Allerheiligen
Jetzt ist die Zeit zum in-sich-Kehren, zum Besinnen.
Sonntag begannen die Festlichkeiten zum Allerheiligen, Visų šventųjų diena, wie dieser Feiertag in Litauen genannt wird.
Jetzt ist die Zeit zum in-sich-Kehren, zum Besinnen.
Sonntag begannen die Festlichkeiten zum Allerheiligen, Visų šventųjų diena, wie dieser Feiertag in Litauen genannt wird.
Familien treffen sich in ihrer Heimat und denken im Stillen an ihre verstorbenen Verwandten, während sie auf Friedhöfen Kerze um Kerze anzünden und auf die Gräber der Toten stellen. Manche dieser Gräber scheinen von weitem heller als die Scheinwerfer der vorbeifahrenden Autos, andere liegen im Dunkeln - das sind die Gräber der unbekannten Toten, von denen niemand weiß, wer sie sind und woher sie kommen.
Uns Litauern gehören unsere Gräber auf ewig, erklärt uns Saulius. Nicht wie bei euch in Deutschland, wo das Grab neu genutzt wird, wenn es nicht weiter bezahlt wird.
Während wir mit den Lichtern in unseren Händen wie Kleinkinder vorsichtig durch die kleinen Gänge zwischen den Gräbern wandern, kommt uns der Gedanke, dass das ja bedeuten würde, dass ganz Litauen eines Tages ein riesiger Friedhof sein müsste, wenn keines der Gräber je verändert wird.
Heute morgen komme ich mir in der Altstadt seltsam vor. Gestern noch leuchtete die Straße voller Kerzenlichter, die die Studenten der Stadt zu einem langen Weg aufgestellt haben, dazu gedämpfte Trompetenmusik von einem kleinen Jungen, eine Menge junger und alter Leute neben uns, viel mehr als sonst um diese Uhrzeit, aber doch wieder stiller als man es hier gewohnt ist. Man kann beinahe spüren, wie die Menschen in sich gehen, sich vom Sommer verabschieden, sich ihren Familien zuwenden und an Vergangenes denken.
Heute morgen scheint all das wieder vergessen zu sein, Leute rauschen an mir vorbei, Autofahrer lachen einen aus, denkt man auch nur Ansatzweise, sie würden bei einem Zebrastreifen bremsen, und beschleunigen. Der Zauber vom Allerheiligen scheint schon verschwunden zu sein - nur ich hänge noch meinen Gedanken nach.
Auch das letzte Wochenende war wieder einmal fantastisch.
Zu russischen Märchenliedern an einem See Picknicken, Schwarzbier trinken, und das im Freien, wie rebellisch! Ein bisschen Nachhilfe im Unterscheiden von Polnisch, Ukrainisch, Russisch, und was es sonst noch alles gibt. Was nun was ist kann ich zwar immer noch nicht raushören, aber zumindest weiß ich jetzt, dass ich eine wundervolle Zeit haben kann, wenn ich mit einem Brazilianer, einer anderen Deutschen, einer Russin, einem Moldawen, und einem Esten versuche, einen anständigen Kaffee zu kochen.