Aland, die finnische Insel, die eigentlich schwedisch sein will
Ende Oktober wollten wir noch etwas finnische Seeluft schnuppern und haben uns auf den Weg nach Aland und in eine neue Zeit- und Währungszone gemacht!
Warum Aland? Zuerst einmal war die Vorstellung vielversprechend, mit einem riesigen Fährschiff für grobe zehn Euro nach Finnland zu reisen. Außerdem war es das naheste Ziel und die Natur sah auf Fotos unglaublich aus (auch wenn wir wie immer total außerhalb der Saison unterwegs waren). Erst auf dem Schiff ist uns dann aufgefallen, dass wir gerade in eine neue Zeitzone reisen und Finnland ja Eurozone ist… nach mehreren Monaten, in denen man nur Schwedische Kronen in den Händen hatte, war es wirklich ein komisches Gefühl, Euros zu sehen!
Die Viking Line ist ein finnisches Schiffsunternehmen, das verschiedene Routen unteranderem nach Finnland, Estland oder Russland anbietet. Als wir das Schiff im Hafen sichteten und schließlich betraten, wurden so ziemlich all unsere Erwartungen gesprengt. Es sah ein bisschen aus wie ein Luxusdampfer mit Spaangeboten und allem… Sobald wir dann auf offener See waren, wurde die Shoppingmeile auf dem Schiff geöffnet – für uns war es unvorstellbar wie der Großteil der Passagiere, in Aland angekommen, sich wieder auf die Rückfahrt nach Stockholm begab und das Schiff nur für einen „Tax-Free“ Einkauf betreten hat! Da spricht der pure Konsumismus.
Anders als als der Großteil der Passagiere hatten wir uns unabhängig von der verpassten Saison vorgenommen, diese paar Tage für uns selbst zu nehmen, die Natur zu genießen und einige Kilometer zwischen uns und Rapatac zu bekommen. Wir wurden von einem für diese Jahreszeit nicht unüblichen grauen Himmel begrüßt und tatsächlich sahen wir auch während der restlichen Tage kein einziges Mal die Sonne – was die Schönheit der åländischen Natur aber um kein bisschen geschmälert hat. Denn der bedrohliche graue Himmel und der vereinzelte Nebel hatten etwas total Magisches an sich. Erst in Schweden wurde mir die Schönheit und der besondere Wert von Natur so richtig bewusst, und wann immer ich mich in dieser gewaltigen Schönheit der Natur wiederfinde, denke ich mir aufs Neue, wie sehr ich mich glücklich schätzen kann, das alles erfahren zu dürfen. Ich glaube nicht, dass ich mich irgendwann an dem Anblick von Natur satt sehen oder mich gar daran gewöhnen kann. All das, was einen da umgibt, fühlt sich so schrecklich unreal an, und egal, wie man versucht diesen Moment mit der Handykamera festzuhalten, auf einem Bild wird er nie der gleiche sein und es kann schließlich nur die Erinnerung etwas länger verwahren. Das macht mich immer etwas traurig, aber es lässt mich gleichzeitig den Moment viel mehr schätzen.
Aber zurück zu Aland… zu unserer weiteren Verblüffung über dieses kleine Inselchen, handelt es sich bei Aland um eine autonome bzw. selbständige Region Finnlands. Diese Insel mit ihren 30 000 Einwohnern besitzt ein Parlament aus dreißig Abgeordneten und kann über Themen wie Bildungswesen (ja, es gibt hier sogar Schulen!), Gesundheitswesen und Krankenpflege sowie Wirtschaftsförderung selbst verfügen. Aland soll auf diesen Gebieten „nahezu wie ein unabhängiger Staat nach eigenen Gesetzen und mit einem eigenen Verwaltungsapparat“ arbeiten. Man könnte denken, dass diese Selbständigkeit ja ziemlich überzogen und fragwürdig begründbar ist, zumal der überwiegende Bevölkerungsanteil (über 80%) Schweden sind und die Amtssprache Schwedisch ist. Aber da die Aländer ursprünglich Schweden waren, bis die Insel zusammen mit Finnland nach dem Krieg (1808-1809) an das Zarenreich abgetreten werden musste, Finnland nach der Auflösung des Zarenreichs, dem Wunsch nach einem erneuten Anschluss von Aland an Schweden aber nicht zustimmen wollte, wurde Aland zur selbständigen Region. Doch bis heute fühlen sie sich aus ethnischer Sicht den Schweden näher als den Finnen, was sich nicht schwer an der Nationalflagge erkennen lässt.
Soviel zur Geschichte Alands…
Mariehamn ist die Hauptstadt von Aland. Sie ist zwar klein, kann aber durch eine schöne Altstadt punkten, und eigentlich findet man ja auch alles, was es zum Leben braucht. Einen Küstenrundgang würde ich auf jeden Fall jedem empfehlen, der die Insel mal besuchen kommt, und das vegetarisch/vegane Restaurant „Emmaus“, das Gerichte entweder aus Eigenanbau herstellt oder Essen verwertet, das in den Supermärkten eigentlich schon weggeworfen werden würde, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum um ist. Gleichzeitig betreiben sie noch einen Second-Hand Laden, in dem man sich auch bei schlechtem Wetter sehr gut länger verweilen kann.
Der absolute Höhepunkt unserer Reise war aber als wir auf dem Weg zur Westküste der Insel endlich einen Elch in freier Wildbahn zu Gesicht bekommen haben. Die Elchdame lief geradewegs vor unseren Bus, so dass der Busfahrer eine Notbremsung durchführen musste und ist dann auf der anderen Straßenseite im Gestrüpp verschwunden (und sie war eindeutig zu schnell, um sie zu fotografieren), aber unser Tag war gerettet! Dazu muss man noch sagen, dass wir eigentlich an die Ostküste wollten, haben den Bus jedoch morgens verschlafen und da die Busse nur zweimal pro Tag außerhalb der Saison fahren, mussten wir mit der Westküste vorlieb nehmen – wenn das nicht Schicksal ist!
Zur Geographie Alands muss noch gesagt werden, dass Aland nicht eine Insel ist, sondern aus über 25 000 Inseln besteht, von welchen gerade mal sechzig bewohnt sind. Wenn ich also „Westküste Alands“ schreibe meine ich damit die große westliche Insel Eckerö, die über eine Brücke mit dem aländischen „Festland“ (wie es komischerweise genannt wird, obwohl es sich dabei auch nur um eine Insel handelt) verbunden ist.
In Aland haben wir außerdem unsere Liebe zu Glöggi entdeckt. Dabei handelt es sich um ein schwedisches, warmes Weihnachtsgetränk, ähnlich wie Kinderpunsch (oder Glühwein, falls mit Alkohol), das perfekt in eine abendliche Kartenrunde passt!
Schlussendlich war es überhaupt kein Problem, dass wir mit unserer Urlaubsplanung wieder einmal total neben der Saison gelandet sind. Wir hatten eine spektakuläre Naturerfahrung, die auch gerne ein oder zwei Tage länger hätte andauern können.
Bildquellen:
http://www.flaggen-server.de/europa2/fin_aland_g1.png
http://toursmaps.com/wp-content/uploads/2017/01/mariehamn-aland-islands-map_12.jpg