A new start
Warum ich niemals routiniert im Abschiednehmen werde und wie es sich anfühlt mit 15 Menschen zusammenzuleben
Abschiednehmen wird wohl nie meine Spezialität werden. Trotz intensivstem mentalem Briefing flossen letztendlich doch die Tränen. Vermutlich kann man sich aber ans Abschiednehmen auch nicht gewöhnen… Auf mich trifft das zumindest nicht zu. Montag geht es in aller Herrgottsfrühe mit dem Auto nach Stuttgart.
Kofferabgabe: check [trotz des leichten Übergepäcks, das sich aufgrund des ominösen Dressingcodes der Schule – dazu später mehr – untergemogelt hat….]
Plötzliche und sehr unerwartete SMS von der Fluggesellschaft, dass ich mein Handgepäck doch aufgeben soll. Kurzer Moment der totalen Panik. Trotz 5 Kilo Übergepäck macht sich die Hoffnung breit, dass ich irgendwie durch die Gepäckaufgabe komme, ohne etwas zu bezahlen… Gesagt, getan. Vielleicht sah ich aber auch schon so durch den Wind aus, dass sich die Dame hinter dem Schalter nicht anders zu helfen wusste. Check.
Dann passiere ich die gefürchtete Sicherheitskontrolle. Da aber alle Koffer und Rucksäcke, die mich am Flughafen jemals ungewollt verlangsamt haben, bereits aufgegeben sind, gibt es keine Probleme. Bis auf die Tatsache, dass mich die Securityfrau zurechtweist, dass ich aufhören soll zu weinen. Ich würde ja wiederkommen. Recht hat Sie ja. Check.
Gate etwas kopflos finden. Check.
Alles andere geschieht wie in einem Schwebezustand. Irgendwie finde ich mich dann wieder im Flugzeug wieder. Neben mir zwei ca. 15-jährige Mädchen, die sehr am schwaben und mutmaßlich auf dem Weg an die Costa Brava mit irgendeiner Jugendorganisation sind. Ich will einfach nur meine Ruhe und mache das einzig Richtige, was man morgens um halb sieben meistens so macht: Ich schlafe ein.
In Barcelona – ach ja, ich vergaß mein Ziel zu erwähnen… Für mich soll es für drei Monate nach Barcelona gehen. Um genauer zu sein, in einen Ort bei Barcelona. Und um noch genauer zu sein neben besagten Ort neben Barcelona. Aber das weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das ist vermutlich aber auch besser so – warte ich sechs Stunden im Burger King. Nach und nach trudeln immer mehr ein. Ich lerne direkt meine zukünftige Zimmernachbarin kennen und weiß, dass mit ihr das Erlebnis Zimmerteilen weniger schlimm werden wird. Mit drei Stunden Schlaf und so viel Aufregung (finde ich meine beiden Koffer? Oder nicht?) bin ich noch nicht so sehr darauf vorbereitet, mich sechs Stunden lang auf Englisch zu unterhalten. Mit Menschen, die ich noch nicht einmal richtig kenne. Aber so lernt man sich dann kennen. Ist an sich auch ganz gut. Schließlich werden wir die nächsten drei Monate zusammen arbeiten und zusammen wohnen. Eine intensive Zeit wartet auf uns… Nach sechs Stunden sammelt uns dann der Bus der Schule ein und bringt uns zu unserer Unterkunft. Die Schule ist ein super großes Gebäude inklusive großem Sportplatz, Basketballfeld und Schwimmbad. Als wir in unserem neuen Heim ankommen, tropft es aus der Decke und sieht sehr spartanisch aus… Na super. Das ist ein brillianter Start.
Von Tag zu Tag wird es aber besser. An vieles kann man sich dann eben doch gewöhnen. Sei es die spanische Ungeplantheit – das zeigt sich ganz besonders beim Elternabend am Donnerstag. Eine einmalig Erfahrung… - oder die sehr intensive Wohnsituation. Mit den anderen freunde ich mich Stück für Stück an. Wir machen La Garriga unsicher, nehmen den Ein-Euro-Shop auseinander, versuchen uns die WG wohnlich einzurichten, lernen die Schule inklusive Lehrer kennen,…
Ich werde eine der drei 6. Klassen unterstützen. Im deutschen Schulsystem wäre diese Klasse in der 5. Klasse angeordnet. Zusammen mit dem einzigen männlichen Lehrer der Grundschule werde ich mich an das IB Programm machen, welches nach meinem Verständnis Züge vom Montessori-Ansatz hat. In der Theorie finde ich es ganz nett den Schülern Freiheiten beim Lernen einzuräumen. Wie das in der Praxis dann umgesetzt wird, kann ich mir trotz allem noch nicht so ganz vorstellen.
Die Woche in der Schule ist gezeichnet von viel Aufräumen, Laminieren und dem Packen der schuleigenen Taschen für die Schüler – so etwas bekommt man wohl nur an einer Privatschule. In meiner Schullaufbahn ist mir so etwas auf jeden Fall noch nicht über den Weg gelaufen… -, sowie besagtem Elternabend. Für mich steht er repräsentativ für unsere erste Woche. Trotz eifrigem Vorbereiten, einer sehr professionellen Präsentation und einer tadellosen äußeren Aufmachung der Lehrer, kommt die gesamte Elternschaft 1,5 Stunden zu spät. Mit Uhrzeiten nimmt man es wohl nicht so genau.
Voller Tatendrang wird dann ins Wochenende gestartet. Ich teste Padel (das spanische Tennis) – und mag es sogar! -, mache mit den anderen Barcelona unsicher (inklusive Strandbesuch und Bestaunen der Sagrada Familia) und erforsche die Region während einer Wanderung per Pedes. Landschaftlich kann ich mich ganz und gar nicht beklagen. Es ist wunderschön und so viel Natur hatte ich lange nicht mehr um mich.