3.Tag & 3.Hotel
Meine Reise nach Dalian-aufregend und erkenntnisreich
Dritter Tag, drittes Hotel
Mit dem Zug zurück ins Stadtinnere, ein paar Hügel auf und ab. Im internationalen Hostel erwarteten uns Katzen, Hunde, ein gemeinschaftliche Etage mit Bad, Kochmöglichkeit, Schlafraum, Aufenthaltsraum für circa 20 Personen. Es war ein ausgebautes, umfunktioniertes Dach. Die Betten waren Decken, die auf den Boden gelegt wurden. Trotz meiner eigentlichen Rückenprobleme konnte ich sehr gut schlafen. Meine Bettnachbarin versuchte mir auf Englisch zu erklären, dass sie gerade am Anfang ihrer Weltreise steht. Zwei ihrer Ziele seien Frankreich und Chicago. Wir schossen gemeinsam Fotos von uns, mit Panda- und Herzchenfilter. Sie erklärte mir, wie hübsch sie meine Augen und meine Haarfarbe fände und dass es in China eine gerade Nase als schön empfunden werde. Deshalb und weil alle jungen Mädchen so schlank seien, fühle sie sich nicht hübsch. Dabei war sie ein wunderschönes Mädchen. Auch wenn ich über die Reaktionen auf mein Äußeres nachdenke, bekomme ich insgesamt den Eindruck: Schönheit und Aussehen haben hier einen anderen Wert. Ich kann es nicht erklären, aber die Frage „hübsch?“ liegt häufiger in der Luft. Ich habe noch kein einziges Plakat mit Plus-Size-Models gesehen. Alle Models sind unfassbar schlank. Viele sind europäisch und nicht asiatisch. An den Bushaltestellen hängt Werbung für plastische Chirurgen.
Es hat mich traurig gemacht zu hören, dass meine Bettnachbarin, langes schwarzes Haar, jung, schlank, reine Haut, ihre eigene Schönheit nicht erkennt.
Während unseres Aufenthaltes in Dalian wurde ich mehrfach fotografiert, teils auf Anfrage, teils „heimlich“. Ich muss zugeben, dass es mich ärgert. Ich empfinde es als unhöflich. Dennoch muss ich mich an dieses Verhalten gewöhnen. Angestarrt zu werden fällt mir besonders auf Rolltreppen auf. Alle Passagiere, die nach oben fahren, scannen mich einmal ab. In einem Restaurant stand ein kleiner Junge neben mir. Als er mich ansah, stellte er abrupt seinen Teller ab und rannte weg. Die Bedeutung positiver Diskriminierung habe ich in einem Restaurant begriffen. Alle Gäste, die das All-you-can-eat-Restaurant für einen Moment verlassen wollten, brauchten einen Stempel. Alle außer mir. Stellt euch mal vor, in Deutschland würde das Sicherheitspersonal einen Unterschied zwischen den Gästen aufgrund ihres Äußeren machen. Das wäre ein Skandal. Nun werde ich diskriminiert, und weiß nicht damit umzugehen.
Zum weiteren Programm in Dalian: Xinhai Square, Xinghai Square, Ocean World, Fisherman's Pier und Laohutan Square. Mein Highlight war der Fischerhafen. In einer kleinen Bucht findet man hübsche Cafés und Restaurants, alte Fischerboote, einen steinigen Strand voller Muscheln und perfekt für Erinnerungsfotos mit Meer und Bergen im Hintergrund. Der zeitaufwändigste Teil unserer Tour war wohl das Essen. Neben dem ersten Sea-Food-Lunch gönnten wir uns eine Portion Sepzial-Maultaschen mit Penisfisch(Meereswurm), ein Garnelen-Dinner mit Okra als Beilage und vor der Abreise ein riesiges Buffet. In 2,5 Stunden konnten wir uns für ~8,30 € an einem riesigen Buffet bedienen. Das Angebot umfasste sowohl Meeresfrüchte, Gemüse, Nudeln, Tofu, frischen Fisch und frisches Fleisch, die im Tischfondue frisch gekocht werden konnten, als auch warmes Essen, Obst (mein Favorit: Drachenfrucht), einen Schokobrunnen, ein Soßenbuffet, eine Sushibar, warmes und kaltes Desert. Ich war froh, dass ich nichts gefrühstückt hatte und brauchte an dem Tag auch kein Abendessen mehr-so viel aß ich.
Weniger schön war für mich der Besuch der Ocean World. Ein Park mit Jurassic World (ein Fahrgeschäft und 1000 Fotokulissen), Blick auf Meer und Berge, Sea Life, Vogelpark und unzähligen gefangenen Wassertieren. Die Besucher schienen sehr foto-begeistert zu sein. Tierschützer hätten in diesem Park einiges zu tun. Das konnte selbst ich als Amateurin mit Sicherheit sagen. Ein Seelöwen-Gehege war so tief, wie ein Seelöwe lang war. Zwei Eisbären hatten in ihrem Gehege 1/3 mal so viel Platz wie ein Eisbär in einem deutschen Zoo. Die Aquarien der Fische und Schildkröten enthielten kaum Pflanzen und keine Rückzugsorte für die Tiere. Trotz Faszination für die Schönheit der Tiere fiel es mir schwer den Ausflug zu genießen. Am Ende des Parks begegneten mir im Vogelgehege alte Bekannte aus Köln: Tauben und Enten. Sie scheinen hier eher eine Seltenheit zu sein, denn die Kinder posierten vor ihnen für Fotos. Bei der Papageien wurde uns dann ein Genie-Streich präsentiert: Zum Abschluss der Talentshow der Papageien wurden vier Papageien abwechselnd ins Publikum geschickt und landeten auf den Köpfen und Armen der Besucher. Die Papageien flogen allerdings nur zu den Besuchern, die sie mit etwas Geld anlockten. Gewünscht waren dabei natürlich nur Scheine ab einem Wert von 10 Yuan. Die begeisterten Familien standen auch nach 20 Minuten nach Ende der Show noch mit ausgestreckten Armen auf der Tribüne, um ihr Geld loszuwerden.
Mein Fazit zu dieser eindrucksvollen und schönen Reise:
Reisen in China ist anstrengend und mit Menschenmassen verbunden. Ich muss mich auf viele Blicke und Fotos einstellen. Aufdringliche Verkäufer sollte man wie gewohnt ignorieren. Für gutes Essen muss man nicht in teure oder schicke Restaurants gehen, sondern am besten außerhalb eines touristischen Zentrums in eine gut besuchte Lokalität. Deshalb bedarf gutes Essen einer gewissen Planung. Sea Food ist unfassbar billig und lohnenswert. Für Meeres- und Berge-Liebhaber ist Dalian die richtige Stadt. Reisen in China ist unfassbar billig, solange man auf etwas Privatsphäre verzichten kann und offen für Neues ist. Ich habe an mir selbst erkannt: Mein Orientierungssinn ist gar nicht so schlecht wie gedacht. Ich werde mutiger bezüglich des Essens und halte meinen Vorsatz, alles zu probieren, ein. Ich kann mit wenig Gepäck auskommen und brauche nicht viel, um mich wohl zu fühlen. Ich liebe das Meer. Und ich habe entschieden: Ich werde es wagen, ein Kurzurlaub in China-allein.
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