Ein Stück litauischer Freiheit
Litauen, ehemals Mitglied der UdSSR, wollte Unabhängigkeit. Doch diese kostete Menschenleben. Der 25. Jahrestag des Vilniusser Blutsonntags.
Die Geschichte Litauens ist vielen unbekannt. Weder die älteren Epochen (Litauen war das größte Reich in Europa im 14./15. Jahrhundert) noch die neueren sind besonders relevant für weltpolitisches Geschehen. Die wahrscheinlich größte Ausnahme ist die Unabhängigkeitserklärung des kleinen Landes an die UdSSR im März 1990 – Litauen war das erste Land, das diesen Schritt wagte. Was nicht ohne Folgen blieb.
Denn die UdSSR stellte Litauen ein Ultimatum in die Union zurückzukehren. Als die politische Spitze, allen voran Vytautas Landsbergis, Litauens nicht nachgab, verhängte der Kreml eine Wirtschaftsblockade über Litauen. Nachdem Vytautas Landsbergis am 10. Januar 1991 erklärte dem Druck der Sowjetunion nicht nachzugeben, setzte diese zum Gegenschlag aus.
Am nächsten Tag übernahmen russische Truppen die Abwehranlagen Litauens in allen Städten. Wichtige neuralgischen Punkte wurden besetzt. Zivilisten begannen ebenjene mit Menschenketten zu umschließen. Am 13. Januar 1991 um ein Uhr nachts versuchten sowjetische Soldaten den Fernsehturm in Vilnius zu besetzten. Zivilisten versperrten den Panzern den Weg. Die sowjetischen Soldaten schossen auf die Menschenmenge und überrollten die Menschenkette. Dabei starben 14 Litauer und ein sowjetischer Soldat. Mehrere Hundert Zivilisten wurden verletzt und die Truppen der UdSSR stoppten die Ausstrahlung des litauischen Fernsehens.
Nach diesen Ereignissen versammelten sich viele litauische Demonstranten rund um das Parlament, das sie versuchten mit Zäunen unerreichbar für Panzer zu machen. In der folgenden Nacht versammelten sich bis zu 50.000 Litauer rund um das Parlament, die beteten, sangen und ihre Unabhängigkeit skandierten. Die Regierung Litauens, verschanzt im Parlament, gab in einer Mitteilung bekannt immer noch zur Unabhängigkeit zu stehen und eine Exil-Regierung zu bilden, sollte die Situation sich verschlimmern. In einem kleinen Fernsehstudio in der ehemaligen Hauptstadt Kaunas sendeten multilinguale Freiwillige Nachrichten in die ganze Welt mit der Botschaft, der litauischen Bevölkerung beizustehen.
Die internationale Aufmerksamkeit und Proteste in benachbarten Ländern zwangen die Sowjettruppen nicht anzugreifen und den Putschversuch zu beenden. Das Resümee der Besetzung sind 15 Tote und nahezu 1000 Verletzte. Der Fernsehturm blieb in Händen der Sowjets. In Litauen wurde am 9. Februar desselben Jahren ein Referendum abgehalten, in dem 90,5 % für die Unabhängigkeit stimmten. Das isländische Parlament war das erste, und zunächst einzige, das diese anerkannte. Erst nach dem viele Staaten das endgültige Ende der UdSSR sahen, erkannten sie Litauen als unabhängiger Staat an.
Zum 25. Jahrestag des „Vilniusser Blutsonntages“ wurden Mahnwachen in ganz Litauen abgehalten. Das Lied „Laisvė“ (Freiheit) ist die inoffizielle Hymne der Unabhängigkeit und erinnert die Bevölkerung noch heute an den Preis ihrer Unabhängigkeit.
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