Die anderen Sprachen Europas
Wieviele Sprachen gibt es in Europa? Wieviele kennen wir? Und welche von ihnen sind gefährdet und gehen vielleicht bald verloren?
Der Kontinent Europa erstreckt sich geographisch von der Landmasse am Atlantischen Ozean bis zu dem Ural und Kaukasus, dem Kaspischem Meer und Schwarzem Meer, welche ihn von Asien trennen. Es gibt ungefähr 50 europäische Staaten. Mit einigen Ausnahmen kann man allgemein sagen, dass fast jedes einzelne Land seine eigene offizielle Landessprache hat und ihre Grenzen dadurch definiert sind. Doch es werden mehr als 90 Sprachen und 200 Dialekte in Europa gesprochen und seit den Migrationswellen seit 1945 gelangen auch nicht-europäische Sprachen nach Europa.
Die meist gesprochenen Sprachen (als Mutter- und Zweitsprache) sind nach Reihenfolge: Englisch, Deutsch, Russisch, Französisch und Italienisch. Die meisten Sprachen in Europa gehören zu der Indogermanischen Sprachfamilie, darunter zählt Slawisch, Germanisch und Romanisch. Katalanisch und Okzitanisch sind mit mehr als 6 Millionen Sprechern zwei der meistgesprochenen staatenlosen Sprachen.
Ich wende mich hier einigen Minderheitensprachen in Europa zu:
Jiddisch
Wird auch Jüdisch-Deutsch genannt und ist eine Germanische Sprache und die historische Sprache der Aschkenasischen Juden. Sie entstand im neunten Jahrhundert in Zentraleuropa in der wachsenden, aschkenasischen Gemeinschaft, die die Umgangssprache Hochdeutsch mit Elementen aus dem Hebräischen, Aramäischen, Slawischem und Turksprachen verwendeten. Das moderne Jiddisch hat zwei Hauptformen, von welcher Ostjiddisch hauptsächlich verbreitet ist. Es ist die erste Sprache der Haredischen Juden, Chassidischen Juden und Litauischen Juden. Vor dem Holocaust gab es ungefähr 11-13 Millionen Muttersprachler in Jiddisch. Heute liegt die Zahl zwischen 600,000- 1 Million. Jiddisch kennt man auch unter der jiddischen Küche und jiddischen Musik: Klezmer.
Dana, Dana: https://www.youtube.com/watch?v=nrERf0RwnrQ
Mokscha und Ersjanisch
Die beiden Sprachen sind neben Russisch, die Amtssprachen in der Region Mordwinien in Russland. Beide gehören zu der Uralischen Sprachfamilie und sprachlich verwandt, haben jedoch andere Phonologien, Morphologie und Vokabular. Mokscha wird von 2000 Muttersprachlern gesprochen, während Ersjanisch mehr als 36000 Muttersprachler hat. Ersjanisch wird ebenfalls in anderen Regionen in Russland wie Nizhny Novgorod, Tschuwaschien u.a. gesprochen. Eine Diaspora findet man ebenfalls in Armenien, Estland und Kasachstan.
Вай луга, луга: https://www.youtube.com/watch?v=0L3m057s47U
Plautdietsch
Auch als ‘Mennonitenniederdeutsch’ bekannt, ist Plautdietsch die Sprache der Russlandmennoniten, welches sich im 16. Und 17. Jahrhundert in Preußen, im heutigen Weichseldelta in Polen entwickelte. Plautdietsche Muttersprachler sind Nachfahren von den Mennoniten, die aus dem heutigen Niederlande und Belgien flohen. Der Dialekt ist ein Mix zwischen niederländischen, westfriesischen, niedersächsischen und ostniederdeutschen Dialekten, welches die Mennoniten von 1789 südwestlich nach Russland brachten. Von dort bildete es sich weiter und emigrierte später nach Nordamerika und Lateinamerika. Heute gibt es ungefähr 400,000 plautdietsche Sprecher, vor allem in Bolivien, Paraguay, Mexiko, Deutschland, Vereinigten Staaten, Kanada und Kasachstan.
Vieda Falang: https://www.youtube.com/watch?v=CEqlLBhyoX4
Romani
Zu Romani zählen verschiedene Sprachen, die in der Roma-Gemeinschaft gesprochen wird. Zwischen den verschiedenen Sprachen besteht oft ein großer Unterschied. Romani ist eine indoarische Sprache, und die einzige neu-indoarische Sprache, die außerhalb von Indien existiert. Der Linguist J.C.C. Rüdiger veröffentlichte ein Buch namens ‘Von der Sprache und Herkunft der Zigeuner aus Indien (1782)’ und zeigte, dass die Sprache Romani aus dem Sanskrit kommt. Heute wird Romani nur von kleinen Gruppen in 42 europäischen Staaten gesprochen. Die Romani sind traditionell eine umherziehende, zerstreute Volksgruppe. Die meisten leben in Zentral-, Ost- und Südeuropa.
Ando Drom - Keren chave: https://www.youtube.com/watch?v=IbSUE4O_rR8
Samische Sprachen
Die samischen Sprachen gehören zu den Uralischen Sprachen, welches von dem Volk der Samen gesprochen wird, in den nördlichen Teilen von Finnland, Schweden, Norwegen, und im Nordwesten Russlands. Es gibt ungefähr 10 samische Sprachen, welche nicht immer gegenseitig verständlich sind. Die nordsamische Sprache ist mit etwa 15000-25000 Muttersprachlern die am meisten verbreitete samische Sprache.
Five Sami Joik Songs from Karasjok, Norway (1954): https://www.youtube.com/watch?v=2_gnoljjBW8
Walisisch (Cymraeg)
Walisisch gehört, neben Bretonisch und Kornisch, zu der britannischen Untergruppe in der keltischen Sprache. Es ist die offizielle Landessprache in Wales, wo es von ungefähr 24% der Einwohner gesprochen und verstanden wird. Walisisch wird in Wales, im Vereinigten Königreich und in der Provinz Chubut in Argentinien gesprochen. Die Sprache entwickelte sich von dem ‘Common Brittonic’, von den keltischen Briten während der Bronze- und Eisenzeit.
Dacw 'Nghariad: https://www.youtube.com/watch?v=Nrkgdj0bVAo
Zyprisches Arabisch
Als eine gefährdete Minderheitensprache in Zypern anerkannt, ist Zyprisches Arabisch ein Dialekt von Maroniten, welche aus Syrien und Libanon im 9. Und 10. Jahrhundert nach Zypern kamen. Diese lebten vor allem in einem zyprischen Dorf namens Kormakitis, bis zur Türkischen Invasion in Zypern in 1974, als die Mehrheit der Maroniten in den Süden zogen und damit zu einem Abnahme des Sprachgebrauchs führten. Der Dialekt ist mittlerweile trotz europäischen und staatlichen Maßnahmen vom Aussterben bedroht, und die Zahl der Sprecher schwankt zwischen 130 bis 1400. Interessant ist, dass Zyprisches Arabisch nur gesprochen, nicht geschrieben, wird.
Ya Lubnan: https://www.youtube.com/watch?v=Ea2NfvK1IAU
Viele der heutigen Minderheitensprachen werden von Gruppen von Menschen gesprochen, die entweder in der Vergangenheit, oder bis heute noch, politisch verfolgt und diskriminiert werden. Seit 1992 existiert die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen, welche die verschiedenen Sprachen schützt und fördert. Ihre Ziele sind u.a. der Sprachgebrauch von Minderheitensprachen in öffentlichen Bereichen, in der Bildung, Justiz, Verwaltung, Medien, Kultur, im sozialen und wirtschaftlichen Bereich und in der grenzüberschreitende Kooperation zwischen Nachbarländern. Die kritische Grenzwert für das Überleben einer Sprache liegt bei ungefähr 300,000 Sprechern. Damit sind fast 80% der europäischen Minderheitensprachen gefährdet. Mit deren Verlust verschwindet auch eine einzigartige Kultur. Mehrsprachigkeit und Multikulturalismus helfen uns, Verständnis, Akzeptanz und Offenheit fuer andere Meinungen, Gebräuche und Sichtweisen zu entwickeln.
Fakten über Sprachen in Europa:
http://language-diversity.eu
Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen:
https://www.coe.int/en/web/european-charter-regional-or-minority-languages
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