleiben, die uns Alba organisiert hatte.
Jeden Freitag nach der Arbeit besuche ich hier eine vierköpfige Familie, die in einem wunderschönen alten Haus, allerdings ohne Hausnummer ;-)), wohnt. An der fehlenden Hausnummer wäre unser erstes Treffen beinahe gescheitert. So schickte mir zwar die Mutter Anna netterweise ein Bild der großen hölzernen Eingangstür, doch das hielt mich nicht davon ab, blindlings und konsequent daran vorbeizulaufen. „Wer lesen oder wenigstens sehen kann, ist eben doch klar im Vorteil!“ Doch nach einigen schweißtreibenden Läufen, die Straße hinauf und hinab meinerseits, lugte dann plötzlich am oberen Ende der Straße ein freundliches Gesicht aus eben jener Tür und empfing mich lachend mit einem „Hello. Is it you, Nicola?“. Damit war die Suche beendet und nach einer kurzen Fahrstuhlfahrt in den oberen Teil des Hauses traf ich auch schon auf den 8 jährigen Oriol und die 11 jährige Celia, die mich mit einer herzlichen Begrüßung - ungefähr auf Hüfthöhe - empfingen. Da die Familie Verwandtschaft in englischsprachigen Ländern besitzt, besteht meine Aufgabe darin, mich mit den Kindern auf Englisch zu unterhalten. Doch wenn den beiden mal eine Vokabel fehlt, nutze ich gleich die Möglichkeit, auch mein Spanisch bzw. Katalan zu üben. Obwohl das „Babysitting“ nur ca. 1h dauert, macht es wirklich unheimlich Spaß, denn die zwei experimentieren gern und versuchen sich an DIY- Videos. So stellten wir beim ersten Mal den von den Geschwistern so heiß geliebten „Slime“ her. Dieser gelang leider nur mir annähernd. Trotz der eher milchigen als braunen Farbe, konnte ich Celia davon überzeugen, mein Werk zu Weiterverwendung zu benutzen, da dies Bestandteil des Geschenkes für eine Freundin werden sollte. Sehr begeistert bewunderte ich später auch ihre selbstgebastelte Popcornbox, in die, nach der hoffentlich erfolgreicheren Herstellung weiteren Slimes, die damit gefüllten Döschen verschenkt werden würden.
Im Gegensatz zu diesem aktiveren Abend erwartete mich dagegen das letzte Mal ein sehr müder Oriol, der freitags meist sehr lang Schule und dann nachmittags sogar noch Sport hat. Auch Celia war etwas geschafft von der Woche und so bereiteten Anna und ich die typisch katalanischen Spezialitäten zu dieser Jahreszeit zu: Süßkartoffeln und Kastanien. Dazu passend zeigte ich ihnen auch gleich einen meiner absoluten Lieblingsfilme „Chestnut – der Held vom Central Park“. Das erste Mal in meinem Leben kostete ich Maronen. Ich muss sagen, sie schmeckten wirklich absolut vorzüglich!
A propos Probieren – Auf kulinarischer Ebene kann man mir hier nicht vorwerfen, ich würde irgendetwas nicht ausprobieren. So habe ich hier auf Arbeit Tintenfischringe und Austern gekostet und muss sagen, hmmmm lecker! Allerdings glaube ich, dass ich mit meiner neu entdeckten Leidenschaft für Meeresfrüchte, zu Hause eher auf zurückhaltende Begeisterung stoßen werde.
Doch immerhin hatte ich auch einmal die Chance, meinen Arbeitskollegen meine Kultur und Traditionen näher zu bringen. Dies geschah eines dienstags beim Lunch. Sandra fragte mich, ob ich bei den Nachmittagsaktivitäten für heute, etwas anderes machen wolle. Sie präsentierte nämlich in dieser Zeit ihren Schützlingen jede Woche per Beamer und Google ein anderes Land und diese Woche, welch Zufall – Deutschland. Begeistert stimmte ich zu und stellte, während unseres Sparziergangs zum Versammlungsraum fest, dass man gar nicht so leicht sagen kann, was typisch deutsch ist. Aber nachdem die Zuhörer mir zu Beginn viele Fragen zur Sprache stellten und einige verzweifelt versuchten das „H“ als Laut auch wirklich zu sprechen, kamen mir lachend immer mehr und mehr Ideen. So reisten wir von Schnitzel mit Kartoffelsalat, Oma’s duftenden Sonntagsbraten, Schwarzwälder Kirschtorte und dunklem Brot zum Schloss Neuschwanstein über die Sächsische Schweiz, das deutsche Bier beim Oktoberfest und landeten schließlich im wunderschönen Dresden.
Dieser kleine Ausflug in die Heimat sollte aber zum Glück noch nicht beendet sein, denn bekanntlicherweise gehört zu allem auch eine kulinarische Note und so bat mich die Betreuerin doch ein typisch deutsches Kuchenrezept vorzuschlagen, dass wir im Laufe der Woche gemeinsam backen würden. Ich nickte begeistert, doch realisierte kurze Zeit später meine Unwissenheit über ein „Typisch deutsches Kuchenrezept“. Zum Glück gibt es ja „What‘s App“ und ich fragte fix meine vertraute Beraterin, auch bekannt unter „Mama“. Schnell bekam ich auch eine Rückmeldung und konnte daraufhin einen leckeren Quarkkuchen mit Mandarinen vorschlagen.
Nun…denkt man sich natürlich nichts dabei, wenn man so einen Vorschlag bringt, geht man doch davon aus, dass man die Zutaten so kaufen kann, wie man es von zu Hause kennt. Doch da standen wir oder besser ich, dann doch ziemlich ratlos da. Unsere kleine Gruppe von ca. 10 Personen „enterten“ den weit und breit größten Supermarkt. Mit jeder Menge Fragezeichen in unseren Gesichtern standen suchend in der Milch- und Käseabteilung. In diesem Land gibt es einfach keinen Quark!! Ich war wirklich so perplex über diese Tatsache, dass ich mangels Kenntnis einer Alternative, wieder einmal meine vertraute Beraterin kontaktierte, die mir mit ähnlicher Verwunderung Ricotta empfahl. Nachdem sich das Grießproblem, welches ich hier nicht weiter ausführen will, zum Glück auch geklärt hatte, waren unsere Zutaten endlich alle da und standen für die Zubereitung bereit.
Doch auch diese stellte mich dann vor ungeahnte Herausforderungen, als mich am nächsten Tag ein Stabmixer zur Herstellung des Teiges hämisch angrinste. Und nun versucht mal zu erklären, dass ihr gern einen stinknormalen Handmixer hättet! Naja, sie hatten jedenfalls keinen. Und so war mir dann doch etwas mulmig im Bauch, als wir die ohnehin schon eher flüssig als feste Masse, die nun auch noch auf das steif geschlagene Eiweiß (Stabmixer!!) verzichten musste, in den Ofen schoben.
Umso glücklicher war ich dann, als mich die nächsten Tage die Nachricht erreichte, dass der Kuchen: 1. Sehr gut aussah und 2. Auch vorzüglich geschmeckt hat. Ihr könnt euch meine Erleichterung sicherlich gut vorstellen. So hatte auch wieder einmal eine neue Lektion gelernt, von denen es hier wirklich reichlich gibt.
Man muss sich eben manchmal mit den Dingen arrangieren die man hat, wissen wen man fragen muss, wenn man selbst keine Lösung weiß und akzeptieren, dass es oft ganz unterschiedliche Wege gibt, um eine Sache ans Ziel zu bringen.
Mein Lied dieser Zeit:
Wie ein schützender Engel -
Freiwild