Diada – Der katalonische Nationalfeiertag
Der Versuch zu verstehen, was hinter der Bewegung steckt und ob dieser Konflikt jemals gelöst werden kann…
Auch wenn die Diada, der katalonische Nationalfeiertag, mittlerweile bereits fast eine Woche in der Vergangenheit liegt, ist es trotzdem lohnenswert, sich mit ihm zu befassen.
Die Geschichte des Nationalfeiertags
Ganz Katalonien gerät an diesem Tag außer Rand und Band. Primär fordern die Katalanen die Freilassung politischer Gefangener, die Rückkehr der im Exil lebenden katalanischen Politiker und die Anerkennung der katalanischen Republik. Erinnern soll der Diada zudem an die Niederlage, die Katalonien am 11. September 1714 erfahren musste. Damals eroberte Felipe V., der damalige König von Spanien, Barcelona. Katalonien unterwarf sich ihm. Der Schmerz scheint tief zu sitzen. Und der Wunsch nach Unabhängigkeit umso größer. Darum ist der 11. September ein Feiertag, der nur in Katalonien, nicht aber im Rest Spaniens bestritten wird. Nach dem Spanischen Bürgerkrieg 1939 wurden unter Franco Zusammenkünfte die Diada betreffend verboten. Ein Jahr nach Francos Tod, 1976, kam es in Barcelona zur ersten Zusammenkunft seit dem Verbot. Hierbei handelte es sich um die größte Kundgebung der Nachkriegszeit in Europa.
Unterschiede zwischen Katalonien und Spanien
Bewusst spaltet sich Katalonien mit seinen Einwohnern von Spanien ab. Dies geschieht nicht nur in Form der Sprache, sondern kann wie gesagt auch die Feiertage betrachtend festgestellt werden. Doch nicht nur die Katalanen und die restliche Bevölkerung Spaniens spaltet die Frage der Unabhängigkeit, sondern auch Katalonien selbst. In den Schulen wird auf Spanisch, aber auch Catalan unterrichtet. Im Alltag greifen die meisten Einwohner der Region aber zu „ihrer“ Sprache – dem Catalan. Touristen, die ihre Brocken Schulspanisch anwenden möchten, werden verstanden. Zu einer richtigen Verständigung kommt es aber eher weniger. Zu groß ist der Stolz, kein Spanisch sprechen zu wollen. Auch springt nicht – wie sonst für Spanien üblich – die spanische Flagge in die Augen, sondern die Katalanische.
Der Wunsch nach Unabhängigkeit – der Weg zum Referendum
Die Politik Kataloniens wird seit ca. 2010 von Diskussionen staatlicher Unabhängigkeit beherrscht. Im Zuge dessen fanden Referenden und eine Volksbefragung statt. Seit Herbst 2017 ist die Beteiligung an den Demonstrationen, die sich für eine Abspaltung von Spaniens aussprechen, erheblich gestiegen. Fast täglich traf man in dieser Zeit auf der Straße auf Verfechter des Unabhängigkeitsgedankens. Die Regionalregierung setzte schließlich das geforderte Referendum in die Tat um und ließ am 1. Oktober Wahlurnen in zahlreichen Schulen Kataloniens aufstellen. Da dieses Vorgehen jedoch nicht mit der spanischen Verfassung vereinbar war, wurde es von der spanischen Regierung als ungültig betitelt. Zum eigentlichen Ziel der Separatisten kam es dementsprechend nicht, obwohl 90% der Wähler für eine Abspaltung stimmten. Insgesamt stimmten 42,5 % der Wahlberechtigten ab. Gleichzeitig wurde das Regionalparlament Kataloniens mit seinem Sitz in Barcelona aufgelöst und viele Mitwirkende der Bewegung – darunter Aktivisten, aber auch Politiker – verhaftet. Auch auf lange Sicht spricht sich die spanische Zentralregierung gegen die Anerkennung des Referendums oder gar die Umsetzung seines Zieles aus. Es werden auch Parallelen zum geplanten Brexit gezogen. In die Lage, in der sich Großbritannien nun aufgrund des schlechtvorbereiteten Referendums befindet, wolle die spanische Regierung ihr Land nicht bringen. Katalonien wollte der Welt seine Entschlossenheit zeigen ein unabhängiger Staat zu werden und demonstrieren, dass die Zukunft alleine in den Händen des Volkes liegt.
Heute ist die Uneinigkeit bezüglich der separatistischen Ambitionen größer als je zu vor. Auffällig in den Straßen einer jeden katalanischen Stadt sind die Flagge Kataloniens und Banner, die von den Balkonen oder aus den Fenstern hängen. Jedoch gibt es nicht nur die Pro- und Contra-Seite. Auch im Lager der Anhänger Kataloniens, macht sich zunehmend Uneinigkeit breit. Zwischen den beiden Unabhängigkeitsparteien kriselt es. Gegenüber stehen sich die katalanische Partei ERC und Junts Per Catalunya. Während ERC mittlerweile weniger radikal auftritt, bleibt Junts Per Catalunya seinen Maximalforderungen treu und sehnt ein schnellstmögliches Unabhängigkeitsreferendum herbei, welches von der Spanischen Zentralregierung akzeptiert wird.
Warum wird das Referendum von der spanischen Zentralregierung als ungültig gewertet?
Volksabstimmungen müssen laut spanischer Verfassung vom Staat genehmigt werden. Die spanische Regierung und auch das nationale Parlament in Madrid lehnte jedoch das Unabhängigkeitsreferendum im Vorhinein ab. Außerdem ist die „Unauflöslichkeit der Einheit der spanischen Nation“ in der spanischen Verfassung verankert. Auch das spanische Verfassungsgericht hat sich mit dem Fall beschäftigt und kam zu dem Schluss, dass die angestrebte Unabhängigkeit per se nicht illegal sei – sofern sie auf einem rechtsstaatlichen Weg, also im Dialog mit der Zentralregierung in Madrid, geschehe. Problematisch ist das Geschehene auch, da bereits vor dem Referendum von katalonischer Seite der Dialog gesucht wurde. Darauf ließ sich die spanische Zentralregierung aber nicht ein, sodass sich die Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung gezwungen sahen, das Referendum ohne Einwilligung der Regierung durchzuführen.
Was erhofft sich Katalonien von einer Separation?
Der Streit um die Unabhängigkeit Kataloniens begann vor Jahrhunderten. Katalonien hat ca. 7,5 Millionen Einwohner, die seit jeher mit großem Interesse ihrer eigenen Sprache und Kultur nachgehen. Viele begreifen sich als eigenständige Nation und fühlen sich von der Zentralregierung wirtschaftlich benachteiligt. So verschlägt es jedes Jahr tausende Touristen an die katalonische Ostküste. Somit trägt Katalonien zu einer stabilen Einnahmequelle durch den Tourismus und auch zur Erstarkung der spanischen Wirtschaft bei. Fast ein Viertel aller ausländischen Spanienurlauber verbrachten ihre Ferien 2016 in Katalonien. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 2016 ist Katalonien die wirtschaftsstärkste Region Spanien, stellt gleichzeitig aber nur 16 Prozent der spanischen Bevölkerung. Obwohl Katalonien überdurchschnittlich zum spanischen Steueraufkommen beiträgt, fühlt sie sich in finanziellen Fragen und staatlichen Investitionen im Vergleich zu anderen Regionen diskriminiert.
Zukunft Kataloniens – ein großes Fragezeichen
Wie es mit der prekären Lage Kataloniens weitergeht, ist bis dato noch ungeklärt. Die Situation scheint festgefahren. Die spanische Regierung hat sich von dem Referendum abgewendet und fordert einen Dialog. Der Dialog wurde von den Separatisten jedoch bereits erfolglos gesucht. Dementsprechend ist die Begeisterung betreffend einen Dialog sehr gering. Problematisch ist zudem, dass ein Dialog und eine Deeskalation der Lage nur erfolgen kann, wenn beide Seiten einen Schritt auf einander zu machen. Gleichzeitig scheinen beide Seiten aber auf ihren Standpunkten beruhen zu wollen, ohne den Konflikt ernsthaft lösen zu wollen. Zu einem erneuten – möglicherweise von der spanischen Regierung anerkannten – Referendum wird es laut Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez jedoch definitiv nicht kommen. Besonders mit Hinblick auf die misslicher Lage, in der sich Großbritannien gerade befindet, wolle man dies unter allen Umständen verhindern.
Quellen:
https://www.tagesschau.de/ausland/katalonien-unabhaengigkeit-nationalfeiertag-101.html
https://assemblea.cat/index.php/nachrichten/massive-forderung-nach-unabhangigkeit-in-barcelona/?lang=en
https://www.wr.de/politik/aus-diesen-gruenden-will-katalonien-unabhaengig-werden-id212108841.html