Das Land, das keiner kennt
Kleines Brainstorming über mein EVS in der Republik Moldau
Im letzten Jahr meiner Schullaufbahn wurde ich oft gefragt, was ich nach meinem Abitur machen wolle. Auf meine Antwort, dass ich ein EVS in der Republik Moldau absolvieren werde, kam immer die selbe Frage: Wo bitte willst du hin?
Die Republik Moldau ist bei uns in Deutschland besser bekannt als Moldawien. Diesen Namen kennen die meisten Leute, haben aber trotzdem keine Ahnung, wo das Land liegt, über dessen Geschichte oder Kultur. Geografisch wird es eingegrenzt von der Ukraine und Rumänien, Amtssprache ist Rumänisch, als Handelssprache wird meist Russisch verwendet.
Die häufigste Erwiderung auf meine Erklärungsversuche war 'Was, du gehst nach Russland?', dicht gefolgt von 'Waren das nicht die, die beim Eurovision Song Contest als Zwerge aufgetreten sind?'.
Auch habe ich etwa 3 Monate vor meiner Abreise eine Aufzählung aller Länder Europas in der „Zeit“ entdeckt, selbst Moldova, wie die Einheimischen ihr Land nennen, war dort aufgeführt. Allerdings war ich wirklich enttäuscht, der Eintrag umfasste lediglich wenige Worte und sagte aus, dass es dort nichts Sehenswertes gäbe und sich eine Reise nicht lohne (frei aus meinem Gedächtnis wiedergegeben). Von einer renommierten Zeitung wie dieser hätte ich mir mehr Grundwissen erwartet, oder zumindest eine bessere Recherche.
Seit meinem Entschluss, hier mein EVS zu leisten, habe ich mich viel über dieses einzigartige Land informiert.
Moldova gehörte früher zur UdSSR und ist seit 1991 unabhängig. Diese sowjetischen Wurzeln kann man noch heute vor allem in den Städten sehen, deren Bild von heruntergekommenen sozialistischen Bauwerken geprägt ist. Moldova ist das ärmste Land Europas, besitzt kaum eigene Industrie, wird beherrscht von korrupten Politikern und wird bevölkert von politikverdrossenen Bürgern. Die meisten jungen Leute in der Stadt träumen von einer Zukunft in einem europäischen Land oder der USA. Dass vor allem Chisinau, die Hauptstadt, nicht mit westlichen Hauptstädten wie Paris, Rom oder Berlin mithalten kann, sollte deshalb schon vor einer Reise in dieses Land klar sein.
So gesehen stimmt der Beitrag in der 'Zeit'.
Tatsächlich jedoch ist Moldova, vor allem im Sommer, ein sehr schönes, grünes Land. Hier wird auf dem Land überwiegend Landwirtschaft betrieben, für Weintrauben ist das Klima bestens geeignet. Wein und Schokolade sind die besten Erzeugnisse Moldovas, leider jedoch trotz ihrer guten Qualität außerhalb dieses Landes kaum bekannt.
Die Menschen gelten hier, vor allem in ländlichen Regionen, als sehr gastfreundlich und offen. Obgleich Moldawien das ärmste Land Europas darstellt, ist das Volk umso reicher an Freundlichkeit und Offenheit.
Selbst in der Hauptstadt sind Ausländer selten, Englisch wird kaum in Schulen unterrichtet. Fremde sind aufregend, werden meist so gut wie möglich behandelt. Auf dem großen Markt in der Innenstadt werde ich oft darauf angesprochen, warum ich hier bin.
Die Menschen sind interessiert an mir und an meiner Motivation, in genau diesem Land einen Freiwilligendienst zu leisten.
Dieses Interesse und die Freundlichkeit zeigen mir, dass meine Länderwahl für mich richtig war.
Auch möchte ich nicht nur in Moldova als 'Botschafterin Deutschlands' auftreten, sondern auch als Botschafterin der 'unbekannten Republik Moldau' .
Dieses Land ist einzigartig und keine Zeitung sollte das Recht haben, es als nicht sehenswert deklarieren zu dürfen.
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