Der zweite Monat - sonnig, reiseintensiv, unterhaltsam
Mein erstes Seminar in Belgien, mein Alltag, ein Trip nach Brüssel und vieles mehr...
Hallo ihr Lieben,
Nun ist auch mein zweiter Monat in Belgien vorbei und es geht mit großen Schritten auf Weihnachten zu. Auch im Foyer sind wir schon viel damit beschäftigt für den Weihnachtsmarkt zu basteln, der Anfang Dezember im Haus stattfindet. Mittlerweile habe ich mich sehr gut eingelebt und eine Alltagsroutine entwickelt. Diese sieht folgendermaßen aus: Montags morgens machen wir mit den Bewohnern Gymnastik ( im Sitzen natürlich).Manche Bewohner haben sehr viel Spaß an dieser Aktivität, während andere schlafen. Nach dem Mittagessen, bei dem wir den Bewohnern helfen, die Schwierigkeiten haben allein zu essen, findet im unteren Stockwerk eine manuelle Aktivität statt. Das heißt, dass die Bewohner basteln, malen oder stricken und man sie dabei unterstützt bzw. selbst mitmacht. Dienstags beginnt mein Tag erst um 12 Uhr. Nachmittags servieren wir Kaffee und spielen Gesellschaftsspiele, während unten gekocht wird. Bei dieser Aktivität helfen die Bewohner, belgische Leckereien zuzubereiten, die danach (meist unter dem Personal, weil die Bewohner nicht viel essen) aufgeteilt werden. Am Mittwoch wird vormittags Lotto (Bingo) gespielt und nachmittags wird ein "Kino" im Keller aufgebaut, in dem jede Woche ein anderer Film läuft. Von Schwarzweißfilmen über Dokumentationen bis zu modernen Filmen ist alles dabei. Am darauffolgenden Tag fange ich wieder etwas später an zu arbeiten und helfe nach dem Mittagessen beim "bien-être" mit der Kosmetikerin. Meine Aufgabe dort besteht aus Nägel lackieren, massieren und Damenbart rasieren. Dabei verliert man jeglichen Ekel. Abends gibt es dann auch wieder Essen, wobei ich natürlich ebenfalls helfe. Freitags morgens liest eine Animateurin immer Kurzgeschichten aus einem Buch (meistens ein Krimi) vor während ich dabei Kaffee aus Porzellantassen serviere. Später wird dann in der zweiten Etage gekocht, wobei meist noch die Zutaten gesucht werden müssen und auch ein Rezept gefunden werden muss.Außerdem gibt es noch spezielle Tage, wie den "Jour de Mexique", der Ende Oktober stattfand, wo wir Chili con Carne gegessen und Animationen zum Thema Mexiko gemacht haben. Übrigens hat sich das Essen wirklich verbessert seid der neue Koch da ist. Nur leider wechselt er sich ab und zu noch mit der alten Köchin ab und beginnt erst ab Januar eigenständig zu arbeiten.Trotzdem ist es schon ein immenser Unterschied, ob man mit Salz, Gewürzen und Kreativität kocht, oder ohne.Jetzt zum etwas spannenderen Teil: den Wochenenden.Das außergewöhnlichste war natürlich das on-arrival-training Anfang Oktober.
Dort habe ich viele andere, internationale Freiwillige kennengelernt, die auch ihren EFD in Belgien machen, oder aus Belgien in ein anderes Land ausreisen möchten. Das Ziel des 3-tägigen Seminars war es vor allem sich untereinander zu vernetzen und den übrigen EFDlern sein Projekt vorzustellen. Die Zeit war so strukturiert, dass man immer Aktivitäten gemacht hat und zwischendurch Zeit hatte, sich mit den anderen Freiwilligen zu unterhalten bzw. zu essen. Am ersten Tag kamen wir erst einmal 1 1/2 Stunden zu spät, weil unser erster Zug Verspätung hatte und wir beim Umsteigen aus Versehen in den falschen Zug gestiegen sind. Dann mussten wir an einem anderen Bahnhof aussteigen und von dort wieder zurück fahren.(Das Dorf in dem das Seminar stattfand ist sehr klein und hat eine sehr schlechte Zuganbindung). Nachdem wir dann endlich angekommen waren, haben wir Kleingruppen gebildet und über unsere Projekte gesprochen. Dann sollte man jeweils das Projekt einer anderen Person vorstellen und dazu ein Plakat gestalten. Die nächste Aufgabe war in zwei größeren Gruppen gemeinsam eine Brücke (mit vorgegebenen Materialien) zu bauen. Die Schwierigkeit dabei war, dass man nicht sehen konnte, was die andere Gruppe tut und die beiden Brückenhälften nur über Kommunikation aneinander anpassen konnte. Schließlich sollten wir noch unseren Weg zum EFD auf einem großen Papier zeichnen und unsere Zeichnung erklären. Danach gab es Abendessen und sehr leckeren Schokoladenkuchen. Wir haben den Abend dann mit Bier und Gesellschaftsspielen ausklingen lassen. Leider mussten wir zu zehnt in einem Kellerzimmer mit sehr harten Matratzen schlafen, aber da war nicht so schlimm, weil es bei dem Seminar ja sowieso nicht auf guten Schlaf, sondern auf gute Gesellschaft ankommt.
Am nächsten Tag haben wir Zitate zum Thema EFD genannt bekommen und sollten uns unserer Meinung dazu entsprechend in unterschiedliche Ecken des Raumes stellen. Dadurch sind viele, interessante Diskussionen entstanden. Danach haben wir noch ein paar Animationen zur belgischen Kultur und Geschichte gemacht und sind anschließend für einen sonnigen Waldspaziergang nach draußen gegangen. Abends haben wir dann gemeinsam gegrillt und uns gut unterhalten. Am Abreisetag sollten wir selbst mit einem Fragebogen unseren bisherigen EFD evaluieren und uns unsere Ziele setzen. Zuletzt haben wir philosophische Fragen gestellt bekommen, über die wir uns dann zu zweit austauschen sollten. Das war wirklich anregend und extrem interessant. Nachdem wir müde, aber glücklich vom Seminar zurückgekommen waren, sind wir am Wochenende auf ein Apfelfest in einem Dorf hier in der Nähe gefahren. Das war wirklich nett und man konnte gratis frisch gepressten Apfelsaft (heiß und kalt) kosten, Apfelkuchen essen und lokale Produkte vom Bauern kaufen. Das haben wir dann auch getan und uns bei 20 Grad mit einem Apfelbier in die Sonne gesetzt.
Am nächsten Wochenende haben wir uns mit einem Mädchen vom Seminar in Brüssel getroffen und gemeinsam die Hauptstadt erkundet. Nach einigen Unstimmigkeiten bezüglich der Uhrzeit, konnte es dann endlich losgehen. Wir haben uns die Hauptsehenswürdigkeiten angesehen und viel gegessen. Zum Beispiel sehr leckere und recht günstige Crêpes in einem leeren Café, Brüsseler Waffel und natürlich Pommes Frites. Wir haben unter anderem den "Grand Place", den "Palais Royal", "Manneken Pis" und natürlich das EU-Parlament besichtigt. Vor der Heimfahrt waren wir dann noch in einer Baar und haben weitere der über 1000 belgischen Biersorten probiert. In der Woche darauf wurden wir endlich bei der Stadt registriert und sind nun zum Glück nicht illegal hier. Am Wochenende ist Klara zu ihrer Freundin nach London gefahren und ich habe mich mit anderen EFDlern vom Seminar zum feiern in Lüttich verabredet. Das war sehr spontan und ungeplant, da ich nicht wusste wann wir uns mit wem treffen und wo unsere Unterkunft ist, aber nach kurzer Aufregung hat sich schließlich alles geklärt und wir haben eine grandiose Nacht auf Halloweenparties in den Clubs und Bars von Lüttich verbracht. Die Stimmung in der Gruppe war wirklich super und die Leute waren alle extrem cool drauf. Auch wenn ich am nächsten Tag echt tot war, weil wir um 6 Uhr morgens in die Air BnB Wohnung zurückgekommen sind, hat es sich wirklich gelohnt.
An Halloween selbst waren Klara und ich noch ziemlich geschafft vom Wochenende und der Arbeit und haben es uns mit Glühwein und Ben & Jerry's Eis (!!!) zu Hause gemütlich gemacht und Horrorfilme geguckt. Glücklicherweise haben wir kurzfristig erfahren, dass wir heute frei haben, weil Feiertag ist und sind bei sonnigen 16 Grad an der Zitadelle spazieren gegangen. Dort sind wir auf einen Weihnachtslieder pfeifenden Dudelsackspieler gestoßen.
Die Zeit hier vergeht so schnell und man erlebt so unglaublich viel, dass die Momente rar sind, in denen man sich einmal zurücknehmen kann und Zeit hat, in Ruhe darüber nachzudenken, was hier gerade passiert. Ich spüre jetzt schon, dass mich der EFD verändert und ich habe jetzt erst realisiert, wie sehr ich diese Veränderung in meinem Leben gebraucht habe. Der EFD gibt mir menschlich und sozial so viel und ich habe ständig die Gelegenheit günstig zu reisen, neue Orte zu entdecken und neue Erfahrungen zu machen. Manchmal kommt es mir vor als wäre mein Leben in den letzten paar Jahren ein wenig auf der Pausetaste gewesen und jetzt, wo ich endlich den Kopf von dem ganzen Lernstress freibekomme, hat jemand wieder "Play" gedrückt.Falls ihr bis zum Ende gelesen habt, freue ich mich, dass euch mein EFD so sehr interessiert ;) Ich weiß, dass der Blog diesen Monat etwas lang geworden ist, aber ich habe auch viel erlebt. Ich wollte eigentlich Bilder anfügen, aber leider funktioniert das nicht.
Ich wünsche euch noch einen schönen November.
À bientôt,
Eure Leila
P.S.: Sagt mir bitte, falls ihr mir etwas zum Geburtstag geschickt habt, weil ich nicht mitbekomme, dass ich Post habe, wenn ich das nicht weiß.