Das Croissant lebt
Nein, so schlimm ist es mit dem polnischen Essen auch nicht - mit der Grammatik dafür schon! Diese und weitere Geschichten einer stets Herumreisenden.
Letzte Woche hab ich mir mal wieder zwei Tage freigenommen und bin am Donnerstag einmal quer durch die Bundesrepublik bis ins wunderschöne Maastricht gefahren. Dort wollte ich mir die Uni angucken, ihr wisst ja, dass meine Zukunft immer noch ein kleines Fragezeichen ist. Netterweise haben meine Eltern mich begleitet und währenddessen die Stadt angeguckt, die ich wahrscheinlich außerhalb der Weihnachtszeit ohne diese Massen an Lichtern kaum wiedererkennen würde. Trotz einer kleinen Magen-Darm-Geschichte meinerseits hat mir der Uni-Besuch sehr gut gefallen. Aber soweit will ich das Thema gar nicht vertiefen.
Die Unterschiede zu Polen waren deutlich: Natürlich waren die Häuser eine Spur gepflegter und alles irgendwie ordentlicher, dafür aber auch viel viel teurer. "Davon könnte ich meine Monatsmiete bezahlen" war meine Reaktion auf so ziemlich alles. Das wird auf jeden Fall eine Umstellung nach dem Freiwilligendienst: Mit 200€ im Monat werde ich dann so schnell nicht wieder auskommen. Ein bisschen wehmütig werde ich da schon.
Auf dem Rückweg habe ich noch eine Nacht in Berlin eingelegt und bin am Sonntagmorgen mal wieder mit dem Kulturzug zurück nach Żary. Dienstag fand im OKiB ein Wettbewerb für die Kinder der Umgebung statt, genauer gesagt aus den vier größten Dörfern der Gemeinde Trzebiel, die alle eigene kleine Schulen haben. Anlass war der Besuch einer Autorin, die ihr neues Buch vorgestellt hat. Die Kinder hatten dazu Bilder gemalt, Gedichte eingeübt und kleine Theaterstücke vorbereitet, die dann präsentiert wurden. In jeder Kategorie wurden abschließend die ersten drei Plätze verkündet, was ich bei vier teilnehmenden Gruppen bzw. Kindern ein wenig unfair fand; nur einen Gewinner zu bestimmen hätte es ja auch getan. Meine Aufgabe war, Fotos vom Ganzen zu machen und in der Pause, während sich die Jury zur Beratung zurückzog, Klavier zu spielen.
Ich hatte beschlossen, für diesen Anlass Winter Wonderland einzuüben, das ich noch nie zuvor gespielt hatte. Es ist kein allzu kompliziertes Stück, musste aber innerhalb von zwei Stunden vorspielbereit sein. Letztendlich hat es aber doch gut geklappt und die Kinder waren wie immer aus dem Häuschen. Natürlich wurden auch von den Erziehern weitere Stücke verlangt und ich gab die einzigen beiden, die ich auswendig kann, zum Besten (die sind auch noch so klischeebeladen - River Flows In You und Comptine d'un autre été - ich kann sie selbst nicht mehr hören, aber irgendwie springen alle anderen immer wieder drauf an). Später hat die Autorin noch Bücher verkauft und Autogramme gegeben. Daraufhin sind unzählige Kinder zu mir gerannt, damit ich ihnen auch ein Autogramm gab. Das war richtig niedlich und die Kinder haben sich auch sehr viel Mühe gegeben, sich mit mir zu unterhalten, was überraschend gut geklappt hat. Ich hab auch die kleine Schwester meiner Freundin Maja kennengelernt, die ihr tatsächlich wahnsinnig ähnlich sieht. Nach so vielen süßen Begegnungen war auch das Aufräumen kein Problem!
Ansonsten stand an Ereignissen in dieser Woche der Polnischunterricht an, der inzwischen leider schon als Ereignis gilt, weil er in dieser Form eher selten stattfindet. Nur, um euch ein Beispiel der polnischen Sprache zu geben: Bei männlichen Nomen im Genitiv und Akkusativ unterscheidet man nach belebt (der Bruder, der Vogel) und unbelebt (das Haus, der Rucksack). Soweit macht es Sinn. Warum eine Banane und eben auch ein Croissant leben, während das bei einer Gurke nicht der Fall ist und warum ein Computer im Genitiv lebt und im Akkusativ nicht, sind dann ganz andere Fragen, die auch unser Lehrer, der natürlich noch nie von einer derartigen Einteilung gehört hatte, nicht beantworten konnte. Passend dazu habe ich beschlossen, hier jeweils ein polnisches Wort der Woche einzuführen, dann habt ihr auch etwas von dem Ganzen. Heute habe ich das wunderschöne Wort trudno gewählt, das so viel bedeutet wie schwierig und immer wieder hilfreich ist. Für die Streber unter euch gibt es auch noch das passende Adjektiv trudny/trudna/trudne.
Viel Spaß damit und eine schöne Woche!
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