10 Dinge, die mensch für ein Freiwilligenjahr in Aserbaidschan mitbringen sollte
Packstress für ein Freiwilligendienst in Aserbaidschan? Ich hätte da ein paar Tipps. Und was darf in eurem Koffer nicht fehlen?
Während ich die letzten Wochen meines Europäischen Freiwilligendienst in einer Spirale von Ereignissen, Arbeit, und Emotionen verbringe, fangen Erinnerungen an sich zu formen und ich werde fast schon nostalgisch. Auf Wiedersehen sagen zu Freund*innen, mit denen ich so viel erlebt habe, die mich so wie ich sie in diesem Abenteuer emotional stark unterstützt haben, ist nicht einfach. Und es fühlt sich auch ein bisschen surreal an. Ist es wirklich soweit? Verlasse ich wirklich den Kaukasus und gebe Ungewissheit und Aufregung für Luxus in Deutschland auf? Das soll natürlich nicht heißen, dass ich nicht auch viele Momente habe, in denen ich mich unendlich freue, wieder nach Hause zu kommen und es kaum erwarten kann. Aber darum geht es eigentlich gar nicht... Irgendwie bin ich kurz von meinem eigentlichen Thema abgekommen: Ich habe mir in den letzten Monaten immer mal wieder gedacht, dass ich das ein oder andere gerne für mein Abenteuer in Aserbaidschan eingepackt hätte. Oder ich habe viele, viele dankbare Worte von mir gegeben an Sachen, die ich schlauerweise eingepackt hatte. Oder ich habe "Bestellungen" aufgegeben. Also haben Menschen aus Deutschland mir ein paar Dinge mitgebracht, die ich schmerzlich vermisst hatte. Daher habe ich mir überlegt, für zukünftige Generationen an Freiwillig*innen eine kleine Liste an Dingen zu erstellen, die ich persönlich für sehr wichtig halte für ein (Über-)Leben in Aserbaidschan. Vieles ist sicherlich auch für die anderen Länder im Kaukasus übertragbar.
1. Handtuch
Handtuch? Ernsthaft? Als würde es in Aserbaidschan keine Handtücher geben. Natürlich gibt es die. Ich habe mir welche auf dem Bazaar gekauft. Und genau deswegen weiß ich, wovon ich spreche. Meine Handtücher vom Bazaar waren nicht gerade preiswert. Und dann habe ich sie ganz stolz nach dem Duschen benutzt, nur, um festzustellen, dass sie mir in keinster Weise dabei halfen, dass ich trocken wurde. Aber zu meiner Freude hatte ich überall blaue und grüne Fussel an meinem Körper. Oh ja. So stelle ich mir mein Traumhandtuch vor. Denn es hat wirklich alles, was ich von einem Handtuch erwarte: Keine Ahnung vom Trocknen, aber viele Fussel. Das änderte sich auch nicht nach mehrfachem Waschen der Handtücher. Mein Tipp ist daher, Handtücher mitzubringen. Ich habe... ach, ich sag jetzt lieber nicht, wie ich an Handtücher gekommen bin. Es hat was mit Hotel zu tun. Aber ich hatte auch Reisehandtücher dabei. Die sind mein Protipp. Werden super schnell wieder trocken und wenn mensch nur wenig Platz im Gepäck hat (für einen längeren Aufenthalt packt mensch ja dann doch das ein oder andere in den Koffer oder den Rucksack), passen sie immer noch rein, weil sie so klein gefaltet werden können.
2. Schlafsack
Ich hatte keinen Schlafsack mitgebracht und es gab mehr als einen Moment, in dem ich mir einen gewünscht hätte. Deswegen durfte meine Schwester, als sie zu Besuch kam, mir meinen mitbringen. Seitdem ist er in ständiger Benutzung. Entweder durch mich oder durch Freund*innen. In meinem Haus zum alltäglichen Schlafen brauche ich den Schlafsack nicht. Aber zum Herumreisen und Freund*innen besuchen. In einem Freiwilligenhaushalt ist mensch als Gast froh, ein Bett zu bekommen. Nicht jede*r Freiwillige*r hat ein Gästebett. Bettwäsche ist dann schon weitreichender Luxus. Und auch zum spontanen Übernachten am Strand des Schwarzen Meeres oder zum Campingtrip in den Bergen, die im Sommer in Aserbaidschan oft stattfinden, weil es in den Städten einfach zu heiß ist, ist ein Schlafsack immer nützlich. Und auch gerade, in diesem Moment, in dem ich meine Liste "zu Papier" bringe, ist mein Schlafsack in Benutzung. Ich habe ihn einer türkischen Freiwilligen für einen Campingtrip in den Bergen ausgeliehen.
3. Taschenlampe
Nun gut, Taschenlampe ist etwas altmodisch, aber wirklich zweckdienlich. Meine Schwester hatte eine Taschenlampe mitgebracht, die keine Batterien braucht. Die war natürlich der Hammer. Ich, hingegen, habe eine Taschenlampenapp in meinem Smartphone, die fast jeden Tag in Benutzung ist. Denn es gibt wenig Straßenbeleuchtung und in den Hausfluren von Apartmenthäusern gibt es in den meisten Fällen auch kein Licht. Das bedeutet, dass mensch entweder im Dunkel blind durch die Gegend taumelt oder aber die Taschenlampe rausholt und ganz galant die Treppe oder die Straße entlang laufen kann. Und wer schon mal in einem älteren traditionellen Haus in Aserbaidschan abends oder nachts auf die Toilette musste, die meist ein Plumpsklo im Garten ist, weiß eine Taschenlampe zu schätzen. Auch für alle Aktivitäten während eines Stromausfalls, den es öfter gibt, ist so eine angenehme Lichtquelle ratsam. Und sei es auch nur, bis mensch die Kerzen gefunden und angezündet hat.
4. Thermounterwäsche/ Fleece
Ich erinnere mich an meine Frage an meine Vorgänger*innen: "Was soll ich mitbringen?" Eine Antwort, die ich auf meine Standardfrage bekam, war: Warme Kleidung für den Winter. Klar, habe ich gedacht, ich habe ja meine warme Winterjacke und alles mögliche, was ich so im deutschen Winter in Gebrauch habe. Davon nehme ich einfach eine Auswahl mit. Aserbaidschanische Winter sind ja schließlich temperaturmäßig meist ein bisschen wärmer als deutsche Winter. Wie hätte ich denn ahnen können, dass mir trotzdem immer kalt sein wird? Aber eben nicht draußen, sondern drinnen. Denn es gibt in den meisten Häusern und Wohnungen in Aserbaidschan, die im Freiwilligenbudget liegen, keine adäquate Heizung. Und deswegen ist es in den Häusern oft fast kälter als draußen. Diese Tatsache habe ich erst verstanden, als es in dem Wohnzimmer meines Miethäuschens ständig unter 10° Grad war. Der tiefste Stand waren 2° Grad. Und dieses Zimmer, geschweige denn das Haus, wieder warm zu bekommen, dauerte eine Ewigkeit, in der ich gefühlt manchmal fast erforen wäre. Daher war meine Thermounterwäsche in dieser Zeit zu meiner zweiten Haut geworden. Ohne sie ging nichts. Und ich hatte davon drei Paar, damit ich ab und an wechseln und die Sachen waschen kann. Sonst hätte ich wohl auch drei Monate mein einziges Paar angelassen. Getoppt wurde die Thermounterwäsche mit einem Haufen an Fleecepullovern oder -jacken. Und Wollsocken. Und Thermosocken. Also, viel Kleidung, die warm halten soll, im Zwiebelprinzip. (Für alle Neuzugänge: Eine komplette Aufzählung mit Beschreibung meiner Winterbekleidung findet ihr auf meinem Blog.)
5. Businesskleidung
Buinesskleidung als Freiwillige*r? Oh ja. In Aserbaidschan sind die Menschen standardmäßig schicker gekleidet als in Deutschland. So konnte ich des Öfteren Straßenfeger oder auch Feldarbeiter*innen in schicken Outfits bzw. in Businesskleidung sehen. Und ganz ehrlich, das hatte ich nicht erwartet. Ich habe zweckdienliche Alltagskleidung zu Hauf eingepackt. Schließlich war mein Freiwilligendienst in einer Jugendorganisation. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass diese Organisation Konferenzen, offizielle Partys und andere Freizeitaktivitiäten veranstaltete, zu denen alle mit Businesskleidung auftauchten. Also nutzte ich meine kurze Freizeit während eines Trainings in Tiflis, um mich schnell mit so etwas ähnlichem wie Businesskleidung einzudecken. Auf der Suche nach bezahlbarer und nach Business aussehender Kleidung in Tiflis verfluchte ich mich, dass ich meine Businesskleidung aus Deutschland nicht mitgebracht hatte.
6. Ebook Reader
Für mich, persönlich, gehört der Ebook Reader an Nummer 1 dieser Liste. Aber ich weiß, dass nicht alle so Bücher versessen sind wie ich, also habe ich mich zusammen gerissen und die lebenswichtigen Dinge zu erst genannt. Nichtsdestotrotz ist so ein tolles Lesegerät nicht nur für mich, sondern auch für viele meiner Mitfreiwilligen in den Ländern des südlichen Kaukasus zu einem der wichtigsten Dinge des Lebens geworden. Es gibt zwar kleine Bücherläden in den Regionen und in Baku kann mensch auch in einen größere Buchladen und dort sogar ein bisschen stöbern, aber beim Reisen und bei Stromausfällen zu Hause und bei jeder freien Minute ist es doch schön, einfach den Ebook Reader raus zu holen und die ganze Welt der Bücher vor sich zu haben. Auch, weil es mit der Möglichkeit des Downloades von praktisch fast jedem Buch einfach viel einfacher geworden ist, Bücher nach dem persönlichen Geschmack zu finden und zu lesen. Und das Gepäck ist dann nicht voll mit Büchern, sondern mit einem kleinen, leichten Reader, der problemlos in jedes Handgepäck passt.
7. Fotos
Um mal ganz generalisierend zu sprechen: Aserbaidschaner*innen lieben Fotos. Ständig werden Selfies gemacht der neue Profilfotos für Facebook geschossen. Aber das ist ja auch im Rest der Welt so und deshalb nicht wirklich erwähnenswert. Allerdings kann ich mich daran erinner, jemals bei einer Familie zu Besuch gewesen zu sein, ohne, dass ich gebeten wurde, Fotos mit meiner Kamera zu machen und sie dann später ausgedruckt vorbei zu bringen. Ich habe mir also hier ein zweites Standbein als Familienfotografin aufgebaut. Gut zu wissen, falls das mit der Karriere in Europa nicht klappt. Aber worauf Aserbaidschaner*innen richtig abfahren, sind Hochzeiten und Hochzeitsfotos. Also, falls ihr irgendwann, irgendwo mal auf einer Hochzeit wart, druckt die Fotos aus und tragt sie mit euch rum, wenn ihr zu einer aserbaidschanischen Familie geht. Sie werden euch dafür lieben. Und falls ihr partout keine Hochzeitsfotos finden könnt, sind Familienfotos alternativ auch beliebt.
8. Tampons
Der Punkt betrifft eher nur weibliche Freiwillige, aber schon aus Interesse und zum kulturellen Verständnis kann der männliche Teil meiner Leserschaft auch gerne weiterlesen. Vorweg sei gesagt: Ja, es gibt Tampons zu kaufen. Und sie sind erstaunlich teuer. 16 Stück für 3 Euro ist schon etwas happig. Aber wir Mädels wissen, dass es uns das wert ist. Allerdings sind Tampons in Aserbaidschan und auch in den angrenzenden Ländern eher nicht üblich. Frauen benutzen hier Binden. Und erst Recht junge Mädchen. Denn wer Tampons benutzt, kann keine Jungfrau mehr sein. Schließlich ist es ja weitreichend bekannt, dass Tampons das Jungfernhäutchen von jungen Mädchen einreißen. Also würde ja keine Jungfrau jemals dieses Risiko eingehen. (Achtung, das war Ironie!) Und damit zeigt sich die eigentliche Herausforderung beim Tampons kaufen. Möchte frau wirklich, dass alle, die sie beim Tampons kaufen erwischen, denken, dass sie eine sexuell aktive, unverheiratete Frau ist? Was dazu führt, dass sie alle als verwerfliches, als schlechtes Mädchen ansehen. Oder vielleicht wäre es auch möglich, ans andere Ende der Stadt zu fahren und dort Tampons zu kaufen? Schließlich kennt frau dort ja keinen. Doof ist nur, dass es dort wahrscheinlich trotzdem genug Menschen gibt, die sie kennen. Als Ausländer*in ist mensch in den Regionen weitreichend bekannt. Und überhaupt, warum sollte frau sich wie eine Kriminelle fühlen, nur, weil sie Tampons kauft? Aber ein ungutes Gefühl bleibt beim Einkauf. Also habe ich mir immer Tampons aus Deutschland mitbringen lassen. Ich persönlich habe mich schon oft genug angestarrt und als Aussetzige gefühlt für weniger private Dinge, dass ich Tampons kaufen vermieden habe. Das ist natürlich meine eigene Entscheidung gewesen. Jede frau kann schließlich selbst entscheiden, wie sie mit dieser Situation umgehen möchte. Und für alle, die gerne Binden benutzen, ist die Problematik mit den Tampons ja hinfällig.
9. Kondome
Diese Liste wird immer interessanter, nicht wahr? Kondome mitbringen heißt nicht, dass ich dazu aufrufe, eine sexuelle Revolution in Aserbaidschan oder im südlichen Kaukasus anzufangen. Kondome mitbringen bedeutet einfach, für den Fall der Fälle gerüstet zu sein. Wir sind hier ja schließlich alle erwachsen und können über solche Thematiken reden. Und Kondome kaufen im südlichen Kaukasus ist ungefähr genauso erfrischend wie Tampons kaufen. Oder noch schwieriger. Ich habe aber welche in Supermärkten gesehen. Mensch muss nur genau schauen. Meist sind sie etwas versteckt. Denn Kondome als Verhütungsmittel sind in dieser Region hier nicht üblich. Mensch sollte ja keinen Sex vor der Ehe haben und anschließend dient der eheliche Sex der Fortpflanzung. Kondome sind also theoretisch nicht notwendig. Praktisch haben junge Menschen aber Sex vor der Ehe und Ehemänner haben auch außerehelichen Geschlechtsverkehr. Den ganzen Spaß ohne Kondome zu haben bedeutet natürlich ein erhöhtes Risiko von Geschlechtskrankheiten. Oder ungewollten Schwangerschaften. Und beide Fälle werden nicht thematisiert. Während Geschlechtskrankheiten einfach ignoriert und weiter übertragen werden, gibt es für Schwangerschaften die Möglichkeit der Abtreibung. Und Abtreibungen sind irgendwie zum akkzeptierten Verhütungsmittel geworden. Daher empfehle ich eher für den Fall der Fälle Kondome. Denn ein Moment des Spaßes soll ja nicht zu einem bösen Erwachen führen. Ach, alternativ könnte mensch die Kondome natürlich auch als Anschauungsobjekte in Gesundheitskursen benutzen.
10. Geduld
Zugegeben, ich habe meine Geduld leider in Deutschland vergessen und sie ist erst nach und nach eingetroffen. Und das auch nur in kleinen Stücken. Aber für einen Freiwilligendienst im südlichen Kakausus benötigt mensch einiges an Geduld. Sei es beim Benutzen des öffentlichen Nahverkehrs, beim Erlernen der Sprache, beim Versuch, die Kommunikationswege zu verstehen, bei Behördengängen oder auch einfach bei kleinen Arbeitsschritten. Alles wird diskutiert und trotzdem werden gefühlt keine Informationen geteilt. Arbeitsabläufe folgen scheinbar unverständlichen Bahnen, festgemachte Termine und Treffen finden einfach nicht statt. Kurzum, mindestens die Hälfte das Tages verbringt mensch mit Warten und Wundern. Auch nach neun Monaten warte ich immer noch. Aber das Warten ist leichter geworden.
Zusatznummer 11. Laptop und Computerzubehör
Ja, ja. Ich habe gesagt, dass ich 10 Dinge in der Liste aufzähle. Und nun sowas. Aber ich gehe mal davon aus, dass mensch für einen längeren Auslandsaufenthalt sowieso den eigenen Laptop einpacken würde. Denn wie sollte mensch auch sonst skypen, Emails schreiben, bloggen oder was weiß ich nicht? Ich wollte nur ganz kurz gesondert darauf hinweisen, weil mir vor meiner Ankunft nicht ganz klar war, dass ich an meinem Arbeitsplatz im Büro keinen Computer zur Verfügung gestellt bekomme. Das bedeutet, dass ich die ganze Zeit an meinem eigenen Laptop gearbeitet habe. Das war mir persönlich nicht bewusst. Sonst hätte ich ein bisschen mehr Zubehör für komfortableres Arbeiten eingepackt. Ihr seid also hiermit informiert und könnt euch drauf einstellen.
Und das war sie, meine großartige Liste. Alle Angaben sind natürlich ohne Gewähr., denn das ist schließlich meine ganz persönliche Liste an wichtigen Dingen. Ihr könnt mir gerne in den Kommentaren oder bei Facebook mitteilen, was ihr für wichtig haltet oder wenn ihr denkt, dass ich was Wichtiges vergessen habe. Und ansonsten wünsche ich denjenigen, die diese Liste als Vorbereitung für ihren Freiwilligendienst im Kaukasus lesen, eine tolle und ereignisreiche Zeit!
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