„Die Dinge, die funktionieren sollen, funktionieren auch.“
Anne hat ihren fünfmonatigen Freiwilligendienst bei einem EuroClub in Vladimir, Russland verbracht. Sie war die erste Freiwillige dort.
Name: Anne
Alter: 21 Jahre
Wohnort: Jena
EFD-Land: Russland
Dauer: 5 Monate
Anne hat ihren fünfmonatigen Freiwilligendienst bei einem EuroClub in Vladimir, Russland verbracht. Sie war die erste Freiwillige dort.
Seit wann bist du wieder in Deutschland?
Ich bin vor vier Monaten zurückgekommen.
Was hast du vor deinem EFD gemacht?
Ich war in der Schule und habe nach meinem Realschulabschluss Abitur gemacht. Schon während der Schulzeit habe ich am Jugendaustausch mit Vladimir teilgenommen.
Wie bist du auf den EFD gekommen?
Es gibt eine Städtepartnerschaft zwischen Jena und Vladimir. Im Jahr 2006 war ich zum ersten Mal mit einer Jugendgruppe dort. In den drei darauf folgenden Jahren habe ich den Jugendaustausch zwischen Russland und Deutschland immer wieder mitgestaltet. Ich wurde dann von einer Entsendeorganisation gefragt, ob ich nicht Lust hätte, den EFD in Vladimir mit aufzubauen. Dort gab es den Freiwilligendienst bisher noch nicht. Nach längerem Überlegen habe ich zugestimmt.
Was war das für ein Projekt?
Ich habe in einem Jugendzentrum namens EuroClub gearbeitet. Meine Aufgabe bestand darin, Deutsch zu unterrichten und einen Wettbewerb zu organisieren. Zusammen mit den Jugendlichen haben wir auch ein riesiges Europa-Bild an die Wand gemalt. Wir waren ebenfalls in Schulen unterwegs und haben über Deutschland und die Städtepartnerschaft erzählt.
Hattest du Sprachprobleme?
Ich bin sehr optimistisch nach Russland gefahren. Ich hatte elf Jahre Russisch in der Schule und habe mir gedacht, dass ich mich schon irgendwie verständigen werde. Das hat aber bei weitem nicht gereicht. Deshalb habe ich an der Universität freiwillig einen Sprachkurs begonnen und hatte jeden Tag vier Stunden Russischunterricht. Innerhalb von zwei Monaten konnte ich mich dann auf Russisch unterhalten.
Wo hast du gewohnt?
Ich habe zusammen mit einer anderen deutschen Freiwilligen gewohnt. Wir sind zwei Mal umgezogen, haben zusammen mit Russen oder im Studentenwohnheim gelebt.
Hattest du einen Kulturschock?
Nein, eher nicht. Die größte Hürde am Anfang war wirklich die Sprache. Ich musste mich immer darauf verlassen, dass jemand für mich übersetzt und dass diese Übersetzung auch stimmt.
Hast du schnell Anschluss gefunden?
In Vladimir selbst haben wir die ersten paar Monate gar keinen Anschluss gefunden. Wir hatten durch das Projekt zwar mit Jugendlichen zu tun, diese waren aber noch sehr jung. Als wir dann im Studentenwohnheim gelebt haben, sind wir schnell in Kontakt mit anderen gekommen. Dort war es relativ einfach, nette Menschen kennenzulernen.
Gab es Tiefschläge?
Zwischendurch musste ich nach Deutschland zurückkehren, weil mein Visum erneuert werden sollte. Davor hatte ich schon überlegt, abzubrechen und nicht mehr nach Russland zurückzukehren. In meinem Projekt lief leider nicht alles so, wie es sollte. Wir hatten nur sehr wenig zu tun. Unser Deutschkurs war nicht gut besucht und es kamen ständig neue Leute, sodass wir immer wieder von vorne beginnen mussten. Durch die Pause in Deutschland und die damit verbundene Reflexion der letzten Monate habe ich aber wieder neuen Mut gefasst. Ich habe mich dann doch entschlossen, weiter zu machen und wieder nach Russland zurückzukehren.
Wie ging es dann weiter?
Mit meinem Projekt war ich leider immer noch nicht zufrieden aber ich habe durch das Studentenwohnheim Anschluss gefunden und viel Russisch gelernt.
Wie hattest du dir den EFD vorgestellt?
Ich habe ehrlich gesagt vorher gar nichts erwartet, weil mir ja klar war, dass ich die erste Freiwillige dort sein würde. Ich hatte also schon damit gerechnet, dass nicht alles perfekt laufen wird.
Wie hast du dich bei der Abreise nach Deutschland gefühlt?
Ich war schon traurig. Meine Mitfreiwillige und ich haben uns sehr intensiv kennengelernt. Im Nachhinein wäre ich gerne noch länger geblieben, um mehr verändern zu können.
Hast du dich durch den EFD verändert?
Ich sehe seitdem vieles gelassener. Ich habe gelernt, dass es immer irgendwie weitergeht, man sollte sich nicht verrückt machen, wenn mal etwas nicht klappt. Die Dinge, die funktionieren sollen, funktionieren auch. Man sollte nicht so krampfhaft an allem festhalten, sondern das Leben auf sich zukommen lassen.
Würdest du wieder an einem Freiwilligendienst teilnehmen?
Ja, aber nicht mehr im sozialen Bereich. Mir hat ehrlich gesagt die politische Ausrichtung in meinem Projekt gefehlt. Ich würde in Zukunft zum Beispiel lieber an Gedenkstätten wie Buchenwald oder Auschwitz arbeiten.
Was würdest du denen raten, die jetzt einen Freiwilligendienst planen?
Man sollte nicht zu hohe Erwartungen und sehr viel Geduld mitbringen.
Was hast du als nächstes vor?
Ich werde Literatur und Geschichte in Erfurt studieren, das stand schon länger fest. Durch den EFD wurde mir außerdem klar, dass ich in Jena bleiben möchte.
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