12. November 2005, 12.38 Uhr Ortszeit
Nach einem guten sowie einem weniger guten Stay und – mal wieder – einem Abschied und damit verbundenem Umzug trotz Nachwirkungen der Abschiedsfeier, stürzt sich Freddy gewohnt sportlich in einen Highschool-Wettkampf der besonderen Art, inklusive militärischer Übungsgeräte.
…und schon wieder ein Monat rum! Nach der Reise nach Edinburgh stand das Großprojekt “2 Big Stays” hintereinander an, das kann ja nichts werden!
Der erste Stay
Der erste Stay begann: Vier Familien, fünf Erwachsene, zwölf Kinder, endlich mal wieder ein Stay mit richtig vielen Leuten, ist meiner Meinung nach nämlich einfacher. Klingt am Anfang blöd, aber wenn man viele Kinder hat, dann ist man von einzelnen Kindern nicht so schnell genervt. Und wenn man mit einigen nicht so gut klarkommt, dann beschäftigt man sich halt mit den anderen. Wenn man nur ein paar Kinder hat, dann muss man was mit denen machen, ob man will oder nicht. Wie auch immer, es war ein erfolgreicher Stay!
Die Familien und wir hatten Spaß, unter anderem bei dem “International Day”, bei welchem “China” und “Germany” in verschiedenen Spielen gegeneinander antraten. Die Eltern sind sogar mit ihren Flaggen im Gesicht in Stirling shoppen gewesen.
Der zweite Stay
Dann kam der zweite Stay, bestehend aus einer Mutter mit einem Mädchen im Rollstuhl und einem 14-jährigen Sohn, eine Mutter mit einer 16-jährigen Tochter und einer 18-jährigen Tochter mit Lernschwierigkeiten und einer Familie mit einem einjährigen Sohn. Da der 14-jährige und die 16-jährige keine Lust hatten, irgendetwas zu tun, und an sich alle Familien nur am Schlafen, Rumsitzen oder Rauchen waren, war die Programmgestaltung etwas schwierig. Am zweiten Tag kam dann noch ein Ehepaar mit zwei supernetten Kindern, die alles mitgemacht haben.
Als erstes haben wir den Vater des Babys, ich nenne ihn einfach mal Garry, und den 14-jährigen Sohn, genannt Chris, am ersten Abend beim Kiffen erwischt, also eigentlich haben sie den Joint vor uns geraucht und Sonja hat es gerochen. Daraufhin hat Brian mit ihnen gesprochen und ihnen die drei Grundregeln Braendams:
Keine Gewalt Kein Alkohol Keine illegalen Drogen
nochmal erklärt, obwohl sie im ersten Meeting ausdrücklich genannt worden waren. Chris hat es dann auch zugegeben, Garry aber nicht. Und man kann ihn ja nicht nur auf Grund eines Verdachts nach Hause schicken.
Beide Familien blieben erstmal.
Dann durften wir uns von den Familien anhören, dass wir ja nichts mit denen unternehmen würden, obwohl die einfach alles ausgeschlagen haben, was wir machen wollten. Wir waren zum Beispiel Bowlen, Hazel hat das Baby genommen, so dass die Eltern einen “babyfreien” Nachmittag hatten. Als wir dann alles schön bezahlt hatten und gerade anfangen wollten zu bowlen, meinte Garry, er müsse jetzt Billiard spielen. Als ich ihm erklärte, dass das Scheiße (ich hatte es netter umschrieben) ist, da wir alle zusammen bowlen wollten (zumindest hatten das alle am Morgen gesagt), erwiderte er, dass er erwachsen sei und selbst entscheiden könne, was er tun möchte und ich ihm gar nichts zu sagen habe… Blabla, blabla - bis ich ihm gesagt habe, das es mir so dermaßen egal ist was er tut, so dass er mit seiner Frau an die Bar gegangen ist, um - wie von ihm ausdrücklich betont - einen alkoholfreien Drink zu nehmen.
Am Abend hat Karolin Tom gefüttert und da es geregnet hat, hat sie irgendeine Jacke genommen und danach ihre Schlüssel darin vergessen. Als sie es merkte, sah sie Garry mit einer Regenjacke und fragte, ob es die Jacke mit den Schlüsseln sei, daraufhin hat er sich lauthals aufgeregt, wie man ihn beschuldigen könne, eine Jacke zu stehlen. In der Küche hat dann seine Frau mit eingestimmt und zusammen haben sie Karolin und Wendy angeblökt.
Dann kam der Donnerstag, der vierte Tag des Stays. Ich war beim Scottish Country Dancing in Callander und als ich wiederkam, wurde mir erzählt, dass der Feueralarm ausgelöst worden war. Das war so: Irgendjemand hatte um fünf Minuten vor 10.00 Uhr die Scheibe des Feuermelders im Erdgeschoss eingeschlagen. Alle waren dann also vor das Haus gerannt und unser Lieblingsvater Garry fing an, Wendy anzumachen, wie man denn um diese Uhrzeit einen Feueralarm auslösen könne, sein Kind wolle schlafen! Ohne Wendy überhaupt zuzuhören, die versuchte, ihm klarzumachen, dass wir keine Feuerübungen in der Nacht machen, schon gar nicht fünf Minuten vor Feierabend und auch nicht die Scheibe dafür einschlagen müssten.
Komisch war, dass sämtliche Eltern aus dem Big Blue (die Familienzimmer sind nach Größe und Farbe benannt) kamen, aber sie meinten, dass sie Karaoke gesungen hätten, was wir erstmal glaubten, da sie eine Karaokemaschine mitbrachten. So kam dann alles wieder zur Ruhe und ich ging um eins ins Bett, da ich am nächsten Tag frei hatte.
Ich war gerade im Halbschlaf, da klopfte jemand an meine Tür. Es war die 16-jährige Tochter, die meinte, ihre Mutter müsse ins Krankenhaus. Da sonst alle gepennt haben, bin ich also runter, habe mir den angeblich gebrochenen Fuß angeguckt und versucht, Wendy zu erreichen, da sie “on call” war. Da sie aber gepennt hat, habe ich Brian und Dee wachgeklingelt, die dann herüberkamen.
Die Mutter meinte, sie sei umgeknickt und könnte nicht auftreten und spüre den Fuß und ihr Bein nicht mehr. Auch nicht, wenn man ihn berühre oder ein Kühlpaket drauflege, aber trotzdem konnte sie ihn wild umherwedeln. Brian, Dee und ich haben uns dann kurz abgesprochen, und da keiner von uns Alkohol riechen konnte, haben wir beim NHS24 (National Health System 24 Stunden Service) angerufen. Nachdem die Mutter ihre Situation am Telefon erklärt hat, haben Brian und Dee sie ins Krankenhaus gebracht, wo festgestellt wurde, das sie einfach nur umgeknickt ist und ein Krankenhaus da nichts tun kann. Da sie aber keine Priorität hatte, hat das Ganze bis 7.00 Uhr morgens gedauert.
Am nächsten Morgen konnte man dann den Alkohol aber riechen… bei so ziemlich jedem. Außerdem hatten viele einen sichtbaren Kater. So hat Brian dann im Meeting gefragt, ob Alkohol getrunken wurde. Der etwas seltsame Garry meinte daraufhin, dass man nicht nur ihn beschuldigen könne, da alle anderen auch Alkohol getrunken hätten. So hieß es dann also für drei der Familien erstmal Abschied nehmen, bis der Vater der Familie mit den zwei netten Kindern zu Brian ging und meinte, dass auch er Alkohol getrunken hätte. So haben wir also alle Familien am Freitagmorgen nach Hause geschickt.
Das war also Brians und Dees letzter Stay nach fast fünf Jahren Braendam.
Wir haben die Tage bis zum langen Wochenende mit folgenden Fragestellungen verbracht: 1) Wie strecke ich ein Frühstück auf anderthalb Stunden? 2) Wie harke ich zwei Tage Laub? 3) Wie verbrenne ich einen Schrank, ein Bett und Unmengen von Teppich? 4) Wie verbrenne ich auf dem oben genannten Feuer möglichst viel Laub? 5) Wie verbrenne ich nasses Laub, welches auf dem normalen Feuer nicht brennt, mit flüssigen, brennbaren Substanzen auf dem Werkzeugschuppen? 6) Wie verbringe ich einen Nachmittag Kaffeetrinkend in Stirling?
Abschied von Brian und Dee
Irgendwie haben wir die Zeit schon rumgekriegt und es war Dienstag, der Tag der Abschiedsparty von Brian und Dee. Der Abend begann mit einem leckeren Essen und ging dann im Wohnzimmer weiter. Hazel und Wendy hatten uns vorher gefragt, ob wir nicht ein paar Spiele vorbereiten könnten, damit der Abend nicht nur aus langweiligem Herumsitzen besteht. So haben wir unter anderem Evolution, auch “Ploem” genannt, gespielt, was nach anfänglicher Skepsis doch ein Riesenspaß war. Nach einigen weiteren Partyspielen ging es über zu den Braendam-Ritualen.
Jedem Mitarbeiter von Braendam werden beim Abschied folgende Fragen gestellt: Wolltest Du Kinder, bevor Du nach Braendam kamst? Willst Du jetzt Kinder? Was war Dein schlechtester Moment? Was war Dein bester Moment? Wo siehst Du Dich selbst in zehn Jahren?
Das Ganze wurde für Brian und Dee etwas umgeschrieben, und nach den Fragen kam die Geschenkübergabe sowie eine kleine Rede von Hazel, wo dann auch die ersten Tränen flossen. Danach hatten Brian und Dee noch Geschenke für uns und wir haben den Abend feuchtfröhlich ausklingen lassen.
Der nächste Morgen
Das Blöde war, das wir am nächsten Morgen arbeiten mussten, und ich es etwas zu feuchtfröhlich beendet hatte. Mir wurde aber netterweise die Reinigung des Foodstores übergeben, den ich langsam, sehr langsam, angehen konnte. Am Nachmittag stand dann der Umzug von Brian und Dee ins fünf Meilen entfernte Callander an, da ging es mir aber schon wieder besser, so dass das zahlreiche Hin- und Herschleppen kein Problem darstellte.
Am Freitag, den 04.11., ging es dann den ganzen Tag weiter mit dem Umzug. Blöderweise zogen sie von einem großen Haus in ein kleines Haus, daher hatten sie einfach zu viele Möbel. Dee fing auch noch während des Umzuges an, die Innengestaltung zu diskutieren, was ihr dann aber untersagt wurde.
The Crown, der Pub
Am Samstag hatte Sarah, Catherines Tochter, uns Karten für das Noisefest in der Community Hall von Thornhill beschafft, einem Konzert von lokalen (Schüler-)Bands. Die Musikrichtung lag zwischen Rock und Metal, was die Mädels und Soner dazu veranlasste, nach fünf Minuten in den Pub zu wechseln. Ale und mir gefiel es besser, so blieben wir noch etwa zweieinhalb Stunden, bevor wir in den Pub folgten. Als wir diesen betraten, hörten wir nur ein lautes Gegröle. Karolin, Sarah und Sonja hatten begonnen, Kurze und Bier zu trinken. Zu dem Zeitpunkt hatten sie schon fünf Kurze und Karolin und Sonja zu jedem Kurzen ein Pint Bier - heißt also, sie waren sternhagelvoll. Da es aber Frauen sind, war es nicht ganz so schlimm, denn die ganzen älteren Herren an der Theke haben die Aufmerksamkeit sehr genossen.
Kleiner Tipp: Gebt betrunkenen Frauen nie eine Kamera, wenn sie auf Toilette gehen, auf die Bilder/Videos möchte ich nicht weiter eingehen.
Der Abend endete, als Karolin zur Toilette ging dort circa 20 Minuten verweilte. Wir hatten Sonja zur Kontrolle hingeschickt, aber sie kam nur torkelnd zurück und meinte, es sei alles okay. Bis Karolin aus der Toilette kam, sich auf ihre gesamte Hose übergeben hatte und meinte: “Freddy, ich muss nach Hause, jetzt!” Da ich eh zweimal fahren musste, habe ich sie ins Auto gesetzt und nach Hause gefahren. Einen kurzen fünf-Minuten-aus-der-Beifahrertür-übergeben-Zwischenstopp 100 Meter vorm Haus, und sie war ab zur Stafftoilette und ich zurück, um den Rest abzuholen.
Angekommen am Pub mussten wir Sonja und Sarah dazu nötigen, ins Auto zu steigen - was sie nach intensiver Küsschen-Verabschiedung bei den älteren Herren dann auch getan haben. Alles in allem ein sehr amüsanter Abend und wir haben den Braendam-Volunteer-Ruf im Stammpub würdig verteidigt!
Am 05.11 ist übrigens Guy Fawkes Nacht, auch Bonfirenight genannt. Guy Fawkes hat 1605 versucht das House of Parliament mit Schwarzpulver in die Luft zu sprengen, daher auch Gunpowderplot. Eigentlich war er gar nicht so wichtig, aber er war der Dumme, den sie als Erstes geschnappt haben. Und so wird gefeiert, dass er es nicht geschafft hat, meist mit einem Feuer mit einer Puppe in der Mitte und einem Feuerwerk.
Trossachs-Challenge
Am Sonntag wollten wir eigentlich alle zur Trossachs-Challenge nach Callander. Aber irgendwie sind die Mädels nicht aufgestanden, so sind nur Soner, Ale und ich los, um den Wettkampf zu bestehen.
Das Ganze war von der McLaren Highschool und dem Militär organisiert, wodurch viele lustige Militär-Übungsgeräte zur Verfügung standen. Man hatte einen Laufzettel und konnte dann soviele Stationen bewältigen, wie man wollte. Wir mussten leider das Kanufahren ausfallen lassen, da Ale und Soner keine Badehose hatten.
Die weiteren Stationen gingen von Paintball über Klettern bis zum Orientierungslauf. Außerdem gab es auch “normale” Sportarten wie Basektball und Netzball. Beim Netzball haben wir die Schiedsrichter zum Wahnsinn getrieben, da wir keinen Plan von den Regeln hatten und sie alle zehn Sekunden das Spiel unterbrechen mussten, da wir etwas falsch gemacht hatten. Nach den ersten Minuten haben sie uns dann aber einfach Spielen lassen.
Mit das Lustigste war ein Hindernisparcour, der wie eine Kinderhüpfburg aufgeblasen wurde. Leider hatte Ale beim Springen durch ein Hindernis seine Hose und Unterhose verloren, was uns wertvolle Zeit kostete. Aber das passiert halt, wenn man seine Hosen in den Kniekehlen trägt.
Dreckig wurde es dann beim Mountainbiking, eigentlich setzen die hier immer viel auf Health und Safety, was sich in den Helmen widerspiegelte. Das hinderte sie aber nicht daran, uns zum Beispiel in einen dichten Nadelwald zu schicken, wo einfach nur Bäume, Wurzeln und vor allem Steine waren. Es ging in diesem Wald bergab und vor mir lag eine große Schlammpfütze, dahinter ein Streckenposten. Ich dachte mir, diese Pfütze kann ja nicht so tief sein, wenn da alle mit dem Fahrrad durch sollen. Ich bin ungefähr bis zur Mitte gekommen, stecken geblieben und mit meinen Schuhen bis zur Wade im Matsch versunken. Der Streckenposten meinte nur, dass ich Glück gehabt hätte, da sich jeder Zweite kopfüber in den Schlamm verabschiedet habe. Zum Glück hatte ich ein zweites Paar Socken und Schuhe mit.
Alles in allem haben wir den vierten Platz (von zehn genannten Plätzen) erreicht! Auf der Urkunde haben sie es dann noch geschafft, meinen Namen von Frederik Fischer in Fredrick Fifischer zu verunstalten, obwohl die Anmeldung übers Internet folgte. Heimatbesuch Noch eine gute Nachricht zum Schluss: Ich werde vom 29.12.2005 um 10:05 Uhr (nach einer Nacht am Flughafen) bis zum 07.01.2006 um 10:30 Uhr auf deutschem Boden verweilen.
Frederik Fischer für Youth-Reporter Scotland