Bis zum Horizont
Ein Bericht über die weiten Felder und Schönheiten der größten Steppe Europas.
Wer an Urlaub in Ungarn denkt, dem kommt zuerst mal der Balaton und Budapest in den Sinn. Aber auch die Puszta, die ungarische Tiefebene im Osten des Landes, hat sich außerhalb der ungarischen Grenzen einen Ruf erarbeitet. Das Wort Puszta kommt aus dem slawischen und bedeutet so viel wie Einöde. Und genau das ist es auch. Wer sich auf den Straßen durch die Puszta befindet wird links und rechts nichts sehen, außer großen, weiten Feldern bis zum Horizont. Es gibt Stellen, da wird man nichtmal ein Baum, Haus oder See erblicken. Nur Felder und Wiesen und ab und an ein klitzekleines Wäldchen.
Die Puszta ist eine der ältesten Kulturlandschaft Ungarns und größte Steppe Europas. Schon seit Jahrtausenden dient der fruchtbare Boden der Landwirtschaft. Besonders Getreide, Obst und Gemüse wird hier angebaut. Die meisten Regionen wurden dafür kultiviert, nur noch im Nationalpark Hortobágy um das gleichnamige Örtchen herum ist die ursprüngliche Steppenlandschaft erhalten. Dort sieht man noch des öfteren Pferde- und Schafsherden herumziehen, die berühmten Wollschweine (Mangalica) oder Graurinder auf den Wiesen der Puszta grasen. Es herscht kontinentales Klima, kalte Winter, heiße Sommer und wenig Regen. Der Grundwasserspiegel jedoch liegt hier besonders hoch und somit kann man sich durch die typischen Ziehbrunnen leicht Wasser beschaffen.
Im Ort Hortobágy selbst wird sehr traditionell gelebt und somit ist es auch Anlaufstelle für die Touristen, die sich in den Osten des Landes verirren. Das traditionelle Hirtenleben wird hochgehalten und neben ein paar mechanischen Hilfsmitteln noch häufig auf Pferd und Kutsche zurückgegriffen. Hirtenjunge heißt auf ungarisch übrigens Gulyás und somit ist hier auch der Ursprung des ungarischen Nationalgerichts (Gulasch bedeutet auf ungarisch ebenfalls gulyás).
Auf den Straßen durch die Puszta wird man auch immer wieder an einer Csárda vorbei kommen. Diese dienten früher als Übernachtungs- und Rastmöglichkeit für Hirten und Reisende, die auf ihren tagelangen Märschen dankbar für ein Bett, eine warme Malzeit und Wasser und Stroh für die Tiere waren. Heutzutage bekommt man in den Csárdas günstige Schlafzimmer und gutes ungarisches Essen.
Berühmt ist die Steppenlandschaft auch für seine reiche Tierwelt. Im Herbst oder Frühling machen hier beispielsweise Tausende von Kranichen einen Zwischenstopp, auf ihrem Weg von oder nach Afrika. Ein riesiges Spektakel, das man sich keinesfalls entgehen lassen sollte.
Vögel spielen in Hortobágy sowieso eine große Rolle. So befindet sich hier beispielsweise eines der wenigen Vogelkrankenhäuser weltweit. Die 1999 gegründete Stiftung beschäftigt sich mit dem Wiederaufpäppeln kranker und verletzter Vögel und der anschliesenden Wiederauswilderung. Der Schwerpunkt liegt momentan auf den Seeadlern, die an der Theiß überwintern und nesten. Dort sind besonders viele Fische mit Zyan- und Schwermetallen vergiftet, welche die Adler aufnehmen. Die Vögel werden dann in das Krankenhaus gebracht, medizinisch versorgt, gegebenenfalls operiert, aufgepäppelt und wieder in die Natur entlassen. Sogar Schnabelprothesen werden in der Not für die Tiere angefertigt und in einer aufwendigen Operation angebracht. Wenn die Tiere wieder gesund sind, werden sie in eine große Voliere gebracht, die teilweise auch für Besucher zugänglich ist.
Sobald die Vögel kräftig genug sind, das Leben wieder alleine zu meistern, werden sie in die Freiheit entlassen. Wobei viele Vögel auch in der Nähe des Krankenhauses bleiben. Wer gibt einen Arzt an Ort und Stelle schon so einfach auf?
Manche Vögel jedoch werden nie wieder fähig sein, alleine für sich zu sorgen. Sie haben dann einen entspannten Lebensabend bei Vollpension im Vogelkrankenhaus. Beispielsweise gibt es dort ein älteres Storchenpaar, dass schon einige Jahre dort ist. Und wenn kleine Babystörche aus dem Nest gefallen sind und ins Krankenhaus müssen und somit von ihren leiblichen Eltern anschließend nicht mehr akzeptiert werden, gab es schon den ein oder anderen Adoptionsfall.