Briefe einer Familie
In drei fiktiven Briefen beschreibt melchior das Schicksal vieler Familien in Bulgarien, die durch Not und Armut auseinandergerissen werden. Wie gehen diese Menschen damit um?
Auch wenn diese Zeilen meiner Feder entsprungen,
ist das Schicksal dieser Familie eines von vielen
in Bulgarien.
Was passiert wenn der Staat notwendige
Unterstützung verweigert und der monatliche Lohn
nicht ausreicht um eine Familie zu ernähren?
Was geschieht wenn es keine Netzwerke gibt?
Und wie gehen Menschen damit um,
wenn sie dieses Schicksal tragen?
Fühlen wir uns hinein
um einen Eindruck zu gewinnen,
in drei Briefen einer Familie.
1. Brief
> "I want to see you grow up."
Ich möchte dich wachsen sehen,
an deinen Aufgaben der Welt.
Möchte dir sagen, dass ich stolz auf dich bin.
Aber ich bin nicht bei dir, nein bin ich nicht.
Ich schreibe dir Zeilen mein Kind,
dass du irgendwann verstehen kannst,
aus einem fremden Land um dich zu ernähren.
In einem fremden Land, für deine unsere Zukunft.
Hier wäre es mir nicht möglich.
Dein Vater ist krank, er wird es dir erzählen
und dich und deine Schwester für mich küssen.
Ich möchte dich lachen sehen,
an den Farben und Mustern der Welt.
Doch bin ich auf einer Insel
die selten sonnig scheint und mein Herz berührt, nein,eher mit großen Tropfen weint.
An einem Ort wo Menschen kommen und gehen
und täglich Betten, Tücher und Gardinen gewechselt werden.
Es fühlt sich an, als ob es hier keine Seelen gibt.
So träume ich mich in jeder freien Sekunde zu euch,
zu dir, mein Sohn.
Stelle mir vor wie du sprechen lernst
und mit anderen Kindern spielst.
Ich habe Sehnsucht.
Aber ein wenig stillt das Gefühl meinen Kummer,
dass meine Liebe über das Wasser zu euch gelangt. <
2. Brief
> Meine Liebe,
wie sehr wünsche ich mir meinem Körper zu entspringen.
Wie sehr wünsche ich mir dich in meinen Armen zu halten.
Auch wenn wir gemeinsam dieses Schicksal gehen,
fühle ich die Schuld und werde sie nicht los.
Und doch habe ich Gewissheit,
unser Band wird niemals reißen.
Unser Sohn strahlt und ich sehe dich in ihm,
diese tiefen dunklen Augen.
Unsere Tochter lächelt und ich sehe dich in ihr,
dieses weiche leichte Lächeln.
Deine Mutter und ich erzählen den Kindern jeden Tag von dir
und wir schauen uns gemeinsam Photos an.
Und ich.
Ich habe weiter Hoffnung,
auch wenn ich mich schwach fühle.
Die Therapie und die Krankheit saugen meine Kraft.
Doch am traurigsten ist es
in die verständnislosen abweisenden Gesichter
auf den Ämtern zu blicken,
um am Ende ohne Erfolg nach Hause zu gehen.
Tag für Tag.
Woche für Woche.
Mit dem Geld was du uns schickst
leben wir sehr gut.
Ich wünsche mir es tauschen zu können
und dich wieder bei mir zu haben.
Ich liebe dich.
Ich schlafe jeden Abend mit deinem Lächeln ein. <
3. Brief
> Meine Tochter,
es gibt keinen Menschen auf den ich stolzer bin,
keinen Menschen,
den ich für seine Selbstlosigkeit mehr bewundere.
Keinen Menschen der aufrichtiger liebt als du.
Du lässt los,
für die Liebe zu deinem Mann und deinen Kindern.
Es ist Glaube.
Liebe.
Das weckt wieder Hoffnung in mir.
Kraft.
Courage.
Mut.
Das größte Problem in unserem Land ist der Nihilismus,
Desinteresse für das Schicksal anderer
und die dadurch fehlende Hilfsbereitschaft.
Doch du verkörperst diese fehlenden Werte,
das macht mich so stolz.
Ich wünsche mir du ziehst aus meinen Worten Kraft.
Und du kannst dir sicher sein,
diese Werte leben auch in deinen Kindern.
Sie haben sie von dir.
Dein Mann und ich vermitteln sie ihnen ebenfalls.
Auch ihn bewundere ich.
Man kann fühlen welche Schmerzen er trägt
und wie er jeden Tag gegen sie kämpft.
Keine Verbitterung.
Kein Klagen.
Er übernimmt alle ihm möglichen Aufgaben.
Hoffnung kann ich in ihm lesen.
Er liebt dich und wird es immer tun.
Ich liebe dich.
Sie hält uns zusammen.
Ich hoffe wir sehen uns bald
mein Kind. <