Bergfest und anderes aus meinem schwedischen Leben
Janna lernt gerade den kalten schwedischen Winter kennen. Die Arbeit macht ihr großen Spaß: Sie tanzt und tanzt und tanzt...
Kaum zu glauben, vor ein paar Tagen war bereits Bergfest, sprich Halbzeit meines europäischen Freiwilligendienstes! Wahnsinn, nun bin ich schon fünf Monate hier im Norden - und wenn ich so überlege, weiß ich gar nicht, was ich eigentlich die liebe lange Zeit so gemacht habe. Langweilig war mir jedenfalls komischerweise (oder eher glücklicherweise) noch nie! Die letzten Wochen (seit Anfang des Jahres) hat mir die Arbeit großen Spaß gemacht! Montags habe ich nach wie vor tagsüber Schwedisch und Deutsch, abends dann die "Fat Ladies". Dienstags gehe ich ab nächster Woche nun in eine Grundschule im Nachbardorf, wo ich mit einer Gruppe von Schülern mit Behinderung tanzen werde - darauf bin ich sehr gespannt. Mittwochs bin ich immer in der Schule in Viksjöfors und tanze mit Zweit- und Drittklässlern. Das ist teilweise ziemlich anstrengend, weil einige Schüler dort überhaupt keinen Spaß am Tanzen haben und es dann vorziehen, die anderen Kinder abzulenken und mich zu testen... Da merke ich dann schon noch, dass ich noch nicht perfekt im Schwedischen bin, um sie mal eben streng zurechtzuweisen. ;-/ Umso mehr liebe ich es, nachmittags noch für ein paar Stunden in einen Kindergarten zu gehen. Die Kinder sind so süß und haben sofort Vertrauen zu mir gehabt. Sie sprechen außerdem natürlich auch nur Schwedisch mit mir. Die letzten Wochen habe ich nun auch angefangen, mit ihnen zu tanzen - so haben wir neulich beispielsweise eine Reise zum Dschungel unternommen. ;) Donnerstags habe ich Schwedischunterricht und jede zweite Woche abends Chor, Freitags gehe ich in eine andere Schule am anderen Ende des Dorfes. Das macht großen Spaß, weil die Schule ein sportliches Profil hat und die Schüler sehr viel motivierter und disziplinierter sind (außerdem ist dort eine Sportlehrerin beim Tanzen dabei, die dann auch mal ein Wort einlegen kann). Danach gehe ich noch zum Französischunterricht, was ich ebenfalls liebe, aber das könnt ihr euch ja denken... Ich merke wie die Sprache leider sehr unter meinem Schwedisch leidet, sie wird von Woche zu Woche schlechter und ständig kommen mir nur die schwedischen Wörter in den Sinn (eigentlich ja gut, aber trotzdem schade). Nachmittags tanzen Nickie und ich dann noch mit einem Mädchen, das macht Spaß - sie hat sozusagen zwei Privatlehrer. ;) Samstag ist unser einziger freier Tag, aber dafür haben wir ja auch mehr Ferien und Sonntags haben wir selbst immer Tanzunterricht bei zwei verschiedenen Tanzstudentinnen - das ist toll, dass ich selbst auch noch viel hier lernen kann.
Tja, so sieht mein Alltag ungefähr hier aus... und abends bin ich dann entweder zu Hause - lese, schreibe und höre gemütlich Musik, oder manchmal treffen wir uns noch mit Elinor oder Eva zum Beispiel. Manchmal treffe ich mich auch mit Toni zum Spazierengehen - dann geht sie in Frankreich beziehungsweise nun Berlin spazieren, während ich mich hier in Schweden promeniere. Mag vielleicht jetzt komisch klingen, aber mir gefällt der Gedanke sehr gut, dass wir gleichzeitig spazieren und aneinander denken... Vor drei Wochen zum Beispiel haben wir uns mal wieder verabredet, hier schneite es den ganzen Tag und so bin ich anderthalb Stunden bei Schnee durch einsam verschneite Felder gewandert - es war wundervoll und hat mich traurig gemacht, aber es war schön. Vor zweieinhalb Wochen war ich mit der Lillboskola (an der ich freitags immer bin) Langlaufski fahren. Das war sehr lustig, weil ich mich natürlich prompt erst mal direkt vor zwei Erstklässlern hingepackt habe. Für die Schüler hier war es natürlich unbegreiflich, dass ich nicht Ski fahren kann - die wachsen hier alle damit auf... Ein paar Tage später übernachteten Nickie und ich bei Helena. Nachmittags machten wir mit ihr eine sehr schöne Langlauf-Rundtour von fünf Kilometern. Die Strecke ging wunderschön immer durch den Wald und teilweise dann auch auf einen Berg, von wo aus wir eine Aussicht auf die Wälder der Umgebung hatten. Nach und nach wurde es aber dunkel, sodass wir uns schließlich von den Loipen führen lassen mussten, weil wir nichts mehr sahen. Es war zwei Tage vor Vollmond und so fing plötzlich ein Wolf an, fürchterlich zu heulen - das war unglaublich, ich habe das selbst noch nie zuvor gehört. Helena kennt die Strecke sehr gut und meinte, dass Wölfe nicht gefährlich seien - aber alleine wäre ich nicht gerne dort gewesen! Hier ist nun wieder richtig Winter eingekehrt: neulich nachts liefen wir von einer Freundin nach Hause und da hatte es draußen -26°C!! Brrr! Das war so eine klirrende, trockene Kälte - das tat richtig beim Atmen weh. Und ein Phänomen verstehe ich nicht - und zwar schneit es hier manchmal auch bei -20°C... in Deutschland kenne ich es so, dass es meist so um 0°C herum schneit, aber nicht wenn es so viel Minusgrade hat...!? Keine Ahnung, wie das hier sein kann!?
Vor ein paar Tagen durften wir endlich mal einen Freund von Elinor kennen lernen. Bisher hat sie uns sozusagen immer geheim gehalten, das war für uns und für sie irgendwie eine blöde Situation. Aber hier in Edsbyn sind die Leute leider nicht so offen für Menschen aus anderen Gegenden und schon gar nicht aus dem Ausland und deshalb haben ihre Freunde das gar nicht gern gesehen, dass sie sich so gut mit früheren Freiwilligen verstand. Inzwischen wissen sie jedenfalls von uns und mal schauen wie sich das dann noch entwickelt. Neulich haben wir einen tollen schwedischen Film gesehen ("Masjävlar") - der hat mich sehr an die Situation erinnert. Es geht um eine Familie mit drei Schwestern, wovon die eine vom kleinen Dorf nach Stockholm gezogen ist, was die anderen beiden Frauen gar nicht gerne sehen... dramatisch, aber echt ein schöner Film! Letzte Woche kam Valentina an, sie ist eine weitere Freiwillige und kommt aus Italien. Nickie holte sie in Gävle ab, ich musste noch arbeiten, habe dann aber ein leckeres Menu gekocht bis die beiden zu Hause ankamen. Ich glaube Valentina ist sehr nett und trotzdem ist es natürlich erst mal eine Umstellung, jetzt plötzlich zu dritt zu sein und kein Deutsch mehr untereinander zu reden, aber ich finde es toll, dass wir nun drei sind, das ist dann ja auch ein bisschen abwechslungsreicher. Ansonsten freue ich mich, dass die Tage hier nun wieder deutlich länger werden - pro Tag sind es wohl jeweils morgens und abends sieben Minuten, in Kiruna (ganz im Norden) sogar jeweils zwanzig Minuten (sprich 40 Minuten pro Tag!)! Krass, aber irgendwie muss die Sonne das ja auch bis Mittsommernacht wieder aufholen. Die zweite Hälfte hier wird glaube ich sehr, sehr schnell vergehen - bald kommt Toni, dann meine lieben Eltern, dann bin ich noch mal kurz zu Hause, dann kommt meine Tanzgruppe, dann fliegen wir nach Österreich und schon ist mein Projekt vorbei. Auf unserem On-Arrival-Training erzählten sie uns damals, dass im Allgemeinen circa 30% der europäischen Freiwilligen in dem jeweiligen Land bleiben oder später wieder zurückkommen. In Schweden sind es aber wohl sogar 70%, das ist echt viel! Ich werde aber zurückgehen nach Berlin (zumindest vorerst) - keine Ahnung, wo es mich fürs Studium dann hinverschlägt, aber in den Ferien komme ich garantiert ab und zu mal wieder nach Schweden - die Natur ist echt toll und Stockholm auch! Eine warme Umarmung aus dem kalten Norden, Eure Janna!
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