Auf und davon
Viele von Lottis Freunden sind schon in die weite Welt abgereist, sie selbst ist nun auch an der Reihe. Wenn da nur nicht dieses komische Gefühl in der Magengegend wäre.
Ja, auf und davon sind nun schon einige meiner Freunde. Eben komme ich von zwei Verabschiedungen hintereinander. Die Augen sind noch etwas verquollen und rot, aber was soll man machen. Abschiede sind nicht einfach, vor allem, wenn es sich um sehr, sehr gute Freunde und eine lange Zeit bis zum Wiedersehen handelt.
Morgen – ich glaub es kaum – morgen fahre auch ich los. Neben mir steht schon ein riesiger fetter Klops von Koffer und die Kraxe wird auch bald voll sein. Aber trotzdem habe ich nicht das Gefühl, dass mein Zimmer leer ist, es ist alles noch so normal, eben unwirklich.
Den gestrigen Abend (es war ein Konzert, wo so gut wie alle Jugendlichen meiner Stadt da waren) habe ich auch nur wie in Trance erlebt. Immer mal kommen schubweise ganz gemeine Bauchschmerzen, beziehungsweise dieses Bauchgrimmen, das man vorm Zahnarzt, einem Date oder dem Impfen hat. Sehr unangenehm. Konnte heute auch noch nichts essen. Es ist nicht so, dass ich mich nicht freue. Nur auf einmal bin ich mit der Situation überfordert. Ich habe sie mir ständig ausgemalt, darauf hin gelebt, nach dem Abi endlich weg zu kommen und "Hallo!" – jetzt steht der Moment vor der Tür.
Am Freitag erhielt ich wohl vorerst die letzte Mail meiner Tutorin. Sie schrieb: "Dir noch ein wunderschönes Wochenende, wir sehen uns Montag!" Das klang doch sehr eigenartig.
Ich warte gespannt und neugierig auf morgen und verabschiede mich von meinem alten Schreibplatz.