Camden Rocks
25o Bands, 24 Pubs und ich mitten drin!
Letztes Wochenende war ich auf dem Camden Rocks Festival. Nein, kein richtiges Festival mit Campen, sondern eins, dass einen Tag lang läuft. Man kann es ein bisschen mit einer Kneipentour vergleichen. Insgesamt sind an diesem Tag 250 Bands in 24 Pubs aufgetreten. Unter ihnen war auch Sam mit seiner Band, Overdog.
Sam habe ich vor einigen Monaten in der Underground kennen gelernt. Ich war damals auf dem Weg zur Arbeit, habe Musik gehört und dazu Luftgitarre gespielt. Als ich hoch geguckt habe, hat Sam am andern Ende des Wagons exakt das selbe getan und ich musste lachen. Als er dann an der gleichen Station ausgestiegen ist, wie ich, sind wir ins Gespräch gekommen. Es stellte sich heraus, dass er gerade unterwegs zu einem Auftritt war. Long story short: Wir haben unsere Nummern ausgetauscht und stehen seither in Kontakt und haben uns auch mehrmals getroffen, um Musik zu machen oder einfach nur zu quatschen.
Vor etwas mehr als einem Monat hat mich Sam dann gefragt, ob ich Lust hätte, auf's Camden Rock Festival zu gehen. Da seine Band dort auftreten würde, bekam ich die Karte für £30 statt für £50.
Am Samstag war es dann soweit. Ich traf mich mit Sam am The World's End Pub an der Camden Town Station und konnte dort mein Ticket direkt gegen mein Armband eintauschen. Die meisten Bands, die dort auftraten waren recht unbekannt (zumindest mir gegenüber), aber zum Glück gab es eine Playlist auf Spotify, in der man sich die verschiedenen Bands anhören konnte. Somit war meine erste Band, die ich mir an diesem Tag anhörte Single by Sunday, 4 junge Punkrocker mit bunt gefärbten Haaren, die in dem kleinen Pub, in dem sie auftraten, für ziemlich gute Stimmung sorgten. Als nächstes war Sam's Band dran. Die meisten im Publikum waren Freunde, Familie und Kollegen der Bandmitglieder, was die Stimmung aber nur verbesserte.
Der Auftritt hat mir richtig gut gefallen. Sie hatten einen guten Mix und man konnte sehen, wie viel Spaß sie auf der Bühne hatten. Da Sam deutsch spricht (nahezu fehlerfrei) hat er den letzten Song auf deutsch angezählt, was mich damit unglaublich zum lachen gebracht hat. Nach dem Auftritt habe ich noch ein wenig mit Sam und seinen Freunden gequatscht und bin anschließend ins Koko gegangen, da dort um 16:00 Royal Republic auftreten würden. Als ich dort ankam, war zum Glück noch nicht viel los, sodass ich einen guten Platz in den vorderen Reihen ergattern konnte. Ein paar Meter neben mir saß ein Mädchen auf dem Boden, sie trug ein Marvel T-Shirt und las ein Buch – sie war mir sofort sympathisch. Als die Band dann hinter dem Vorhang ihren Soundcheck machte und sie bei jedem Geräusch zusammenzuckte mussten wir beide lachen und ich fragte sie, ob sie auch allein auf dem Festival sei und wo sie herkomme. Antwort: Ja, sie war allein dort und sie kommt aus Leipzig!
Von da an sind wir dann zusammen auf dem Festival herumgezogen. Vor uns drehten sich dann zwei Mädchen um und meinten, sie wären aus Köln und rechts von mir kam der Kommentar „Wir sind aus Kiel“, ergo standen 6 deutsche Mädchen direkt nebeneinander ohne es zu wissen. Der Auftritt von Royal Republic war unglaublich! Der Leadsänger hatte sehr viel Spaß mit dem Publikum zu flirten und die Band hat einfach alles gegeben was ging, bis die Gitarrensaite des Sängers riss. Na gut, dann hat halt der zweite Gitarrist ein Solo hingelegt und die Gitarren wurden schnell ausgetauscht. Nach dem Song erklärte uns der Sänger dann, dass es sein letztes Backup sei, da sie vor ein paar Tagen noch in den Staaten auf Tour waren und British Airways die meisten ihrer Sachen an den falschen Ort transportiert hat. Trotzdem war die Show super. Am Ende wurden Plektren ins Publikum geworfen und ich hatte so viel Glück, eins zu fangen!
Anschließend bin ich mit Annemarie (dem Mädchen aus Leipzig) weitergezogen. Wir haben Sam auf dem Konzert von Turbowolf wieder getroffen und haben die Virginmarys und The Reverend and the Makers gesehen. Auf dem Konzert der Virginmarys habe ich dann auch mein erstes Moshpit/ Pogo Erlebnis gehabt, was gleichzeitig lustig und beängsigend war. Am Ende sind wir dann nochmal zurück ins Koko um Feeder zu sehen. Diesmal mussten wir ein bisschen warten, bis wir reinkamen und es war krachend voll. Wir konnten einen Platz auf eine Treppe kriegen und hatten eine ganz gute Sicht. Auch dieser Auftritt hat mir sehr gefallen, zumal die Band noch eine Zugabe geben konnte und die Stimmung einfach grandios war. Annemarie musste vor dem Ende schon wieder raus, da sie ihren Zug nach Cambridge kriegen musste. Ich bin nach der Show auch nach hause gegangen und war total fertig von dem ganzen herumlaufen und -springen, vom mitsingen und der lauten Musik.
Auf dem Weg nach Hause habe ich dann auf sehr dramatische Weise vom Terroranschlag auf der London Bridge erfahren. Als ich in der Bank Station von der Northern zur Central Line wechseln wollte, kamen mir drei schwer bewaffnete Polizisten entgegen. Alle drei in geduckter Haltung, der vordere mit einem großen Schild und die beiden dahinter mit Maschinengewehren. Ich hab mich so erschrocken, dass ich stehen geblieben bin und nicht mehr wusste, was ich tun sollte. Dann schrie mich einer der Polizisten an „GO! GO! GO!“, also bin ich so schnell ich konnte zu meinem Gleis gegangen. Mein erster Gedanke: „Scheiße, in dem Zug, in dem ich die ganze Zeit war, ist eine Bombe oder ein Irrer, der Amok läuft.“ Über die Lautsprecher wurde immer wieder durchgesagt, dass man an seinem Gleis bleiben solle, die Station nicht verlassen dürfte und wir bald evakuiert werden würden. Ich habe dann jemanden, der gerade neben mir saß gefragt, was los sein. Er berichtete mir vom Terroranschlag. Ich war geschockt. Schon wieder?! Und schon wieder auf die gleiche Weise?! Mit einem Auto Menschen überfahren und anschließen mit Messern auf sie losgehen?! Das bringt Terror auf ein ganz neues Level, denn es kann überall und zu jeder Zeit passieren, ohne, dass es jemand kommen sehen würde. Ich hoffe, dass dies das letzte Mal war, dass so etwas passiert ist, aber das ist wohl nur Wunschdenken. Zum Glück kam ca 10min später ein Zug, in den ich eingestiegen bin und mich somit selbst evakuiert habe.
Der Tag in Camden war großartig! Ich hatte extrem viel Spaß, konnte endlich mal Sam live und in action sehen und habe eine neue Freundin kennen gelernt, die ich wahrscheinlich demnächst mal in Cambridge besuchen werde. Leider werden diese Erinnerungen immer ein wenig von dem Terroranschlag am Abend überschattet werden.
Aber genug von mir. Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!