Die tschechische Namensproblematik
Wie heißt es denn nun? „Tschechien“, „Tschechei“, oder gar „Tschechische Republik“? Und wie konnte es erst so weit kommen? Ein gewisses Überangebot an Landesnamen ist ja nicht von der Hand zu weisen.
Zunächst meine Alltagserfahrung: Je nach Alter bekomme ich verschiedene Namen zu hören. Bei der älteren Generation wird fast ausschließlich von der „Tschechei“ geredet. Für manche Ohren mag das archaisch klingen, doch die Endung „-ei“ war früher üblich und wurde für Länder verwendet, die in einer abgeschlossenen Landschaft liegen. Wer sich Tschechien auf einer Landkarte anschaut, wird auch schnell die kranzähnliche Form sehen. Zudem wir immer noch „Slowakei“ und „Türkei“ sagen und keiner die Nase rümpft.
Was schreibt denn Die Welt dazu? Nur „Ewiggestrige“ und „Provokateure“ würden heute noch diesen Namen verwenden. Der Begriff sei bei den Nationalsozialisten beliebt gewesen, schreibt die Zeitung. Gehen wir der Sache mal genauer nach. Warum ist „Tschechei“ falsch? Die Internetseite czech-tourist.de schreibt: „Die negative Konnotation des Begriffs “Tschechei“ kommt von der Verwendung dieser Bezeichnung im NS-Sprachgebrauch. Nach dem Münchner Abkommen und der Abtretung des tschechoslowakischen Sudetenlandes wurden die verbliebenen tschechischen Gebiete vom NS-Regime als ‚Rest-Tschechei ‘ bezeichnet. 1939 wurden diese Gebiete besetzt und ins Deutsche Reich als “Protektorat Böhmen und Mähren“ einbezogen. Der Begriff wird also wegen der Verwendung in der NS-Propaganda als negativ vorbelastet empfunden.“ (www.czech-tourist.de, Zum Begriff “Tschechei“: Problematik und Sprachgebrauch“)
Seit der Bildung der Tschechoslowakei gibt es das Wort „Tschechei“. In den 1930er Jahren wurde die Bezeichnung dann immer öfter benutzt. Der heute meistverbreitetste Begriff „Tschechien“, geriet dagegen in Vergessenheit. Am 01.01.1993 teilte sich die Tschechoslowakei wieder, sodass (wieder) ein deutscher Name gefunden werden musste für diesen neuen Staat. Von einer staatlichen Kommission aus Deutschland kam damals der Vorschlag, man solle doch bitte „Tschechien“ sagen. Deutschsprachige Sprachwissenschaftler klatschten Beifall. Laut Wikipedia sei in deutschen Nachschlagewerken seit 1992 ausschließlich die mögliche Kurzform „Tschechien“ und nicht mehr „Tschechei“, zu finden.
Das Auswärtige Amt schreibt kühl: „Ländername: Tschechische Republik (Česká republika)“, als sei es ein Faktum. Der Duden ist diplomatischer. Er listet „Tschechien“ als gültiges Kurzwort für die Tschechische Republik. Das Amt mahnt allerdings, indem es anmerkt, dass die Bezeichnung „Tschechien“ nur im nichtamtlichen Gebrauch erlaubt sei. Warum das? Nun, die Tschechische Republik hatte es lange versäumt, eine offizielle Kurzform beim Kartographischen Dienst der UNO eintragen zu lassen. Doch es ist Besserung in Sicht: am 14.04.2016 wurde ein Entwurf zur Namensänderung erarbeitet, am zweiten Mai hat er das Kabinett passiert und eingetragen ins Register der UNO wurde die Kurzform für die Tschechische Republik am 05.07.2016. Man “darf“ also nun ganz offiziell „Tschechien“ sagen, wenn man denn möchte.
Wichtig wäre jedoch noch zu wissen, wie es die Tschechen selbst handhaben wenn sie Deutsch sprechen. Da ich an einer Schule arbeite, erfuhr ich aus erster Hand, was man denn nun sagt. Gut aufgepasst! *Trommelwirbel*: TSCHECHIEN, man sagt Tschechien. Selbst das bereitet den Schülern bereits Rechtschreibschwierigkeiten, weshalb ich es jede Stunde aufs Neue an die Tafel pinseln darf. Was ich nicht alles zu lesen bekomme: Tchechien, Czechien oder Tsechien. Man stelle sich vor, wie das dann erst bei „Tschechische Republik“ wäre.
Die Mehrheit der Deutschen sagt „Tschechien“, der Duden erlaubt es und nicht zuletzt ist es die bevorzugte Bezeichnung der Tschechen selbst. Ich denke, dass uns allen geholfen ist, dieses sechssilbige Buchstabenmonster endlich hinter uns zu lassen.
Quellen:
https://www.welt.de/debatte/kolumnen/wortgefecht/article1829661/Warum-Tschechen-die-Tschechei-ablehnen.html
http://www.czech-tourist.de/tschechei.htm