Ausnahmezustand
Sieben Institute in Norwegen und 82 Interessenten - und das nur an Moerlins Schule! In der Musikbranche Fuß zu fassen ist nicht leicht und Moerlin hat jetzt viele Aufnahmeprüfungen vor sich...
"Wann fährst du?"
"Heute um 6 Uhr mit dem Nachtzug."
"Wo geht es denn hin?"
"Nach Trondheim. Dann Tromsø und zum Schluss Stavanger. Am Samstag bin ich wieder hier und dann am Montag natürlich Oslo. Und du? Wo hast du dich beworben?"
"Ach, nur Kristiansand und Oslo. Ich fahr also erst am Donnerstag."
An meiner Schule liegt der Schwerpunkt auf Musik. Und selten merkte man es so gut wie jetzt. In der Woche 10 sind traditionell die Aufnahmeprüfungen an den norwegischen Konservatorien.
Norwegen hat fünf davon, in den Städten Kristiansand, Stavanger, Bergen, Trondheim und Tromsø. Zusätzlich gibt es in Oslo noch die private Schule "Barratt Due" und die Norwegische Musikhochschule "NMH". Letztere veranstaltet ihre Prüfungen eine Woche später, also in Woche 11.
Das führt dazu, dass es hier in Hamar gerade ziemlich leer wird. Insgesamt sind wir 168 Schüler - davon können sich 82 vorstellen, ihre Zukunft in der Musik zu finden.
Dass nicht alle einen Platz an einem der 7 möglichen Institute bekommen können, kann man sich wahrscheinlich denken. Denn schließlich sind meine Mitschüler und ich nicht die einzigen, die sich bewerben.
Somit herrscht seit Monaten eine Art Übefieber und in den letzten Wochen kam es nicht selten vor, dass der eine oder andere ein bisschen aggressiver reagierte als es unbedingt Not getan hätte.
Manchmal vergisst man über dem ganzen Stress und der Angst, keinen der begehrten Plätze zu bekommen, warum man sich das alles eigentlich antut.
Warum mache ich eigentlich Musik?
Mit Sicherheit nicht, weil ich gerne zwei bis drei Stunden am Tag in einem kleinen 1,5 x 2 m langen Übungsraum stehe.
Aber wenn ich Musik mache, dann lebe ich den Moment. Ich erschaffe Gefühle; Freude, Sehnsucht, Trauer. Ich fange an, alles andere zu vergessen. Ich lebe nicht nur den Moment, ich lebe die Musik.
Manchmal haben wir die Tendenz, genau das zu vergessen. Es wird wie verrückt auf Technik geübt, lieblos werden die Übungen gespielt, denn "mein Lehrer hat sie mir aufgegeben".
In solchen Momenten muss man sich vor Augen führen, warum man angefangen hat zu musizieren. Wer war dein Vorbild, was hat dich beeindruckt? Was ist dein Lieblingsstück, wann hast du dich das letzte Mal an deiner eigenen Musik erfreut?
Am Freitag spiele ich meine erste Prüfung in Kristiansand. Drückt mir die Daumen.
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