Die erste Woche in "meiner" neuen Stadt
Eine kurze erste Woche, das erste Mal arbeiten und eine Lektion fürs' Leben.
Jaja, Ich weiß ja schon. Jetzt bin Ich schon seit fast genau zwei Monaten hier und habe es jetzt erst geschafft meinen Blogeintrag den Ich im September geschrieben hab hochzuladen…aaaber, dafür gibt es auch ziemlich gute Gründe!
Ich werde versuchen in den naechtsen Tagen die letzten Wochen aufzuholen und hoffe, dass ihr mich am Ende verstehen und mir verzeihen könnt, dass am Anfang so lange Funkstille war ;)
Nun zu erst mal zu dem was meine Organisation macht:
Meine Organisation heißt Compagnons Batisseurs und ist in den großen Städten in ganz Frankreich vertreten. Das Ziel meiner Organisation ist es den Menschen aus benachteiligten sozialen Schichten die Fähigkeiten und das Wissen weiterzugeben, dass gebraucht wird um eigene Projekte im Bereich des Heimwerkens zu verwirklichen.
Unsere Aufgaben bestehen daraus mit Rat und Tat an der Seite der Anwohner in der Umgebung unseres Ateliers zu stehen. Präzise bedeutet das, dass Wir teils Projekte mit ihnen bei ihnen zu Hause verwirklichen, sie beim Kauf und der Finanzierung unterstützen, die nötigen Werkzeuge leihen, oder sie schlichtweg beraten, entweder persönlich, oder bei einer unserer "Animation" in unserem Atelier.
Die Wohnungen in denen Wir intervenieren sind auch bekannt als HLMs (Habitation à loyer modéré), im Grunde Sozialwohnungen für einkommensschwache Haushalte. Die Compagnons Batisseurs Ile de France haben mehrere Ateliers in verschiedenen Pariser Banlieues, auch bekannt als die "Quatre-vingt-treize (93)". Das Atelier in dem Ich arbeite befindet sich in L'Ile Saint Denis. Richtig! Ich arbeite auf einer Insel die in der Seine liegt, ähnlich wie die L'Ile de la Cité im Zentrum von Paris nur das diese Insel außerhalb von Paris liegt.
Gleich am Tag nach meiner Ankunft ging es dann nämlich auch schon direkt los. Am Freitag besuchten wir, Zsuzsanna, Albane und Ich das Atelier in L'Ile Saint Denis, meinem neuen Arbeitsplatz. Am Tag darauf war auch schon gleich ein Stadtfest in Ile Saint Denis, wo auch unsere Organisation anwesend war. Das konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen!
Da es aber September war und daher auch 'Mois de rentrée' war gleich am darauffolgenden Tag ein Stadtfest in Clichy-sous-Bois angesagt, dem Pariser Banlieue, das 2005 nationale und internationale Aufmerksamkeit weckte und in dem Zsuzsi ab Montag arbeiten würde. Auch hier hatte unsere Organisation einen Stand, an dem Wir einen sehr netten Ex-Voluntaire kennen lernten mit dem Wir Uns sehr gut und ausgiebig unterhielten.
So ging auch schon die erste halbe Woche zu Ende.
Mein erster Arbeitstag fing gemütlich an. Géraldine, die französische Freiwillige und meine neue Kollegin war ausnahmsweise nicht da, also ging Ich zu zweit mit Salah Einkäufe für Unsere nächste "Baustelle" besorgen. Das coolste an dem Tag war wahrscheinlich der mit dem Auto befahrbare Baumarkt! Aber auch wenn sich das nun öde anhören muss, ich war froh darüber mich nicht gleich ins Arbeitsleben stürzen zu müssen!
Den Rest der Woche verbrachten wir damit bei einer jungen Familie mit Hilfe des Ehemannes, Monsieur F., Regale in einer Abstellkammer zu installieren, damit diese in Zukunft als ein riesen Kleiderschrank für die Familie funktionieren konnte.
Meine erste Baustelle beinhaltete auch gleich mal eine sehr wichtige Lektion des Lebens : Urteile nicht über andere auf Grund äußerer Umstände!
Das mag sich nun abgedroschen anhören, aber besonders im Hinblick auf den momentanen Flüchtlingsstrom und dem was für Stereotypen umhergehen ist es doch sehr wichtig dies nicht aus den Augen zu verlieren.
Nun aber zu der Lektion : Da war Ich also in der Wohnung dieser jungen Familie mit meinem Kollegen, Salah und dem Ehemann der Familie und verputzte schweigend die Wände vor mich her, während die beiden angeregte Gespräche führten von denen ich nicht unbedingt viel mitbekam. Da meinem Kollegen aber einfiel, dass er etwas vergessen hatte machte er sich auf den Weg ins Atelier und ließ mich mit Monsieur F. alleine. Ich war etwas verunsichert, da ich nicht genau wusste, ob ich meine Arbeit richtig machte und insbesondere was ich mit dem Herrn reden sollte und dazu noch auf französich! Also arbeiteten wir schweigend vor uns hin, bis er irgendwann ein Gespräch mit mir anfing, dass sich als mehr als überraschend herausstellte. Denn M. F ist nicht nur einer der größten Deutschlandfans die ich je kennen gelernt habe, sondern spricht auch Deutsch, Italienisch, Englisch, hat an der Elfenbeinküste Französisch und Philosophie studiert und ist zu dem Feminist. Und damit das genaue Gegenteil der Klischee einer Person die in den französischen Banlieues wohnt.
Was machte ich also die nächste halbe Stunde? Ich redete auf französisch über deutsche Philosophen!
Ich muss wohl kaum erwähnen, dass ich eine super Zeit hatte und die Arbeit nebenher wie von selbst ging.
Auch wenn mir schmerzlich bewusst ist, dass Personen wie Monsieur F. eine Minderheit der Einwohner der HLMs darstellt ist es ein schönes Gefühl zu wissen, dass auch diese Klischees keine Daseinsberechtigung haben.