Abtreibung legalisieren?
Auch wenn Frauen in Deutschland abtreiben dürfen, ist es gesetzlich verboten und sie begehen im Grunde genommen eine Straftat damit. Ob man nun Abtreibung persönlich befürwortet oder ablehnt, es sollte in einem demokratischen, modernen Staat auf jeden Fall die Option zu einem Schwangerschaftsabbruch geben - Und das ist in Deutschland nicht ganz eindeutig…
Ich habe bereits in vielen Ländern gelebt, oder bin durch Länder gereist, in denen eine Abtreibung illegal ist. In vielen lateinamerikanischen Ländern zum Beispiel ist ein Schwangerschaftsabbruch illegal, selbst im Falle von Vergewaltigen, Minderjährigkeit oder massiven gesundheitlichen Risiken für die Frau. Das führte dazu, dass ich nicht einmal die „Pille Danach“ (eine Pille, mit der man eine Schwangerschaft nach ungeschütztem Sex bis zu 72h danach verhindern kann) in Nicaragua kaufen konnte - Und ganz beschämt von einer Apotheke zur anderen laufen musste, bis man sie mir schließlich unter dem Tresen verkaufte. Praktisch gesehen ist die „Pille Danach“ zwar keine Abtreibung, da sie nur die Empfängnis verhindert, aber viele nehmen die moralischen Gebote des Staates und der Kirche sehr ernst. Das zeigt aber auch, dass trotz aller Verbote und trotz der Tabuisierung Frauen trotzdem versuchen, Schwangerschaften zu verhindern und im schlimmsten Fall auch illegal abtreiben - Mit enormen Risiken für die Frauen, die sich keine teure, diskrete Privatklinik leisten können.
In Deutschland müsste das ja anders sein - Dachte ich zumindest. Daher schockierte es mich umso mehr, in der aktuellen Debatte um Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland zu erfahren, dass es eine Abtreibung tatsächlich ein Strafbestand ist: „Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Das ist Paragraf 218 des Strafgesetzbuches. Es gibt natürlich Ausnahmen, die dann in 218a behandelt werden ( Beratungsregel ( also eine Abtreibung mit Beratung und vor der 13. Schwangerschaftswoche), im Falle einer Vergewaltigung und wenn sie medizinisch notwendig ist), aber es ist trotzdem eine Straftat. Das erklärt auch, warum FrauenärztInnen beispielsweise nicht auf ihrer Website angeben dürfen, dass sie Abtreibungen durchführen - Für eine Straftat darf man natürlich keine Werbung machen. Zuletzt wurde die Ärztin Kristina Hänel aus Gießen zu einer Strafzahlung verurteilt, weil sie auf ihrer Website über Abtreibungen informierte und angab, sie in ihrer Praxis durchzuführen.
Dieses Gesetzt existiert schon sehr lange, seit 1872 um genau zu sein, und das Verbot von Werbung für Abtreibungen wurde übrigens vom NS-Regime eingeführt - Man könnte meinen, es sei höchste Zeit für eine Überholung des Gesetzestextes. Dieser bietet nämlich auch die Grundlage für viele Anti-Abtreibungsbewegungen, neben religiösen Gründen: Diese halten häufig Mahnwachen vor Beratungszentren oder Abtreibungskliniken, verteilen Flugblätter und versuchen gegen die Frauen, die abtreiben möchten, Stimmung zu machen. Natürlich kann man seine Meinung zu dem Thema äußern, aber man sollte nicht versuchen, Frauen, die versuchen diese Entscheidung zu treffen, zu beeinflussen und sie nach einer Moralvorstellung zu verurteilen.
In Europa ist das Thema sehr umstritten: Während die meisten Staaten eher progressive Gesetzgebung haben und Abtreibungen zulassen, sind Andorra, Malta, San Marino, Lichtenstein und Polen die europäischen Länder, die Abtreibungen sehr restriktiv regeln. Auch Irland gehörte lange Zeit dazu, wahrscheinlich weil es ein sehr konservativ katholisch geprägtes Land ist, aber letztes Jahr im Mai gab es dort eine Volksabstimmung über das Thema: Endlich dürfen Irinnen legal abtreiben, gegen den Widerstand der katholischen Kirche. Auf der Insel galt nämlich totales Verbot - Unter der Androhung von bis 14 Jahren Gefängnisstrafe. Paradoxerweise wurde damit eine Abtreibung schwerer bestraft als ein Mord an einem Kind, und besonders dieser Aspekt scheint mir immer wieder fragwürdig: Natürlich kann man darüber diskutieren ab welchem Zeitpunkt die befruchtete Eizelle als Lebewesen gilt. Aber es gibt so viele bereits existierende Kinder, die leiden und denen fundamentale Rechte verweigert werden, die kein liebendes Zuhause haben - Was Abtreibungsgegners allerdings relativ egal ist. Geht es hier nicht eher um keine konservative traditionelle Machtausübung über den weiblichen Körper?
Die Entscheidung über eine Abtreibung fällt immer schwer und traumatisiert manche Frauen langfristig - Daher sollte man aufhören, über Abtreibungen zu reden als wäre eine erfreuliche Sache oder ein Service, den man genießt. Kann es wirklich „Werbung“ für Abtreibung geben? Die Möglichkeit zur Abtreibung sollte Teil einer fundierten Entscheidung zu einem Kind sein, sonst nimmt man Frauen die Autonomie über ihren eigenen Körper.
Meine Quellen:
https://www.bento.de/politik/abtreibung-in-deutschland-die-wichtigsten-fakten-a-00000000-0003-0001-0000-000002580215
https://www.zeit.de/2018/23/irland-schwangerschaftsabbruch-abtreibung-kirche-rom-papst-vatikan